100 Tage. Team epubli

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100 Tage - Team epubli

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rieb sich die Hände und nickte seinem Diener zu, er könnte wieder gehen. Dieser verließ den Saal und schloss die Tür hinter sich, sodass Corvin alleine war.

      Es war ein langer, schmaler Saal mit hoher Decke, an die der Himmel gemalt war. Ein blauer, wolkenloser Himmel, an dem pechschwarze Raben ihre Kreise zogen.

      Drei Stufen führten zu Corvins Thron, obwohl er kein Monarch war, verhielt er sich wie ein König und sah sich selbst auch insgeheim als solch einer an.

      Er war der Mächtigste, der Herrscher über sein Volk. Er konnte sie bestrafen oder verschonen. Aber warum sollte er ihnen Gnade erweisen? Sie hatten sie doch nicht verdient.

      Dieses erbärmliche Volk lebte im Dreck und war faul, sich genug Geld zu verdienen. Geld musste man sich erarbeiten. Macht erhielt man durch Reichtum.

      Corvin stand auf und zog sein Hemd zurecht, legte sich seinen langen, schweren Mantel um, der mit Goldperlen bestickt war und stieg die Stufen hinab.

      Er wollte den Gefangenen besuchen, sich ihn ansehen, entscheiden, was mit ihm geschehen sollte. Er brauchte neue Kämpfer, er würde ihn wohl antreten lassen. Denn dieser eine, besonders starke, blutrünstige Kerl, ließ sich einfach nicht besiegen. Vielleicht aber diesmal schon, wenn ihm seine Polizisten einen guten Kämpfer mit Muskeln und Köpfchen, davon hatte der Starke nicht sonderlich viel, mitgebracht hatten.

      Er ging auf die Tür zu. Seine Schritte hallten von den hohen Wänden wider, auf dem blankgeputzten Boden spiegelte er sich. Er fuhr sich über die schwarzen Haare und die Wange, dessen Haut so straff war, wie in seiner Jugend. Jemand wie er, von so hohem Ansehen, konnte es sich nicht leisten, älter zu werden. Trotz seiner siebzig Lebensjahre sah er jugendlich und schön aus, mehrere Operationen hatten ihm zu diesem Aussehen verholfen.

      Er war nicht nur unglaublich mächtig, sondern auch noch gut aussehend. Er lächelte zufrieden.

      1

      Es waren so viele Kartoffeln, dass sie für einen ganzen Monat reichen würden, um jeden satt zu machen.

      Die Bauern waren unglaublich stolz auf ihre reiche Ernte und versprachen sich einen hohen Ertrag, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Ladefläche des Trucks war voll gestapelt mit Holzkisten, jede bis zum Rand gefüllt. Es brauchte viele starke Männer, die die Kartoffeln ausluden und zum Marktstand trugen. Die Kartoffelbauern standen neben ihrem Stand und verkauften eifrig, immer wieder kamen Käufer und drängelten, um bei einem der Bauern zu bezahlen und im Gegenzug Kartoffeln zu bekommen. Der Preis war auch so niedrig, wie lange nicht mehr und es war für alle eine Freude zu kaufen und verkaufen.

      Dieser Tag war einfach ein guter Tag.

      Ein junger Mann stellte eine Kiste auf dem Boden ab und wischte sich lächelnd den Schweiß von der Stirn. Er beobachtete das Gedrängel an dem Stand, der viel zu klein für die gesamte Ernte war. Doch die Kartoffeln waren so schnell weg, wie er und die anderen Männer neue Kisten anschleppten.

      Er war schon völlig außer Puste und sein T-Shirt war schweißdurchtränkt, es war allerdings auch ein sehr warmer Sommertag, doch er ging immer wieder zum Truck, nahm eine Kiste und brachte sie zum Verkaufsstand, während die anderen sich eine Pause genehmigten.

      „Liam.“, hörte er seinen Namen und drehte sich nach der Stimme um.

      Es war sein Kindheitsfreund Jonas. Er warf ihm eine Wasserflasche zu. Er fing sie auf und bedankte sich. In wenigen Schlücken trank er die Flasche leer.

      „Übernimm dich nicht.“, meinte Jonas.

      Er runzelte fast ein wenig besorgt die Stirn. Jonas war ein Jahr jünger als William und kam erst mit zehn Jahren ins Waisenhaus, wo man ihn mit seinem seit nun acht Jahren besten Freund in ein Zimmer steckte. Beide Jungen hatten schreckliche Dinge erlebt, die man ihnen nie gewünscht hätte. Doch es war geschehen und nicht zu ändern. Wäre es anders gekommen, wären sie beide heute ganz andere Menschen und hätten sich vielleicht gar nicht kennen gelernt. Dann wäre zwischen ihnen auch keine dicke Freundschaft entstanden.

      Liam hatte dem Schicksal vergeben und sich zu einem jungen Mann mit einer guten Seele entwickelt. Er war hilfsbereit, fleißig und ein kluger Kopf. Man könnte sich nun fragen, warum er auf dem Markt arbeitete und Kisten schleppte, statt in der Universität zu sitzen und Klausuren zu schreiben. Die Antwort war einfach, aber ungerecht. Ihm fehlte das Geld zum Studieren.

      Unumstritten war er klüger als viele anderen in seinem Alter, die ein Studium begannen, doch er konnte noch so schlau sein, wenn er kein Geld hatte, brachte ihm das gar nichts.

      Für seinen achtzehnten Geburtstag hatten die Betreuer und Arbeiter im Waisenhaus eine beachtliche Summe zusammen gespart und es hätte wunderlicherweise gereicht, sein erstes Studienjahr zu finanzieren, doch er hatte, so selbstlos und bescheiden wie er war, es nicht annehmen können und blieb auf dieser Seite des Zauns, obgleich es seine einmalige Chance gewesen wäre, der Armut zu entkommen und sich eine großartige Zukunft aufzubauen.

      Wenn er studiert hätte, wäre es Medizin gewesen. Er verstand sich mit der Heilkunst und hatte schon einige Leute vor Schlimmerem bewahrt. Sie wollten ihn dafür mit Geld belohnen, doch mehr als ein paar Münzen nahm er nie und diese auch nur aus reiner Höflichkeit, weil die Menschen ihn regelrecht anbettelten, etwas von ihnen anzunehmen.

      Auch für seinen Job auf dem Markt bekam er kaum Geld und hätte sich damit nicht mal eine Wohnung finanzieren können, aber das wollte er auch gar nicht.

      Denn er hing sehr an dem Waisenhaus, in dem er aufgewachsen war und hatte nicht die Absicht, es in absehbarer Zeit zu verlassen. Es war sein Zuhause geworden und alle, die dort arbeiteten und wohnten, besonders die Kinder, waren ihm ans Herz gewachsen und gehörten zu seiner Familie. Er schätzte sich glücklich, eine so große Familie gefunden zu haben.

      Jonas war vor einem Jahr ausgezogen und lebte mit seiner Freundin in einer winzigen Wohnung. Er besuchte das Waisenhaus so oft er konnte. Die beiden Männer halfen, wo sie konnten, doch es war Liam, der nie ruhte, denn erst, kurz bevor er sich schlafen legte, hörte er auf zu arbeiten. Er war der Meinung, dass es immer etwas zu tun gab.

      Jonas sagte ihm nicht zum Ersten mal, er solle sich nicht übernehmen. Liam hörte allerdings selten auf seinen Freund; auch jetzt ging er wieder zum Wagen und packte eine Kiste. Jonas kam ihm hinter her, seufzte und hievte selbst eine Kiste hoch.

      „Denkst du, für uns springt heute auch mehr raus?“, fragte er und sah Liam mit rotem Kopf an.

      Er schnaufte, als er den ersten Schritt mit der schweren Last tat. Es war ein guter, aber anstrengender Tag und dafür erhoffte sich Jonas auch einen besseren Lohn.

      Liams Gesichtsfarbe war noch normal, doch seine Armmuskeln zitterten.

      „Du kannst von meinem Lohn einen Teil ab haben. Schließlich musst du eine Wohnung bezahlen, die nicht billig ist. Ich habe ein kostenloses Dach überm Kopf.“

      Er grinste.

      Jonas schüttelte bestimmt den Kopf. Er wollte seinen Freund nicht um seine letzten Münzen bringen. Alles, was er verdiente kam in die Kasse des Waisenhauses. Für sich behielt Liam nie etwas zurück.

      „Wann hast du dir das letzte Mal etwas für dich gekauft?“, fragte Jonas.

      Er ließ die Kartoffelkiste unsanft auf den Boden fallen. Sofort schrie ihn ein Bauer an, der

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