Ein aufgeschobener Kuss. Holly B. Logan

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Ein aufgeschobener Kuss - Holly B. Logan

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Lara machte keine Anstalten und starrte aufs Meer hinaus. Sag mal, spinnst du, beschimpfte sie sich in Gedanken und äffte sich selbst nach. Na dann, na dann, na dann. Fällt dir wirklich nichts Besseres als so was selten Blödes wie: Na dann ein? Einige Minuten blieb sie auf ihrer Decke sitzen, doch je mehr Zeit verstrich, desto mehr Unruhe stieg in ihr auf. Ihr Blick ging nach links und rechts, doch sie konnte Nick nirgends mehr entdecken. Mist, so ein verdammter Mist, fluchte sie leise in sich hinein und sprang dann wie von der Tarantel gestochen auf. Sie musste sich beherrschen, nicht wie eine aufgebrachte Hysterikerin den Strand abzusuchen und lief noch einmal zurück zur Promenade, von wo aus sie einen besseren Blick hatte. Aber nichts – Nick O’Mara war so plötzlich verschwunden, wie er aufgetaucht war.

      Enttäuscht lief Lara wieder zum Wasser hinunter. Die Gedanken wirbelten wild durch ihren Kopf: warum, warum, warum – musste ich nur so blöd sein? Während das kühle Nass ihre Knöchel umspielte, schaute sie auf die endlose Weite des Pazifiks. Dann schloss sie die Augen und ließ das eben Erlebte nochmal Revue passieren, besonders den Moment, als sie Nick O’Mara vor die Füße fiel und er sie zu sich nach oben zog. Sie spürte, wie sich dieses Bild, in ihr Gedächtnis einzubrennen begann. Noch als alte Frau würde sie von diesem Moment träumen und ihn sich herbeisehnen, genauso wie diesen wundervollen Mann, den sie fast wortlos gehen ließ. Plötzlich ein sanftes Tippen auf ihrer rechten Schulter. Und da stand er - Nick O’Mara und schaute Lara Miller mit einem Blick an, der sich bis auf den Grund ihres Herzens bohrte.

      1. Kapitel

       Fünf Jahre später

      Lara Miller war schlecht drauf. Ihr Freund, Nick O’Mara, war nach einem Streit Hals über Kopf zu einem Segeltörn aufgebrochen. Die Frau mit den langen, hellbraunen Locken ahnte zwar, dass die beiden eine Auszeit voneinander brauchten, dass diese aber so plötzlich kommen würde, hatte sie nicht gedacht. Lara machte sich schreckliche Sorgen, weil Nick nach seiner überstürzten Abreise nicht ein einziges Mal angerufen hatte. In der ersten Nacht konnte sie kaum schlafen, wälzte sich von einer Seite auf die andere und lauschte dem Pochen ihres traurigen Herzens.

      Nick war mit seinem uralten Segelboot unterwegs. Das war das Einzige, was er kurz zuvor hatte durchsickern lassen. Und es war gleichzeitig auch das Beunruhigende. Lara wusste ansonsten nichts, nicht einmal wer bei seiner "spontanen" Tour überhaupt dabei war. Sie hoffte nur, dass ihn seine neue Kollegin nicht begleitete. Vor seiner Abreise hatte Nick Lara gesagt, dass nur wenige Mitarbeiter des oberen Zirkels von "Dorn & Partners" dabei sein würden.

      Lara war es leid, darauf zu warten, dass er sich meldete. Sie ärgerte sich darüber, dass sie sich schon wieder gestritten hatten. Wie fast jedes Mal ging es dabei um Eifersucht - Laras Eifersucht. Gemeine Dinge hatten sie sich an den Kopf geworfen, doch wenn Lara in sich hineinhörte, gab es für ihre Anschuldigungen, im Gegensatz zu den seinen, einen Grund. Und dieser Grund hatte einen Namen: Drew Hopkins.

      Seit Drew in der Anwaltskanzlei, in der Nick arbeitete, angefangen hatte, machte er ständig Überstunden. Ist es nur ein Klischee oder beginnen Affären tatsächlich immer auf die gleiche Art und Weise, fragte Lara sich und musste sich zusammenreißen, nicht in Tränen auszubrechen. Sie dachte in den letzten Monaten oft über ihre Beziehung nach und musste sich deswegen schon so manchen Spruch anhören. Ihre Freundin, Nancy, sagte zum Beispiel: "Wenn du ständig über deine Liebe zu Nick nachdenkst, liebst du ihn vielleicht gar nicht. Wer liebt, der tut es einfach und denkt nicht andauernd darüber nach." Ob da was Wahres dran war?

      Lara und Nick waren seit fünf Jahren ein Paar. Obwohl es seit einiger Zeit kriselte, war Lara der Meinung, mit ihm glücklich zu sein. Der Gedanke, dass diese neue Kollegin womöglich jetzt bei ihm war, machte sie wahnsinnig. Und dass er sie seit nunmehr drei Tagen in der Luft hängenließ und sich nicht meldete, ebenso.

      Seit Nick O’Mara bei "Dorn & Partners" zum Chef-Anwalt aufgestiegen war, stand ihre Beziehung unter keinem guten Stern. Nick ergriff fast jede Gelegenheit, um gegen Lara zu sticheln. Warum er das tat, wusste sie nicht. Erst vor ein paar Tagen waren sie sich in die Haare geraten. Lara hatte mit ihren besten Freundinnen, Nancy Conelly und Trudy Baker, gemeinsam ein Fußballspiel angeschaut – Frauenfußball. Es war einer ihrer Mädels-Abende, die allwöchentlich im Wechsel bei den Freundinnen stattfanden.

      Nicht genug, dass Nick sich ständig über die Vornamen von Laras Freundinnen amüsierte und sie absichtlich mit dem Namen der jeweils anderen ansprach, mussten sie sich ständig seine Macho-Sprüche anhören. "Früher war es verboten, dass Frauen Fußball spielen", hatte er höhnisch gesagt. "Aber sieh doch mal, Schatz, das Stadion ist voll, da gehen viele Leute hin", entgegnete Lara, aber Nick hatte in seiner arroganten Art erwidert: "Die kriegen die Eintrittskarten vermutlich geschenkt."

      Lara fand die Stammtischwitze ihres Freundes nicht witzig. Früher war das anders. Früher brach sie bei jedem seiner Gags vor Lachen in Tränen aus. Was war nur geschehen?

      Es war Samstagabend. Laras Handy klingelte. Nancy war am Telefon. Die beiden Freundinnen kannten sich seit dem gemeinsamen Studium, das Nancy Conelly nach dem ersten Semester entgeistert abgebrochen hatte. Inzwischen arbeitete die 33-Jährige bei einem großen Spirituosen-Vertrieb, wo sie gelegentlich die teuersten Champagner-Flaschen mitgehen ließ. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auffliegen würde, denn eine Flasche kostete sage und schreibe 88 Dollar.

      "Hey, Lara, was steht an?" Nancy klang schon wieder so, als würde sie irgendetwas aushecken.

      "Ich bin sauer auf Nick. Ertappe mich, wie ich ständig auf mein Handy starre ...", sagte Lara wehleidig. "Er ist auf einem Segeltörn ... vermutlich mit Drew Hopkins ... während ich hier rumsitze."

      "Was? Wie bitte? Es gibt nichts Tödlicheres als allein zu sein, wenn man zu zweit ist! Andererseits: Nicht jeder Anwalt, der länger im Büro bleibt oder auf Reisen ist, hat gleich eine Geliebte. Los, Süße, lass uns um die Häuser ziehen! Ein Bekannter von mir hat einen Privatclub eröffnet. Ich sage dir, da soll es ziemlich abgehen, wenn du weißt, was ich meine. Die halbe Stadt spricht schon davon." Sie lachte ihr Kleinmädchenkichern.

      Nancy Conelly war der liebenswerteste und gleichzeitig verrückteste Mensch, den Lara kannte. Nach außen hin war sie die toughe Abteilungsleiterin bei "Brandol Pacifics", aber in ihrer Freizeit ließ sie es krachen, dass einem von ihren Geschichten die Haare zu Berge standen. Lara bewunderte sie, denn obwohl Nancy optisch nicht dem klassischen Schönheitsideal entsprach und mit ihren mehr als achtzig Kilo ganz schön pummelig war, war sie selbstbewusster als so manche schlanke Lady. Nancy machte keinen Hehl aus ihrer Figur. Sie sagte immer: "Mit schlanken Frauen geben die Männer an, während sie heimlich von den Molligen träumen." Und wenn ihre liebe Freundin sich in einem auskannte, dann darin, wie die Welt der Männer tickte.

      Nancy Conelly arbeitete einmal in der Woche als Domina. Sie schlief dabei nie mit den Männern, sie peitschte sie nur aus. Bis auf Lara wusste niemand etwas davon. Dabei war Nancy auf dieses Geld keineswegs angewiesen, sondern machte das Ganze aus einem einzigen Grund: Spaß. Mit ihren sanften Rehaugen machte sie den Eindruck, als könne sie kein Wässerchen trüben, aber wenn sie davon erzählte, wie sie sich eine Maske aufsetzte und die Männer auspeitschte, fiel Lara jedes Mal die Kinnlade nach unten. Einmal hatte sie Nancy gefragt, ob sie keine Angst habe, einen ihrer Kunden zu erkennen. Darauf hatte sie nur geantwortet, dass sie das längst habe. Nancy hatte es im wahrsten Sinne des Wortes faustdick hinter den Ohren. Eine Zeitlang, so hatte sie Lara verraten, hatte sie was mit einem Türsteher, den sie sich als ihren persönlichen Sklaven hielt. "Weißt du was", hatte sie gesagt, "heutzutage gelten Frauen ja als dick, wenn ihnen ein Halskettchen nicht um ihre Taille passt, aber die Männer, die mich besuchen, wollen genau eine wie mich und werfen sich freiwillig in Ketten." Du liebes Bisschen!

      "Was ist, kommst du jetzt mit oder nicht?", fragte Nancy.

      "Weiß

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