Abgelaufen. Eva Karnofsky

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Abgelaufen - Eva Karnofsky

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diesmal nicht«, erdreistet sich Rosa-Li, den Chefredakteur zu unterbrechen.

      »Äh, wie bitte? Nein, natürlich nicht.« Doch er lässt sich nicht beirren. »Will sagen, unser Haus verliert mit ihr eine ausgezeichnete Kollegin. Sie hatte einen untrüglichen Riecher für Skandale. Obendrein schrieb sie gut, stilsicher, klar.« Er gerät ins Schwärmen. Ob er auch ein Verhältnis mit ihr hatte?

      »Und sie war ein wunderbarer Mensch. Alle mochten sie, sie war stets hilfsbereit, hatte für jeden ein freundliches Wort. Es ist für uns ein großer Verlust.«

      Der scheint zu glauben, er müsse einen Nachruf schreiben, denkt Rosa-Li. Roberto unterbricht ihn. »Woran arbeitete sie denn zuletzt?«, will er wissen.

      »Tja, so weit ich informiert bin, stocherte sie mal wieder im Leben der Präsidentengattin herum, ein sehr beliebtes Thema in Peru. Aber der wird ja wohl niemand zutrauen, dass sie deswegen einen Mord begeht. Sie ist schließlich daran gewöhnt, dass die Medien sie mit Argusaugen verfolgen. Ich glaube, sie genießt es sogar.« Er lächelt boshaft, und Rosa-Li schließt daraus, dass er die First Lady nicht leiden kann.

      »Und dann saß sie seit Monaten an einer Korruptionsgeschichte. Sie hatte da mal einen Tipp erhalten. Aber um wen es ging, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Ich vermute jedoch, dass kein Minister involviert war, sonst hätte Alejandra mich über den Fall auf dem Laufenden gehalten. Minister sind Chefsache, wenn Sie verstehen.«

      Sie verstehen. »Und Sie wären der Geschichte auch garantiert gleich nach ihrem Tod auf den Grund gegangen.«

      Er nickt. »Aber natürlich. Schließlich bin ich selbst Journalist. Doch ich habe gestern gleich nach der Todesnachricht ihre Unterlagen persönlich gesichtet«, er zuckt bedauernd die Schultern, »aber es gab da nichts, was mir verdächtig erschien, nicht in ihren Papieren und nicht auf ihrem PC. Die Polizei hat sich natürlich heute Morgen ebenfalls alles angesehen und fand bis jetzt auch nichts Aufregendes. Ihren PC haben sie mitgenommen.«

      Ganz untätig scheint die Polizei also doch nicht zu sein, denkt Rosa-Li.

      »Uns gegenüber hat sie das Gesundheitsministerium kurz erwähnt«, blufft Roberto, und Rosa-Li hat das Gefühl, dass Neustadt eine Spur zu schnell aufschaut, so als habe er sich erschreckt. Aber vielleicht bildet sie sich das auch nur ein. Neustadt schüttelt den Kopf. »Nein, davon weiß ich nichts«, behauptet er eine Spur zu entschieden.

      »Sagen Sie, Alejandra war doch verheiratet. Kennen Sie ihren Mann?«, mischt sie sich ein.

      Jetzt nickt er. »Flüchtig. Ein sehr erfolgreicher Unternehmer. Er ist in der Textilbranche tätig. Der Gesetzestreueste soll er allerdings nicht sein, so hat mir zumindest Alejandra berichtet. Sie hatten sich auseinandergelebt, ich glaube, sie hatte sogar die Scheidung eingereicht.«

      »Aber die Zeitung ist seinen Geschäften nie auf den Grund gegangen?«, will Roberto wissen.

      »Nein, dazu war er denn doch zu unbedeutend.«

      »Es heißt, er zahlt weniger als den gesetzlichen Mindestlohn«, wirft Rosa-Li ein.

      »Das behauptete Alejandra. Doch wer tut das nicht in diesem Land? Nein, das allein reicht nicht für eine Geschichte. Da müsste er schon obendrein Schmuggelware verarbeiten oder Drogendollars waschen.«

      Roberto erkundigt sich noch, ob Alejandra neu liiert war, doch auch da muss der Chefredakteur passen. »Wissen Sie, wir hatten privat nur wenig Kontakt. Sie ist, so viel ich weiß, erst vor einigen Wochen bei ihrem Mann ausgezogen. Wenn es jemand Neues in ihrem Leben gab, so weiß ich zumindest nichts davon.« Neustadt schaut demonstrativ auf seine goldene Uhr. »Ich muss nun leider unser anregendes Gespräch unterbrechen, die Mittagskonferenz, Sie verstehen.«

      Wieder verstehen sie. Er will sie für den Abend zum Essen einladen, und Rosa-Li fällt ein Stein vom Herzen, als Roberto ablehnt, weil sie morgen schon sehr früh auf Reisen gehen. Einen ganzen Abend lang diesen Wichtigtuer ertragen – dafür sind ihr die Ferien mit Roberto weiß Gott zu schade. Als er ihr die Hand gibt, erklärt er ihr, dass sein Urgroßvater auch einst aus Deutschland eingewandert sei. »Ja, von uns ist eben kein Land verschont geblieben«, antwortet sie und schaut ihn scheinheilig lächelnd an.

      Kapitel 4

      »Wie bist du eigentlich auf das Gesundheitsministerium gekommen?«. Rosa-Li nippt an ihrem Pisco Sour und schaut den Wellen nach. Die Rosa Náutica wurde auf Stelzen ins Meer gebaut, ein achteckiges Holzhaus im Zuckerbäckerstil, dessen Einrichtung mit dem blumigen Plüschteppich und den weißen Säulen und Balustraden an Kitsch kaum zu überbieten ist. Doch der freie Blick auf den Pazifik fasziniert Rosa-Li immer wieder, selbst jetzt im Juli, wenn das Wasser grau und aufgewühlt ist. Und der Pisco Sour ist unschlagbar. Nirgendwo mixen sie das Trester-Limetten-Gesöff so gut wie hier.

      »Ich habe zwei und zwei zusammengezählt. Jorge ist Arzt und leitet Gesundheitsprojekte. Die Freundin von Henry Salinas ist Krankenschwester. Und Alejandra recherchierte in einem Ministerium. Da dachte ich, ich lasse mal einen Versuchsballon steigen.«

      »Und nicht vergeblich. Ich hatte den Eindruck, dass Neustadt zusammengezuckt ist, als du das Gesundheitsministerium ins Spiel brachtest. Ich vermute, er weiß mehr, als er sagt. Aber das ist wohl nur normal, schließlich will er nicht, dass ihm jemand die Geschichte vor der Nase wegschnappt. Und wir sind auch Journalisten.«

      »Oder er ist mit dem Minister befreundet und will nicht, dass etwas über den ans Licht kommt.«

      »Ist auch nicht auszuschließen. Obwohl ich es mir schlecht vorstellen kann. Skandale sind sein größtes Geschäft. Ich vermute, da wird er nicht viel Rücksicht auf einen befreundeten Minister nehmen.«

      Das Essen wird serviert. Ihre gratinierten Miesmuscheln sehen wieder wunderbar aus. Jedes Mal, wenn sie in Lima war, hat Rosa-Li sie ihrem Geldbeutel zum Trotz einmal hier gegessen.

      »Weißt du, dass der spanische König bereits hier gespeist hat?«, sagt sie.

      »Na, dann wurde es Zeit, dass auch ich hier esse.« Roberto lacht und prostet ihr mit seinem Wasserglas zu. »Ich hoffe, du bist nach zwei Pisco Sour noch dazu fähig, bei Henrys Radiostation einen guten Eindruck zu machen.«

      »Eine meiner leichtesten Übungen, denn ich mache immer einen guten Eindruck.«

      »Und du siehst dich auch noch in der Lage, unseren Freund Jorge anzurufen, um uns für heute Abend bei ihm nebst Gattin einzuladen. Oder die beiden irgendwo zu treffen?«.

      »Auch das. Aber mit deiner gütigen Erlaubnis würde ich gern zu Ende essen«, erwidert sie schnippisch.

      »Kein Problem, wie du weißt, bin ich großzügig.« Er lehnt sich zurück. »Ich bin mir nicht sicher, ob dein Freund Jorge wirklich mit offenen Karten spielt. Alejandra könnte sich mit ihm eingelassen haben, um etwas in Erfahrung zu bringen. Wie du weißt, werden wir Männer im Bett immer schwach und verraten die größten Geheimnisse.« Er grinst sie an.

      »Für deine Theorie spricht, dass er eigentlich überhaupt nicht zu ihr passt. Er ist fett und nicht besonders gutaussehend, fünfzehn, zwanzig Jahre älter als sie, und reich ist er, soviel ich weiß, auch nicht. Er kann ganz geistreich und witzig sein, das ist aber auch alles. Also, ich könnte mir nicht vorstellen, mit ihm ins Bett zu gehen. Auch nicht für eine heiße Story.«

      Roberto wirft ihr über den Tisch eine Kusshand zu. »Du bist ja auch verwöhnt, meine Süße.«

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