100 Tage. Team epubli

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100 Tage - Team epubli

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überwältigte. Den Sieger ließ Corvin erneut antreten, bis dieser von einem Stärkeren oder Geschickteren geschlagen wurde.

      Nie kam jemand aus diesem Teufelskreis heraus.

      In einem Haus, das nur zwei Räume hatte, undichte Fenster und ein hartes, unbequemes Bett, lebten eine Frau und ihr Mann mit ihrem Sohn, einem kleinen, fröhlichen Jungen, noch keine fünf Jahre alt. Er war gesund und das war den jungen Eltern das Wichtigste. Ihr Kind war ihre ganze Freude. Der Junge ging erstaunlich gut mit der Situation, in der sie lebten, um. Trotz des heruntergekommenen Hauses, des wenigen Essens, gerade so viel, das sein Bauch nicht mehr knurrte, und der wenigen Zeit, die sein Vater für ihn hatte, weil dieser lange und schwer arbeiten musste, um die Familie zu ernähren, denn die Mutter war krank. Sie hatte eine Krankheit, die sich schleichend verschlimmerte und lebte nun schon mehrere Jahre damit, doch Anfang diesen Jahres hatte sich ihr Zustand verschlechtert. Alles war für sie furchtbar anstrengend geworden.

      Ihre Lunge wäre schwach, sagte sie ihrem kleinen Sohn.

      „Dann müssen wir sie aufpäppeln.“, sagte er. „Was essen denn Lungen gerne?“

      Die Mutter lachte und verlor eine Träne, die sie schnell fort wischte, bevor er sie entdeckte.

      Sie war so glücklich, dass ihr Sohn unbeschwert war und den Ernst des Lebens noch nicht verstand. Sie wünschte, er müsste es niemals. Denn dieses Leben hatte sie einem Kind nie zumuten wollen. Doch dann war sie schwanger geworden und wollte das kleine Wunder, das in ihr heranwuchs, nicht mehr her geben. Jetzt war sie unendlich froh, dass sie ihn hatte. Er war das Licht ihres Lebens.

      Sie war schwach und krank und wusste, dass sie früher scheiden musste, als es ihr möglich gewesen wäre, doch in dieser Zeit schenkte ihr ihr Sohn Kraft. Durch sein Lachen, das seine hellblauen Augen zum Strahlen brachte und eine Röte auf seine Wangen trieb, und seine Fröhlichkeit, die sie immer wieder bewunderte.

      Sie hatten ihn William genannt.

      Damals wussten sie und ihr Mann nicht, zu welch großem, starkem Mann er heran wachsen würde.

      Der kleine William war vor ein paar Wochen fünf geworden. Eine nette Frau aus der Straße, die ihn sehr mochte und seine Mutter manchmal pflegte, hatte ihm einen Kuchen gebacken. Es war ein toller Kuchen! Er schmeckte nach Schokolade und war etwas Besonderes, denn selten gab es etwas so Gutes bei ihnen zu essen.

      Kurz darauf bekam seine Mutter starken Husten, der nicht aufhören wollte. Den ganzen Tag verbrachte sie ihm Bett und William machte sich große Sorgen um sie. Er wusste nicht was sie hatte und konnte sich nicht ausmalen, wie stark ihre Schmerzen waren. Sie versuchte es nicht nach außen zu tragen. Sie wollte ihn nicht sehen lassen, welche Qualen ihr die Krankheit bereitete.

      „Du wirst doch wieder gesund, Mama?“, fragte er sie, als er ihr eine Tasse warmen Tee ans Bett brachte.

      Sie nahm sie dankend in die zitternden Hände. Dann sah sie ihren Sohn an und in seinen Augen leuchtete Hoffnung, aber auch Angst erkannte sie darin. Sie brachte es nicht über sich, ihm die Wahrheit zu sagen, ihrem kleinen, fröhlichen Sohn, der immer an das Gute glaubte und das Böse in der Welt nicht erkannte. Sie konnte es einfach nicht tun.

      Also lächelte sie, doch es kam ihr so schrecklich falsch vor. Sie unterdrückte die Tränen, denn sie wollte, nein, sie musste stark sein. Für ihren Sohn.

      „Ja.“, antwortete sie ihm mit leiser, heiserer Stimme.

      Sie hatte in den letzten Tagen selten gesprochen. Sie war so schwach. Nie in ihrem jungen Leben war es ihr so schwer gefallen sich zu beherrschen.

      Als William wieder lächelte und es war ein überzeugtes, wahres Lächeln, drückte die Last ein wenig leichter auf ihre zarten Schultern.

      Plötzlich wurde die Tür aufgerissen.

      Darin stand die Bäckerin, die William den Kuchen gebacken hatte. Es war noch gar nicht lange her.

      Doch diesmal hatte sie keinen Kuchen dabei und sah auch nicht aus, als käme sie wegen solcher Dinge. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ein Ausdruck der Panik lag auf ihrem blassen Gesicht und sie atmete schwer, als hätte sie sich abgehetzt.

      „Er wurde festgenommen!“, rief sie außer Atem.

      Sie kam in den Raum und ließ die Tür hinter sich offen.

      William sah verwirrt seine Mutter an, deren Gesicht eine ungesund graue Farbe angenommen hatte. Sie stützte sich auf einen Arm und blickte die Bäckerin entsetzt an. Diese kam ans Bett, auf einmal völlig aufgelöst, und streichelte erst William über den Kopf, dann nahm sie die schlaffe Hand seiner Mutter in die ihre.

      Ihre Lippe zitterte, als sie weitersprach.

      „Er ist über den Zaun gestiegen, ich habe die Kisten gesehen, die er auf dieser Seite gestapelt hat. Der Herr Lehrer erzählte mir, wo er hin ist. Oh, es tut mir so leid!“

      Sie brach in Tränen aus und verbarg das Gesicht in den Händen. Ihr Körper bebte. William wusste nicht, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. Wenn seine Mutter geweint hatte, sollte er es nicht beachten, doch die Bäckerin sah aus, als könnte sie jemanden gebrauchen, der sie tröstete. Also tätschelte er ihren Arm.

      Sie sah auf, das Gesicht ganz rot, die Augen geschwollen und lächelte dankbar.

      „Danke, mein Junge.“, schluchzte sie.

      Sie brauchte eine Weile, bis sie sich gefasst hatte und erneut zu erzählen begann.

      „Er wurde gesehen mit zwei Polizisten. Sie haben ihn an den Armen gepackt und neben sich her geführt. Sie kamen aus dem Krankenhaus. Er hat gerufen, seine Frau sei krank, wie könnten sie einer Sterbenskranken nur Hilfe verweigern? Doch die Männer schoben und zerrten ihn weg.“

      Es wurde still im Raum und diese Stille war unerträglich.

      William musste die Dinge erst verarbeiten. Er war noch so jung und er verstand erst nicht, was es hieß, sterbenskrank zu sein oder was mit seinem Vater geschehen war. Er war weg, das wusste er, aber wohin hatten sie ihn gebracht? Und überhaupt, was hatte sein Vater denn getan? Hat er etwas Böses gemacht? Polizisten fangen böse Leute. Aber sein Vater war nicht so einer. Ganz bestimmt nicht. Da war William sich sicher.

      „Mama, was heißt das?“

      Seine Mutter sah ihn an.

      Sie wusste, dass sie ihm nun die Wahrheit sagen musste. Jetzt war es noch viel schlimmer. Wenn sie nicht mehr da wäre und ihr Mann war abgeführt worden, wer sollte sich um das Kind kümmern? Er hätte keinen mehr. Sie hatte plötzlich solche Angst. Hoffentlich würde der Bürgermeister ihren Mann wieder gehen lassen. Mit Schlägen käme er noch gut davon. Aber wenn er kämpfen musste oder direkt ermordet wurde? Welcher Laune würde der Herr nachgehen?

      Sie hoffte so sehr, er hätte heute einen guten, gnädigen Tag. Sie wollte sich nicht eingestehen, dass dies ein dummer, naiver Gedanke war. Sie wusste, wie der Herrscher war und doch wollte sie nicht an seine Grausamkeit glauben.

      Ihr Mann musste überleben. Für ihren Sohn. Ihren Liam, der ein lieber, herzensguter kleiner Junge war.

      Sie merkte, dass sie ihn hatte lange Warten lassen. Er schaute sie an, unsicher, ungeduldig.

      „Es...es heißt, dass Papa erst mal nicht nach Hause kommt.“

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