Die Schneelandschaft und der violette Himmel. Jörg Röske

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Schneelandschaft und der violette Himmel - Jörg Röske страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Schneelandschaft und der violette Himmel - Jörg Röske

Скачать книгу

      Meine Landsknechte fielen schreiend und stöhnend um, Blut quoll aus ihnen, tränkte ihre Kleidung und das Grau des Bodens. Das hatte ich nicht gedacht, dass die Uniformierten meine stummen Freunde töteten. Ich schaute zur einen Seite, dann zur anderen, sie fielen um wie die Fliegen.

      Erst war ich starr vor Schreck, dann hob ich das Stahlschwert, wollte dem bitteren Spuk ein Ende bereiten, da donnerte ein Krach durch meinen Schädel und schwarz wurde es um mich herum.

      Das nächste, was ich vernahm, war ein kontinuierliches, fernes Hämmern. Ich öffnete die Augen, sah in spärliches Licht und in das Gesicht des Kommandanten des U-Bootes - der Uniformierte mit den zwei Silberstreifen. Er grinste, und bevor ich erneut das Bewusstsein verlor, dachte ich mit einem Wohlgefühl an die Inschrift im Kellergewölbe meiner Burg, dem Siegel meiner Existenz.

      Das Andere Meer

      Ich tat Dienst in der U-Boot-Flotte der Polit-Kommissarin - ich hatte sie nie zu Gesicht bekommen -, und mir blieb nichts anderes übrig. Denn aus dem U-Boot ließen sie mich zunächst nicht heraus, und leistete ich den Anordnungen nicht folge, bekam ich nichts zu essen.

      So einfach wie auch wirkungsvoll waren die Parameter, innerhalb derer ich mich in der weiteren Zeit befand und die entscheidend mein Verhalten bestimmten. Jedoch, ich blieb nicht lange, die Dinge sollten sich ändern. Zunächst lernte ich das Leben der hungernden und lauernden Wölfe kennen - so wurden die U-Boote von den U-Boot-Leuten selbst genannt.

      Ich bekam eine andere Kleidung, sie war warm, weich und anschmiegsam. Sie war ein Anzug bestehend aus einem Pullover und einer Hose, die allesamt aus einem naturfarbenen, wolleartigen Faden gewebt worden waren. Dazu trug ich einen weißen Waffengürtel aus Leder, an dem ein Armeedolch und ein Revolver hingen. Die dazugehörigen Patronen waren in kleinen Fächern am Gürtel untergebracht.

      Ich wunderte mich sehr über dieses Vertrauen, das mit entgegengebracht worden war, begriff jedoch im nächsten Moment die Aussichtslosigkeit eines Fluchtversuches, denn sofort hätten die dreiundvierzig anderen Besatzungsmitglieder mich massakriert.

      An den Füssen trug ich schwarze Lederstiefel und tagaus, tagein drang das Stampfen der Stiefel der vierundvierzig U-Boot-Leute auf den Stahlbodenplatten durch das ganze Boot. Es war vom Typ VII C, der gängige Typ und das Rückgrat der U-Boot-Flotte der Kommissarin, von der immer nur erzählt wurde.

      Ich wohnte im Bugraum mit den anderen, deren Aufgabe es war, sich um die Torpedos - Aale wurden sie genannt - zu kümmern. Ein Torpedomechaniker nahm mich meiner an und erklärte mir alles. Er erzählte mir alles über Torpedos, über die weitere Ausstattung und das Handhaben eines U-Bootes und er berichtete mir von den verschiedenen U-Boot-Typen. Diesen Part schloss er mit einer detaillierten und - wie es nicht zu überhören war - glorifizierenden Erzählung über das Boot vom Typ XI, dem Stolz der Flotte der Kommissarin. Selbst die Zerstörer des Anderen Meeres im Nordosten fürchteten dieses U-Boot.

      Da fragte ich nach dem Anderen Meer und der Torpedomaat schaute mich mit einem leuchtenden Blick in den Augen an und versicherte mir anschließend, dass auch ich ein hungernder und lauernder Wolf werden würde.

      Dann kam wieder das Essen, ein wohlschmeckender Brei, dessen Ingredenzien niemand wusste - ich vermutete, dass selbst unser Koch mit Ahnungslosigkeit bedacht war -, und jenes heiße und schwarze Getränk, das euphorisierte.

      Anschließend gab der Kommandant, jener mit den zwei Silberstreifen, über die Bordsprechanlage bekannt, dass wir Befehl zum Auslaufen erhalten hatten.

      Unser Boot vom Typ VII C legte von der Öltankanlage, dem Hauptstützpunkt der Flotte, ab und nahm Kurs auf das Andere Meer.

      Der lauernde Wolf

      Da kamen wir an dem großen Felsen an und gingen dort neben ihm in unserem VII C-U-Boot in Lauerposition.

      Es war eine lange Fahrt zu dem Felsen gewesen, der bei den Matrosen der U-Boot-Flotte eine Art Berühmtheit darstellte. Denn jegliche Jagd begann bei diesem von der Natur annähernd rechteckig gehauenen Felsbrocken, der einen Übergang bedeutete. Genau in dem geographischen Punkt, in dem der Felsen ruhte, trafen sich drei Landschaften. Sie waren die riesige Steppe, die mein VII C-Boot durchquert hatte, das Ungewisse Land und das Andere Meer. Die Steppe schloss sich im Osten an die graue Ebene an und endete nach langer Fahrt an einem Steilhang, der in südöstlicher Richtung zu dem Ungewissen Land und in nordwestlicher Richtung zum Anderen Meer hinabführte.

      In der Mitte, als verbindendes und zugleich trennendes Element, befand sich der Fels. Er war unmittelbar in der Spitze eines Kaps, den der Abhang dort bildete, von Riesen aufgestellt worden - so erzählte mir mit mythologisch leuchtenden Augen der Torpedomaat. Ich glaubte ihm kein Wort.

      Das Ungewisse Land bot nichts, keinerlei Anhaltspunkte, nicht das geringste, lediglich ein helles, golden zuckendes Vibrieren, als würde von dem Sand einer Wüste nicht nur die Hitze und das Licht der Sonne reflektiert werden, sondern auch die Sonnensubstanz selbst. Ein wabernder Brei von diffusem und goldhellem Licht, als hätten die Kinder von Riesen vergessen, ihre Lichtmahlzeit zu sich zu nehmen.

      Da wurde es mir sonderbar, als ich das Wort "Riesen" in mir denken gehört hatte, hatte ich doch soeben den Torpedomechaniker wegen solchen Gedankens verlacht. Von nun an hatte ich dem Maat disziplinierter zugehört und versucht, diese Dinge zu verstehen.

      Dann gab er zu verstehen, dass wir einige Zeit neben dem Felsen über dem Boden des Ungewissen Landes verweilen konnten. Wartete der Kommandant am Sehrohr auf Frachter und Tanker, die in nicht zu berechnenden Abständen am Horizont des Ungewissen Landes erschienen - zunächst als schwarze Balken - und dann nordwestlich fuhren.

      Ihr Kurs führte sie über das Andere Meer, dessen Wasser vor langer Zeit durch eine apokalyptische Irritation verschwunden war. Nach einer Zeit der Beruhigung waren dann die Schiffe, deren Gestalt sich drastisch verändert hatte, über dem Meeresboden geschwebt, in Höhe des einstigen Wasserspiegels - als sei dieser nicht vergessen und als trauerten sie um ihn.

      Der Maat erzählte weiter. Er berichtete mir von der mit Apropagynen angereicherten Luft, die die lauernden und hungernden Wölfe während des Wartens einatmeten und sie zu solchen machte. Die Apropagyne waren mikroskopisch kleine Kristalle, die beständig vom Wind aus dem Ungewissen Land heraus geweht und aufgenommen wurden. Diese Kristalle bewirkten eine intensive Stimulierung der menschlichen Synapsen, wobei eine entscheidende Leistungssteigerung des Gehirns die Folge war.

      Ich war fasziniert von den Dingen, die mir der Torpedomaat erzählt hatte, und in mir gebar ein Wunsch. Ich bat den Kommandanten, hinaus auf das Oberdeck gehen zu dürfen, und er entsprach meiner Bitte und zwar aus dem Grund, aus mir den hungerndsten Wolf der U-Boot-Flotte zu machen - wie ich später erfuhr.

      Ich trat hinaus aus dem Turmluk und kletterte die Sprossen des Turms hinunter zum Oberdeck. Dann postierte ich mich vor der Achtacht und schaute mich um. Heiß war es und das heiße Vibrieren begann, mich zu durchdringen.

      Es war nicht schmerzhaft und auch nicht wohlig und allmählich verstand ich. Nur mit einer Sonnenbrille, die mir der Kommandant vor dem Verlassen des U-Boot-Turms gegeben hatte, konnte ich sehen und ich sah den Brei, die Grenze zum Anderen Meer, den Felsen links neben unserem Boot und auf dem großen und grauen Brocken einen Baum.

      Das Feuer

      Es war ein Sechsundsiebzigtausend-Tonnen-Tanker, der zunächst in Form eines schwarzen Balkens aus der Glut

Скачать книгу