Zwischen Lust und Flammenschwert. Werner Siegert
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Werner Siegert
Zwischen Lust und Flammenschwert
Roman
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Inhaltsverzeichnis
Cappuccino oder nur Milchkaffee?
Der nächste Tag war derselbe Tag.
Die Anhalterin
Er nahm nie jemanden mit. Nie. Das hatte er sich zum Prinzip gemacht. Früher ja. Da hatten die Anhalter oder Anhalterinnen noch Manieren. Sie fragten zumindest, ob sie rauchen dürften. Sie stellten sich mit Namen vor. Man konnte sich mit ihnen wenigstens noch über irgendetwas unterhalten. Aber seit dieser dummen Tucke, Studentin nach Berlin stand auf ihrem Pappschild, die ihm rücksichtslos das Auto voll gequalmt hatte, ja, das Auto eigentlich in Besitz genommen hatte, ihm mit ihrem Politgedusel in den Ohren gelegen und wie selbstverständlich Bayern 3 mit Rock und Techno auf Superlautstärke gestellt hatte, seither war er, wie er sagte, geheilt, geheilt - ein für allemal! Auch wenn so 'ne Type noch so hübsch anzusehen wäre.
Denn es hatte noch ein unschöne Szene gegeben. Natürlich war er in Streit mit ihr geraten. Hatte das Radio abgedreht und sich das Rauchen verbeten. Vorwürfe musste er sich anhören. Ganz schön zurückgeblieben - und so. Wahrscheinlich konservativ bis auf die Knochen, CSU-Wähler. Er war dann kurzerhand bei der nächsten Raststätte rausgefahren und hatte diese widerliche Person zum Aussteigen aufgefordert. Was sie nicht tun wollte. Warum denn eigentlich? Er habe ihr doch versprochen, sie bis vor Nürnberg mitzunehmen. Und bloß wegen des bisschen Rauchs. Schließlich hat sie laut fluchend sein Auto verlassen und ihm noch mit ihrer superqueren Sporttasche einen Kratzer in den Lack gezogen. 2000 Euro Reparatur.
Also aus Prinzip nicht. Und wegen der schlechten Erfahrungen.
Nun aber saß bereits seit der Ausfahrt München diese ältere Frau neben ihm. Ziemlich zerzaust. Blass. Ohne jegliches Make-up. In einem dünnen Gabardine-Mäntelchen, das sie trotz des warmen Frühsommertages nicht ablegen wollte. Mit nichts als einer Einkaufstasche. Was ihn hätte stutzig machen sollen; denn sie wollte nach Hannover. Nur so - mit einer Einkaufstasche? Höflich war sie, aber äußerst schweigsam. Und er fragte sich ständig, warum er seinen Prinzipien so mir nichts, dir nichts untreu geworden war.
War es, weil er sie als Frau etwa seines Alters eingeschätzt hatte? Wies sie Ähnlichkeit mit irgendeiner Person auf, die er als sympathisch in Erinnerung hatte? War es Mitleid? Angst vor Langeweile?
Gut - er hatte natürlich aufgrund des kleinen Gepäcks geglaubt, sie wolle nur bis zur nächsten Abfahrt mit. Es hätte aber sein können, dass sie einen größeren Koffer im hohen Gras abgestellt hatte.
Oder war es, dass eine ältere Frau (Dame? Er blickte zu ihr hinüber) am Rande der Autobahn eher Seltenheitswert hatte? Ältere sind doch auf Sicherheit aus. Auf Ordnung. Auf Wasmantutundnicht. Verarmt? Verzweifelt? Wäre das nicht eher ein Grund, sich nicht auf einen solchen Samariterdienst einzulassen? Jemanden ein-zu-lassen? Sich schließlich auch weiter einlassen zu müssen? Gar Verantwortung zu übernehmen? Übernehmen zu müssen?
Der erste Versuch, ein Gespräch zu beginnen, schlug fehl. Auf die übliche Wetter-Ouvertüre erntete er nur ein kurzes "Ja!" Später sagte sie ihm, sie sei ihm sehr dankbar, dass er sie ein Stück mitnähme. Aber sie sei kein gesprächiger Mensch. Er solle sich keine Mühe mit ihr geben. Vielleicht habe er sich was anderes erwartet. Verwandtschaft in Hannover? Freunde? Nein. Später, im Autobahn-Restaurant Ellwanger Berge, bestand sie darauf, ihren Kaffee, mehr wollte sie nicht, selber zu bezahlen.
Schade, dachte er sich. Wenn sie sich ein bisschen pflegen würde. Wenn sie sich wenigstens gekämmt hätte. Arm könne sie nicht sein. Das Kostüm von Lucia. Neue, dazu passende Schuhe. Und die kleine lederne Handtasche, aus der sie ein schmuckvolles Portemonnaie zog.
Übrigens: "Ich heiße Tiemann!"
"Raphael - angenehm!"
Eine Weile schauten sie den Kindern zu, die sich auf dem Spielplatz austobten.
"Schön haben die's hier! Schön - und so heiter!"
"Na ja, sie wissen halt nicht, was ihnen noch alles blüht!" meinte Frau Raphael. Oder Rafael. Oder so.
Schade, dachte er sich, dass sie kein Auge hat für die herrliche Landschaft. Für die blühenden Bäume. Für die dahin treibenden weißen Wölkchen. Für die Wälder. Die tiefen Täler unter den schier endlosen Brücken.
"Wir leben doch in einem wunderschönen Land! So recht, wie wir's früher geschmettert haben: Kein schöner Land in dieser Zeit ...."
Frau Raphael zupfte nur den Rand