100 Tage. Team epubli

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100 Tage - Team epubli

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Flammen erzitterten unter seinem Atem, als hätten sie Angst vor ihm

      „Genug.“, sagte er noch einmal, diesmal murmelnd. „Es ist genug.“

      Er holte tief Luft und bereitete sich darauf vor, sie mit all seiner Kraft auszublasen.

      Die Flügeltür wurde aufgestoßen. Aviram stürmte herein.

      „Hör auf!“, schrie er seinen Vater an.

      Er stand im nächsten Augenblick neben ihm und packte ihn fest am Arm. Doch obwohl er unglaublich stark war, lockerte Caspar ohne Bemühen seinen Griff und schubste ihn von sich weg.

      Er holte erneut Luft, sammelte sie in seinem geschlossenen Mund und wollte ihn gerade öffnen, als Dilara sich in den Raum schleppte, gestützt von Kaneschka.

      Caspar hielt inne.

      Sie sah ihn mit entschlossenem und wütendem Blick an und kam näher, bis sie vor ihm stand. Plötzlich hatte sie neue Kraft geschöpft, woher auch immer. Caspar war verwundert und hatte für einen Moment vergessen, wobei er gewesen war.

      Das kam Dilara gerade recht. Sie stellte sich aufrecht hin, nahm ihren Arm von Kaneschkas Schulter und blickte ihrem Vater in die Augen. In ihnen lag ein dunkler Schatten, der sie erschreckte, denn alle Wärme war aus seinem Blick gewichen.

      Sie wusste, sie musste ihn überreden, ihn abhalten, alles menschliche Leben auf der Erde zu vernichten.

      Natürlich hatte jeder schon etwas geahnt. Caspars Sorge und Nachdenklichkeit in der letzten Zeit war ihnen nicht entgangen und besonders Farouks Gedankenleser-Gabe war sehr praktisch gewesen, um herauszufinden, was im Kopf ihres Vaters vor sich ging. Caspar hatte sich selten die Mühe gemacht, seine Gedanken zu verschließen, damit sie Farouk unzugänglich waren.

      Sie hatten geahnt, dass er lieber ihr Leben beschützen wollte, als das der Menschen. Ein Vater konnte seine Kinder nicht sterben lassen. Aber er konnte dafür auch keine ganze Spezies ausrotten.

      „Verschone sie!“, sagte Dilara mit fester Stimme.

      Caspars Blick wurde härter und verfinsterte sich.

      „Sie bekommen, was sie verdienen.“

      „Nein!“, sagte Dilara diesmal fast flehend.

      Doch ihr Vater schüttelte den Kopf. Er war dabei, sich den Kerzen wieder zuzuwenden, da fiel sie im zu Füßen. Er starrte zu ihr hinunter. Dann wurde sein Blick weicher und er hob sie auf.

      „Sieh dich an.“, sagte er, auf einmal erstaunlich sanft. „Wie schwach du bist.“

      Sie befreite sich von ihm und stolperte auf Kaneschka zu, die sie sofort auffing.

      „Das kannst du nicht tun.“, sagte Aviram.

      Er stand etwas abseits. Fassungslos sah er Caspar an.

      „Erinnere dich, wer du bist.“

      Caspar war der Hüter des Lebens und konnte selbst entscheiden, welche Leben er beschützen wollte. Er konnte nicht beide retten. Er hatte sich für eines entschieden. Das Leben hier, das seiner Töchter und Söhne. Er wusste, wer er war und er wusste, was er tat. Niemand konnte ihn davon jetzt noch abhalten. Er hatte sich endgültig entschieden.

      „Sie sollen sterben, kein Einziger wird überleben. Sie hatten ihre Chance, doch sie haben sie vertan. Sie verdienen das Leben auf der Erde nicht.“

      Seine Stimme hatte sich erhoben und er wirkte noch größer, als er so schon war. Hinter ihm erstreckte sich ein langer, dunkler Schatten und er sah so gruselig aus, dass sogar seine eigenen Kinder vor ihm zurückschraken.

      Die Temperatur sank auf einmal und sie begannen zu frösteln und zu zittern. Eine Weile war die Zeit wie stehen geblieben, als hätten Caspars Worte ihre Zeiger vereist.

      Dann verschwand Caspars unnatürliche Erscheinung wieder und die Wärme kehrte zurück. Seine Kinder hörten auf zu bibbern. Für einen kurzen Moment hatte es sich für sie so angefühlt, als wäre alles Leben aus dem Universum gewichen, aufgesaugt von einem verschlingenden, schwarzen Loch.

      Caspar hatte einen Fluch ausgesprochen. Nichts sonst konnte solch eine Wirkung verursachen. Für wenigen Sekunden war die Natur aus dem Gleichgewicht geraten. Die Macht seiner Worte war dafür verantwortlich.

      Dilara verstand als erste, was das bedeutete.

      „Nein!“, schrie sie. „Nein! Wie konntest du nur!“

      Sie brach auf dem Boden zusammen. Aviram eilte ihr zur Hilfe, weil Kaneschka erstarrt war.

      Sie hob plötzlich die Hände, richtete das Gesicht gen Himmel, schloss die Augen und begann genauso laut zu sprechen wie Caspar vor ihr: „Sollte es einen einzigen Menschen auf der Erde geben, der durch und durch gut ist, selbstlos, mutig, ehrlich und eine reine Seele hat, so soll er durch Aufopferung die Menschheit vor Ablauf ihrer Frist retten können.“

      Es wurde still im Raum. Sie alle starrten Kaneschka an, die gerade den mächtigen, eigentlich unbrechbaren Fluch ihres Vaters gemildert hatte. Sie ließ die Arme sinken und war überrascht über sich selbst. Nie hätte sie gedacht, dass es funktionieren würde.

      Caspar fand die Worte wieder. „Es wird unmöglich sein.“

      Seine ganze Grausamkeit war mit einem Mal verschwunden und er schrumpfte in sich zusammen, ließ die Schulter hängen und bereute, was er ausgesprochen hatte. Ein Urteil, das er nicht zurück nehmen konnte.

      Was hatte er getan?

      Er fiel auf die Knie, verbarg das Gesicht in den Händen und schluchzte wimmernd auf. Kaneschka ging auf ihn zu und hockte sich vor ihn. Sie wusste, dass er wahre Reue zeigte.

      „Wir können es versuchen.“, versuchte sie ihn zu beruhigen.

      „Ich bin ein Vernichter.“

      Sie strich ihm tröstend über den Arm. Sein Körper zitterte. Ihr Vater war völlig am Ende.

      „Nein. Nein, der bist du nicht.“

      „Und doch bin ich ein schlechter Hüter. Nur deine Gnade gibt mir noch Hoffnung. Findet jemanden, ob Mann, Frau oder Kind, ist mir egal. Nur einen, der meinen grässlichen Fluch mit seinem Leben begleichen kann.“

      Dann stützte er sich mit den Händen auf dem Boden ab und drückte sich hoch. Er verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.

      Dilara sah ihre Schwester ängstlich an. Sie klammerte sich fest an Avirams Arm, der neben ihr hockte und sie aufrecht hielt.

      „Wir müssen auf die Erde. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Jede Ecke und jeder Winkel muss innerhalb von hundert Tagen abgesucht werden.“

      Kaneschka nickte nur.

      Ihr wurde klar, was ihre Aufgabe war und wie schwierig diese sein würde. Ein paar Milliarden Menschen lebten auf der Erde und keinen durften sie übersehen.

      Arwan kam durch die offene Tür. Als er sah, dass seine Geschwister auf dem Boden hockten, eilte er besorgt durch den großen Raum auf sie

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