Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl
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Markus Meisl
Der Kronprinz des Selbstvertrauens
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Inhaltsverzeichnis
1.Kapitel
Morgens bei dichtem Schneefall aufgewacht, der allen Ausblick versperrt, tagsüber konfrontiert mit Suppe voll Schleim und lauter Arbeit, wenn verfügbar; abends die Frau schlecht gelaunt im Strohbett und der Mann nicht besser, wenn verfügbar; da war es schon von Vorteil, nicht das Nachthemd zu lüften.
Aber freilich waren Grauen und Schrecken nicht immer an der Tagesordnung, unsere Ahnen wagten sich aus ihren Häusern hervor, blickten scheu und glaubten ihren Augen kaum: draußen war nun Frühling und so manches verfügbar.
Im übrigen aber arrangierte man sich mit allem Unkraut so gut es eben ging, wenn es gerade hing, und vielmehr, so hieß es, lebte im Innersten eines jeden Menschen ein Diamant, der das Licht aus allen Tagen der Sonne enthielt; dieses Licht, so hieß es weiter, schlummerte in jeder Verbrecherbrust und bedurfte nur der Erweckung, um seinen Segen und sein Wohl zum Vorteil von allen zu entfalten; selbst zur Erquickung der blutsaugenden Steckmücken.
Dann aber geschahen wieder seltsame Dinge; die Kühe wollten keine Milch mehr geben, das Gemüse auf den Feldern bekam Ausschläge. Die Menschen waren geübt im Erdulden, oh, sie waren Meister darin, aber als auch die häuslichen Betten immer öfter trocken blieben und bittere Worte über die Tische gingen, stellte sich endgültig Frustration ein und große Lethargie.
Aber Verzeihung, auch das würde vorüber gehen, überstrahlt durch die Kraft und Schönheit des Diamanten, der in jeder Brust gebettet lag. Alles würde gut sein bis zum Heiraten.
Ich, Markus Meisl, soeben 34 geworden, bestreite meinen Unterhalt in einer Firma für Wasserklosetten. Meine Aufgabe ist es, den Verkauf zu forcieren und an diesem menschlichen Abgrund kompetent zu beraten. Ich habe eine große Nase und schöne Augen, breite Schultern und Haarausfall. Auch eine Brille und Tendenz zu Schweißfüßen. Ich bin noch nicht verheiratet.
Mein Arbeitsplatz ist mein Reich. Ich sitze in einem Büro, deren Plätze durch Trennwände unterteilt sind. Eine Reihe von Büropflanzen, sorgsam verteilt in Töpfen, umschlingen meinen Bildschirm, Teile des Regals, der Verbauung, spendend Schutz und Geborgenheit. Auf meinem Arbeitsplatz herrscht Ordnung; Kataloge, Broschüren, Klammermaschine, jedem gebührt sein Platz. Auf meiner Pin-Wand hängen wichtige Adressen und Nummern, darunter Grußkarten von Freunden, Spaßkarten, Büroweisheiten. In meinem Micky-Maus-Füllerhalter befinden sich, wohl verteilt, Lineal und Buntstifte.
Doch manchmal ist auch Horrorbetrieb.
Das Telefon läuft über, Bestellungen langen ein, Mappen und Kataloge liegen wild durcheinander, meine Brille schief auf der Nase. Aber spätestens bei Dienstschluß, wenn ich meinen Platz verlasse, ist alles wieder, wo es sein soll; der Bildschirm neben dem Locher, das Telefon neben der Tastatur, die Broschüren in der Lade und fünf Liter Bohnenkaffee: am Portalus gastriticus.
Aber auch sonst ist viel los. Hinter meiner Wand befindet sich der Nachbarplatz, besetzt von Kollegin Blau. Flotte Beine, tiefe Stimme, ein Gesicht zum Portraitieren. Aber Verzeihung, bereits vergeben, in die Obhut eines Berufsboxers. Wir verstehen uns gut, helfen und ergänzen uns, zwischendurch ein Scherz. Ich bin nämlich nicht so gut in Rechnen und Fachdeutsch, aber Fräulein Blau, ein Musterbeispiel!
„VORSICHT HERR MEISL, AB EINER ANZAHL VON DREI TOILETTEN MUSS EIN ZWEITES VENTIL EINGEBAUT WERDEN!“
Ich blicke von meinen Akten auf, überlege kurz, kann dann aber nur bestätigen:
„OH, JA, DANKE. DAS HÄTTE ICH BEINAH VERGESSEN!
Kurze Pause.
AH, FRÄULEIN BLAU. WAS IST WEISS UND ROT UND DANN: BRAUN?“
Eine wohl arrangierte Frage.
Schweigen, sie weiß es nicht.
„EIN TAMPON AUF SCHWIMMKURS.“
Da hebt Frau Blau ihren Kopf, mit Stirnfalten, in horizontaler U-N-D vertikaler Ausrichtung; doch dann, bei genauerer Überlegung: ein schelmisches Schmunzeln, geformt von prächtigen Lippen.
In meiner Bucht herrscht Windstille. Meine Pflanzen absorbieren jeden Streßandrang von außen, bildend eine Aura der Unantastbarkeit; selbst mein Chef akzeptiert diese Grenze. Wenn er etwas zu sagen hat, tut er es über die Trennwand. Garantiert.
Nur einmal, in einem Moment ausgesprochener Meinungsdifferenz, platze er in meinen geschützten Bereich wie ein Wirbelwind und fummelte am Bildschirm herum, unablässig belehrend und verbessernd: Meisl, können sie denn das nicht sehen! Mit dem prekären Unterton: dann, ja dann müßte