Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl

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Der Kronprinz des Selbstvertrauens - Markus Meisl

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es an der gleichen Stelle. Dann kommt es zu folgenschweren Vergleichen und einer Inventur mit Schmerzen:

      Ing. Meisl, B-Matura, Fortbildungskurse in Verkaufswesen, Computerwirtschaft; breite Schultern, schöne Augen, jedoch Haarausfall und Schweißfüße; Beziehungserfahrung homöopathisch, keine Kinder; Geld für Auto, ja, aber mit Geschwindigkeitsbeschränkung. Besitzer eigener vier Wände, ja, aber erst nach dem Ableben, zusammen mit den Würmern. Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Bulgarisch, Fachchinesisch. Jedoch bei Aufregung stotternd. Seit frühester Kindheit eine Brille.

      So ist es.

      Nach dem Essen geht das Leben weiter. Magen und Darm müssen verdauen und so befinde ich mich unsichtbar, doch weiter in reger Beschäftigung. Fette und Kohlenhydrate müssen aufgeschlossen, Proteine assimiliert, Vitamine geknackt werden. Das ist keine Kleinigkeit und erfordert ein gründliches Voranschreiten. Ich fühle die Tiefe und Kraft dieses Vorganges und kann mich in meinem Sessel kaum rühren. Auch ist es heiß, meine Pflanzen scheinen in ähnlicher Verfassung, lassen ihre Blätter hängen und bilden um mich einen Flor von Trägheit. Erst nach einer halben Stunde fühle ich wieder mehr Kontenance und Durchlässigkeit und kann mich meinen Ordnern widmen. Zur weiteren Bewältigung meiner Aufgaben nehme ich eine Vitamintablette.

      Von Vitamin Attacke bis Zielpunkt ist alles enthalten, sagt mein Apotheker.

      Gegen zwei Uhr nachmittags, kommt es im Betrieb zu einer allgemeinen Geschäftigkeit. Die Kollegen ordnen ihre Schreibtische, sichern Daten, kippen den letzten Rest des Automatenkaffees; mancher optimiert seinen Scheitel mit einem strengen Blick in den Handspiegel, Frauen erneuern ihre Reizlippe, ohne am Schminkstift zu sparen. Dann aber stehen alle, einer nach dem anderen auf - und - es ist nicht der Gang auf die Toilette.

      Denn einmal im Monat findet die Generalversammlung statt, zu der die gesamte Belegschaft geladen wird. Mit einer Leinwand und Projektor wird der aktuelle Rechnungsbericht vorgestellt, Entwicklungen besprochen, Neuigkeiten präsentiert. Als ich komme, sind schon die meisten Plätze besetzt, nur in der ersten Reihe, ganz vorne, da sind noch die meisten frei; also nehme ich Platz und klappe die seitliche Auflage nach unten.

      Noch müssen vorne ein paar Steckverbindungen hergestellt, technische Hürden überwunden werden; schließlich aber steigt mein Chef auf das Rednerpult, die Versammlung beginnt.

      Wehrte Kollegen!

      Ich begrüße Sie zur monatlichen Generalversammlung! Sie wissen, unser Unternehmen war und ist eine Erfolgsgeschichte. Das geht nur durch Zusammenhalt und eine Philosophie, die Schwung bringt. Schon unsere Gründerväter wußten das, sie hatten mit der Einführung des Wasserklosetts eine neue Ära eingeleitet und die Hygienestandards revolutioniert. (An der Wand hängen Photos in Schwarz und Weiß, Portraits von würdevollen Männern mit Bärten, Fracks und Nickelbrillen) Aber die Konkurrenz ist schon lange da und wir beobachten sie ständig. So hat der Markt in letzter Zeit große Schwankungen erlebt, besonders nach seiner Öffnung für chinesische Produkte. Und diese Entwicklung gilt es verschärft zu beobachten! Bitte um die erste Einspielung!

      . . .

      Auf der Leinwand erscheint das Photo eines Wasserklosetts in Gelb und Diamantschwarz. Die Form ist schnittig und kompakt, seitlich in einem Holster ruht die Klobürste. Der gesamte Korpus ist stromlinienförmig, man hat das Gefühl, es könnte jeden Moment losgehen.

      . . .

      Was sie hier sehen ist die neueste Erscheinung auf dem chinesischen Markt, ein Klosett, das bereits zu Millionen hergestellt wurde und bald auch gegen unsere Grenzen preschen wird. Und das ist die Gefahr: Die Chinesen produzieren billiger!

      Ich notiere alles. Manches unterstreiche ich, das hilft im nachhinein das Essentielle zu fassen. Und ich brauche es für meinen Job.

      Ja, wehrte Kollegen! Es besteht die Gefahr der Infiltration. Aber auch wir haben nicht geschlafen und ein Modell in die Welt gerufen, das nur geringfügig teurer, aber entschieden besser ist.

       Auf der Leinwand erscheint es.

      Bitte beachten Sie das Design, die versenkbare Brille mit antibakterieller Beschichtung. Auch die Vakuumpumpe mit Vorwärmer und am Spühlkasten, elegant integriert, ein CD-Deck mit programmierbarem Dreifachwechsler. Musik unterstützt den Vorgang, der Muskel entspannt.

      Alle klatschen.

      Inzwischen hat der nächste Referent seine Notizen geordnet.

      Er hat einen Vortrag über Wasserbetten vorbereitet und wie sich der Kaiser dazu geäußert hatte, der alte Mann vom Schloß.

      *

      Pünktlich um fünf endet mein Arbeitstag. Ich nehme meine Jacke vom Haken und verabschiede mich bei den Kollegen. Draußen auf dem Parkplatz scheint die Sonne und überall stehen die Autos. Es sind nur ein paar Meter und ich habe mein Fahrzeug bald erreicht; glänzend schwarz, ein Tank mit Muster, viel Chrom und Leder, ein Rad vorne, das zweite hinten dran; ich löse die Krawatte, so wie man sich von einer Schlinge befreit, und werfe sie in den Gepäckkoffer. Noch den Sturzhelm aufgesetzt und auf in den Feierabend.

      Am offenen Schranken der Firma bleibe ich kurz stehen, stoße dann aber mit jähem Ruck in den Verkehr, ganz knapp vor dem Nahen eines Autos. Kein Problem bei 50 PS: pro Speiche.

      Auf der Straße ist viel los. Menschen gehen, Menschen kommen, Ampeln schalten auf Rot, Fußgängerphase, Ampeln schalten auf Grün, es brüllt der Querverkehr. Ich liebe es, meiner Maschine die Sporen zu geben und mich durch diesen Betrieb zu schlängeln. Die nächste Ampel blinkt bereits schattig-waldgrün, ich bin noch ein gutes Stück entfernt; hier läßt sich beweisen, welche Kraft der Beschleunigung ein schmuckes Zweirad zu leisten vermag. Ich lege mich flach, drehe das Gas gegen den Anschlag und fahre über die Kreuzung, daß es nur so saust. Eine Rakete ist ein Furz dagegen.

      An der nächsten Ampel ein Zwischenfall. Ich komme gerade um die Ecke und will die Kreuzung queren, als ein Auto abbiegt, gänzlich mißachtend die Verkehrsordnung; nur eine Vollbremsung kann die Kollision verhindern. Augenblicklich stehen zwei Fahrzeuge quer, die Seitenscheibe eines Wagens senkt sich herab. Der Fahrer, ein Bodybuilder mit Glatze und getuntem Schnurrbart beschwert sich sofort, er kann sich kaum halten; alles geht so schnell, daß es mir unmöglich ist, sofort zu reagieren. Dann aber wende ich meine Maschine und fahre den Mittelfinger aus, während die anderen in der Garage bleiben; das erzeugt weitere, schwer zu beschreibende Reaktionen. Aber da bin ich schon wieder davon.

      Weiter draußen, gegen den Stadtrand, wird es ruhiger. Der Verkehr ist nicht mehr so dicht, alle Menschen werden gelassener. Das bewirkt auch bei mir eine ruhigere Fahrweise; und es gibt mehr Blumen und überall freie Parkplätze, auch für große Limousinen. Und noch weiter, als ich den Körper der Stadt verlasse und auf das Land komme, nochmals ein bedeutender Wandel: alles wird weiter und gedehnter, der Verlauf der Straße natürlich, der Hitze fehlt Gestank. Und ich steuere zu auf die Kurven und lege mich rein, jede einzelne bedeutet Widerstand, das ist Erotik, das ist Freiheit. Die Kühe grasen in der Sonne und verzieren die Weide, der Geist ist tolerant. Und wenn ich in einem der ländlichen Orte aufkreuze, weiß ich, ich bin ein Ritter, ein Abenteurer, auf meinem Roß aus Chrom und Stahl.

      Einige Zeit später halte ich inmitten eines kleinen Dorfes. Es ist sehr still, kein Mensch ist zu sehen. Nur ein paar Enten queren die Straße, langsam und dabei den Gänsemarsch kopierend. Aber der Ort ist nicht nur von Tieren besetzt. Es gibt sogar ein Cafe, mit Tischen und Stühlen im Freien. Ich steige von meiner Maschine, klemme den Helm unter die Achsel und gehe über den Platz: der Ritter kehrt ein und hält Rast auf seiner Reise durch aller Herren Länder, begleitet von Gefahren,

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