Böser Verdacht. elmer weyer

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Böser Verdacht - elmer weyer

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dieses Staates in fünf Jahren glücklich ihr ganzes Vermögen in Steuern ausgegeben. Und auch beständig Kriege zu erregen, ist der Tyrann geneigt."

      Harper nickt mit ernster Miene: „Das kommt mir irgendwie sehr zeitgenössisch vor, will mich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich will vom 20. Juli 1944 sprechen. Claus Schenk Graf von Stauffenbergs misslungenes Attentat auf Hitler. Der Führer hielt in der gleichen Nacht gegen 01:00 Uhr eine Radioansprache an das Volk, in der er wörtlich unter anderem folgendes verlautbarte.“

      „Eine ganze kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und zugleich mit mir den Stab der deutschen Wehrmachtführung praktisch auszurotten (. . .) Ich selbst bin völlig unverletzt bis auf ganz kleine Hautabschürfungen, Prellungen oder Verbrennungen. Ich fasse das als eine Bestätigung des Auftrages der Vorsehung auf, mein Lebensziel weiter zu verfolgen, so wie ich es bisher getan habe. Denn ich darf vor der ganzen Nation es feierlich gestehen, dass ich seit dem Tage, an dem ich in die Wilhelmstraße einzog, nur einen einzigen Gedanken hatte, nach bestem Wissen und Gewissen meine Pflicht zu erfüllen, und dass ich, seit mir klar wurde, dass der Krieg nun unausbleiblich war und nicht mehr aufgeschoben werden konnte, dass ich seitdem eigentlich nur in der Arbeit und der Sorge, und in zahllosen Tagen und durchwachten Nächten nur für mein Volk lebe (. . .) Ich selber danke der Vorsehung und meinem Schöpfer nicht deshalb, dass er mich erhalten hat, sondern wenn ich danke, nur deshalb, dass er mir die Möglichkeit gab, diese Sorgen weiter tragen zu dürfen und in meiner Arbeit weiterfortzufahren, so gut ich das mit meinem Gewissen verantworten kann (. . .) Ich darf besonders Sie, meine alten Kampfgefährten, noch einmal freudig begrüßen, dass es mir wieder vergönnt war, einem Schicksal zu entgehen, das nicht für mich Schreckliches in sich barg, sondern das den Schrecken für das deutsche Volk gebracht hätte. Ich ersehe daraus auch einen Fingerzeig der Vorsehung, dass ich mein Werk weiterfortführen muss und daher weiterfortführen werde.“

      Snyder nimmt das Smartphone runter, rückt sein Jackett gerade und sagt dann noch: „Pharisäer mit römischem Pass, sagte Sie? Sie meinen also, dass dieser Tagebuch Paulus ein Jude gewesen hätte sein können. Ich vermute mal, Eugen Paulus war kein Jude. Aber sagen Sie bitte, von was für einem Tagebuch reden Sie überhaupt?“

      Harper erklärt: „Das Original liegt im Panzerschrank eines Freundes hier in Berlin. Sie kennen ihn nicht. Sein Name ist Leonard Kowalski. Er ließ eine Übersetzung ins Englische anfertigen und das Original mit eingeklebten Fotos und allem Zusatzmaterial in seinem Büro fotokopieren. Und wir haben den Text, ohne Zusatzmaterial, zweimal in Kopie vorliegen.“

      „Woher hat Ihr Freund dieses Tagebuch“, fragt Snyder.

      Harper antworte nicht ganz überzeugt: „Ja, eine komische Geschichte. Kowalski hat ein heimliches Hobby. Er besucht in ganz Deutschland, wenn seine Zeit es erlaubt, Kofferauktionen. Bei einer dieser Auktionen auf dem Rhein-Main-Flughafen, hat er zwei Koffer ersteigert, und in einem dieses Tagebuch gefunden.“

      Snyder etwas überrascht: „Kofferauktion? Sie meinen Koffer die keinen Besitzer mehr haben?“

      „Ja, da sind Koffer, Rucksäcke, Kinderwagen, Handys, Fotoapparate und so weiter.“

      „Ach so, und ihr Freund hat es auf gepackte und geschlossene Koffer fremder Leute abgesehen.“

      „Ja. Und er weiß vorher nicht was drinnen ist.“

      „Da ersteigert er ja noch eine gehörige Menge Spannung mit dazu. Sie wissen nicht was sie kaufen, aber sie wissen was sie wollen. Oh, la la Mister Harper, ich glaube das ist ein Fetisch.“

      Harper augenzwinkernd: „Ich weiß nicht. Er fragte mich, ob man das Tagebuch nicht veröffentlichen könne. Als Publizist könnte ich das einschätzen, meint er. Na ja, und da dachte ich, ein Publizist und ein Sicherheitsberater nehmen sich das Tagebuch mal vor, und schauen hinein. Vielleicht ist es ja spannend. Aber ich habe natürlich keine Zusage zu irgendetwas gemacht.“

      Snyder erleichtert: „Keine Zusage, das ist gut. Und wie war das mit dem Koffer, gibt es den denn noch?“

      Harper schnell: „Ja es gibt diesen Koffer noch. Habe Kowalski gleich danach gefragt. Er hat ihn mit seinem gesamten Inhalt, zuhause im Wandschrank stehen.“

      Snyder nachdenklich: „Welche Farbe hat dieser Koffer, wissen Sie das?“

      „Nein, das weiß ich nicht. Warum?“

      „Nun ja, ob es ein schwarzer, karierter, roter, oder gar rosa Koffer ist, macht doch einen Unterschied. Oder etwa nicht?“

      „Meinen sie bezüglich des Inhaltes, oder was?“

      „Vielleicht wollte er ja die getragene Unterwäsche einer Frau ersteigern. Und zwischen ihren Strümpfen, findet er das Tagebuch.“

      Snyder steckt sich eine weitere Zigarette an, nimmt ein Satz der Fotokopien, und beginnt in den Papieren zu blättern. Dann sagt er: „Nicht gewollt ist eine Kritik an den Geschehen, dagegen sollen die Aufzeichnungen festhalten wie die jeweiligen Ereignisse beeindruckten oder in den Ablauf unseres Lebens eingriffen. So schreibt er es in seinem Vorwort. Roland Freisler könnte es völlig egal gewesen sein, ob Paulus wenig anklagend, eher beklagend schreibt. Freisler hätte die erste Seite des Tagebuches gereicht, um Eugen Paulus vor dem Volksgerichtshof an das Hakenkreuz zu nageln, ihm das Tagebuch um die Ohren zu hauen, und zum Tode . . . na ja, Sie sagten es ja schon hinreichend ausgeschmückt. Und im Übrigen würde ich den Koffer gerne sehe. Können Sie das arrangieren Mister Harper?“

      „Hey Snyder, Sie sind ein richtiger Vollblut Bulle. Und das meine ich als Kompliment.“

      Beide vertiefen sich in den Text des Tagebuchs. Nach einer ganzen Weile gießt Harper ungefragt Whisky für Snyder nach, und sich selbst heißen Kaffee aus der bereitstehenden Kanne. Ohne die Konzentration auf das Skript zu verlieren, trinken und rauchen sie. Snyder erkundigt sich zwischendurch, ob er auf der Rückseite Notizen machen dürfte. Harper hatte nichts dagegen, und reichte ihm ein Männermagazin, als feste Unterlage. Er selbst beugt sich über den Tisch, wenn es etwas zu notieren gibt. Das Papier raschelt und Snyders Kugelschreiber klicken nervös, klick und klack, und klick und klack, und so weiter. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die Sonne hatte einen spürbaren Schritt vorwärts gemacht, drückt Snyder seine fünfte Zigarette aus und Harper leert die zweite Tasse Kaffee. Einen weiteren Whisky hatte Snyder bereits lange vorher abgelehnt, da legt er sorgfältig das Manuskript wieder auf den Tisch, und fragt: „Dieser Kowalski hatte doch bestimmt eine Analyse dieses Buches machen lassen. Papier, Schriftproben, Klebstoff, Tinte usw. Es muss schon alles Stimmen. Ansonsten wird es schwierig. Na ja, und diesen Koffer müssen wir eben sehen.“

      Harper greift er zum Telefon und bevor er eine Nummer wählt, fragt er: „Möchten Sie auch etwas essen? Ich will was bestellen. Ein paar Sandwiches, Donuts, Apfelkuchen, etwas Obst, Kaffee, Säfte, Cola, und Sodawasser, vielleicht etwas Eis. Was meinen Sie?“

      Snyder legt die rechte Hand auf seinen unübersehbaren Bauch, der sein weißes Hemd in Spannung versetzt, und sagt: „Ja das ist eine gute Idee. Vergessen Sie die Zigaretten nicht.“

      Nach der Bestellung sagt Harper: „Die Gefahr die Eugen Paulus auf sich nahm, um dieses Tagebuch zu schreiben war sehr groß. Er musste jede Stunde, bis zum 8. Mai 1945, gut darauf geachtet haben.“

      Snyder nickt: „Er musste immer wissen, wo es war.“

      „Eine falsche Äußerung in der Gegenwart eines Unbekannten, der neben ihm im Luftschutzkeller sitzt. Jemand der ihn hätte anzeigen können oder gar müssen. Ein Denunziant, der auch noch eine Belobigung, in welcher

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