100 Tage. Team epubli

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100 Tage - Team epubli

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den Jungen, um ihn unter Kontrolle zu haben und zu behalten. Er starrte ihn mit eindringlichem Blick an, den Charlie nicht erwiderte. Er mied jeden Blickkontakt und ballte die Hände zu Fäusten.

      Dann wurde er auf das Gekicher aufmerksam, das von den Tischen kam und die Kinder versuchten, unter hervor gehaltener Hand zu verdecken. Er schnaubte wütend.

      Liam wusste, dass es ihn innerlich verletzte, obwohl es nach außen nicht so wirkte. Aber Charlie war viel verletzlicher als andere. Er konnte diese Verletzlichkeit nur nicht ausdrücken, wie es die anderen taten. Deswegen erkannten sie auch nicht, was hinter seiner Fassade vor sich ging.

      „Haltet die Klappen!“, schrie Charlie in den Raum.

      All seine Wut kam mit diesen Worten heraus und fast jeder zuckte erschrocken zusammen. Liam trat immer noch nicht näher an den Jungen heran. Er nannte nur mit vollkommen ruhiger Stimme seinen Namen. Charlie drehte sich ihm ruckartig zu, funkelte ihn böse an, reckte das Kinn in die Höhe, um Liams Körpergröße zu imponieren, was lächerlich war, denn Liam war sehr groß gewachsen, und fauchte ihn an wie eine wilde Raubkatze.

      „Du bist nicht mein Vater. Führ dich also nicht so auf.“

      In Liams Gesicht trat etwas Verletzliches und sein Blick wurde leer. Er sah durch den Jungen hindurch.

      In seinem Kopf spielten sich Bilder ab. Die Erinnerung an seinen Vater kehrte zurück. Charlie hatte einen wunden Punkt getroffen. Liam brachte so schnell keiner aus der Fassung.

      Charlie rannte aus dem Raum. Liam zögerte, schüttelte dann den Kopf, als befreite er sich von seinen Gedanken, und stürmte ihm hinter her.

      Charlie schlug die Tür seines Zimmer Liam vor der Nase zu. Anstatt sie wieder aufzureißen, stellte sich Liam davor und horchte.

      Eine ganze Weile blieb es still im Raum.

      „Ich weiß, dass du da draußen stehst.“, drang Charlies Stimme nach mehreren Minuten durch die Tür.

      Liam antwortete nicht. Charlie wurde ungeduldig und öffnete schließlich doch seufzend. Genervt verdrehte er die Augen.

      „Willst du mir jetzt wieder sagen, dass ich nicht bei dem kleinsten Mist ausrasten darf, dann kannst du gleich gehen. Ich will das nicht mehr hören. Ich...“

      „Ich bin stolz auf dich.“, unterbrach ihn Liam.

      Charlie starrte ihn perplex an. Sein Mund öffnete sich einen Spalt breit, doch er sagte nichts. Dann trat er in sein Zimmer, ließ die Tür offen stehen und setzte sich auf sein Bett. Er legte den Kopf in die Hände und krümmte die Schultern.

      Liam setzte sich auf einen Stuhl und faltete die Hände im Schoß. Er betrachtete den Jungen, der sich selbst am Meisten dafür hasste, immer wieder die Beherrschung zu verlieren und er tat ihm leid.

      Dann stand er auf und ging zum Bett. Charlie hob den Kopf und folgte mit den Augen jeder Liams Bewegungen, bis dieser sich neben ihm nieder ließ. Er wehrte sich auch nicht, als Liam ihm eine Hand auf den Rücken legte und sie dort ruhen ließ.

      Charlie sah ihm in die Augen und erkannte darin keine Abneigung oder Angst, die er bei den anderen bemerkte. Liam war ehrlich mit ihm und mochte ihn. Da war er wohl der Einzige. Er hatte gesagt, er wäre stolz auf ihn, das hatte, so weit er sich erinnern konnte, noch nie jemand zu ihm gesagt.

      „Meinst du das ernst?“, fragte Charlie unsicher.

      Liam lächelte. Es war ein warmes, herzliches Lächeln, das seine Augen erreichte.

      „Klar.“

      Charlie wich verlegen seinem Blick aus und musterte den Teppich. Er rang nach Worten, dann räusperte er sich und sagte: „Es tut mir leid.“

      „Was?“, fragte Liam.

      Charlie sah ihn noch immer nicht an. Im Entschuldigen war er nie gut gewesen und hatte es möglichst vermieden, die Leute dabei anzusehen oder ihnen womöglich auch noch die Hand zu geben.

      „Was ich gesagt habe. Das du dich nicht wie mein Vater aufführen sollst. Ich bin froh, dass du es tust. Du hilfst mir damit.“

      Charlie war selbst überrascht, solch ein Geständnis abgelegt zu haben. Er linste zu Liam hinüber, der nicht aufgehört hatte zu lächeln.

      „Wir müssen alle gegen etwas kämpfen. Du bist stark geworden.“, sagt er.

      Charlie sah ihn an und verstand erst da, was er meinte. Er führte einen Kampf mit sich selbst aus und er konnte siegen. Liam glaubte an ihn.

      Ohne großartig darüber nachzudenken, umarmte Charlie seinen großen, klugen Freund.

      Wenn er sich einen neuen Vater aussuchen könnte, würde er sich für ihn entscheiden.

      2

      Sie verhielten sich wie wilde, unbändige Tiere.

      Sie machten vor nichts halt, ihre Wut war rasend. Sie metzelten jeden Mann, jede Frau und jedes noch so kleine Kind nieder, ohne einen einzigen Funken Mitleid in ihren unkontrollierten Körpern zu spüren. Sie hatten völlig die Kontrolle verloren. Das Böse war mit ihnen durchgegangen. In ihren Augen war nichts Menschliches zu erkennen, nur ein unheimliches Glühen. Dieses Glühen ließ sich nicht löschen. Es würde erst verlöschen, wenn sie ihre Wut gestillt hatten und alles Leben, das sie fanden, ausgelöscht hatten.

      Was waren das für Wesen?

      Aus den Menschen waren Bestien geworden.

      „Was geht in ihren Seelen vor?“, fragte Caspar.

      Er wandte seinen Kopf von den furchtbaren Bildern ab, die ihm der steinerne Torbogen zeigte und sogleich wich ihnen ein wolkenverhangener, blauer Himmel.

      Sie sind schwarz und nackt, antwortete Daya.

      Ihre Augen waren noch immer auf das Tor gerichtet. Ausdruckslos blickte sie hinein, als sähe sie mehr, als die vorbei ziehenden Wolken vor dem blassen Blau.

       Ihre Gefühle sind eingefroren. Nichts regt sich. Ihre Seelen sterben.

      Daya sah traurig aus. Sie legte die Hände auf den Bauch und verzog das Gesicht, als habe sie schmerzhafte Krämpfe.

      Goldblonde Locken fielen ihr über den Rücken und reichten ihr bis zur Hüfte. Sie trug ein bodenlanges Kleid von der Farbe einer zarten rosa Rose. Sie war so feinfühlig und fragil, dass Caspar Angst hatte, sie könnte innerlich wie äußerlich zerbrechen.

      Ihre Gedanken verdeckte sie vor ihm. Was immer sie bewegte, und er wusste, es war eine ganze Menge, wollte sie nicht mit ihm teilen. Sie schwieg, wie sie es so oft tat. Gesprächig war sie nicht. Es machte ihr nichts aus, keine Stimme zu haben, hatte sie ihm einmal erzählt und auch, warum sie nicht gern ihre Gedanken in Worten teilte. Worte waren leere Hüllen. Die wahre Bedeutung lag in der Seele. Sie konnte sie lesen. Das war ihre Gabe.

      In diesem Moment hätte er sich für sie gewünscht, dass sie es nicht konnte, denn es setzte ihr mächtig zu. Er konnte es kaum ertragen sie so leiden zu sehen.

      „Mein Kind.“, murmelte er.

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