Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl

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Der Kronprinz des Selbstvertrauens - Markus Meisl

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Mutter. Er: attraktive Augen, volle Sehkraft, der Haarschopf beim Teufel. Sie: außergewöhnliches Haar, pflegeleicht, die Brille: so schwer wie Aschenbecher. Und ich: na ja, ...

      Und immer wieder ersteht dabei vor mir ein hehres und doch so fernes Bild; es scheint wie aus einem Traum, umkränzt von seligem Nebel: Der wahre Meisl - umwerfende Augen, mit der Sehstärke des Adlers und Haar, phantastisch, von außerordentlicher Wuchskraft und Geschmeidigkeit, daß die Bürsten nur so Schlange stehen. Bürsten in allen Größen und Formen. Werkstoffen und Farben. Für immer ...

      Da kommt Mutter mit vier Töpfen und den Tellern; ein Wunder, wie sie das alles tragen kann, sie hält es, sie balanciert es, und sie stellt es auf den Eßtisch. Noch trocknen wir uns die Hände, kommen dann aber an den Tisch: Mittagessen im Freien.

      Mutter verteilt die Teller und erklärt die Reihenfolge der Speisen. Es sind mehrere Gänge, Gemüse und Fleisch, Pikantes und Riskantes, vier Stunden Arbeit mit aufgescheuerten Knöcheln; und sie warnt uns: wenn es irgendjemandem nicht schmecken sollte, dann ... ja dann!

      Jeder nimmt sich vom ersten Gang, Suppe mit feinem Sahnedekor.

      Und alle beginnen zu essen, schweigend, mit tastenden Gaumen.

      Schließlich ist es Vater, der absetzt und das Schweigen bricht.

      „ALSO, MEINE LIEBE ... GANZ AUSGEZEICHNET! IM RESTAURANT HÄTTE ES NICHT BESSER SEIN KÖNNEN!“

      Und er drückt Mutter einen Kuß auf die Wange.

      Das war richtig.

      Vater beginnt wie beiläufig, in lockerem Ton zu erzählen; er kann überhaupt gut erzählen, besonders von seinen Reisetagen, als er beruflich auf Südseeinseln unterwegs war und gut verdiente; und das besonders bei fortgeschrittener Stunde und einem Gläschen Wein; vorläufig aber gibt es nur Quellwasser und normale Gespräche.

      Mutter empfiehlt zum Fleisch die Soße, denn ohne: da schmeckt`s nur halb so gut.

      Schwester und Bruder nicken.

      Und? Was gibt es Neues? Will Vater von uns wissen.

      Erst Zögern. Dann antworten wir, alle drei.

      Ja, hmm, gut ...jaa, hm, nja ... hoom, ...

      Um einfach zu bleiben.

      Nach einer Weile: Sonst noch was?

      Schließlich, nachdem ich den größten Kartoffel meines Tellers zerteilt habe:

      Also, ich habe mich diese Woche für einen Kurs angemeldet!

      Da heben meine Eltern die Brauen, bei so viel Information auf einmal. Einen Kurs? Ja? Erzähl doch! Laßt euch nicht alles durch die Nase ziehen.

      Gitarre, antworte ich, ein Abendkurs für klassische Gitarre!

      Plötzlich hört man den Wind im Gras und die Vögel: in den Wolken. Mutter sagt nichts, Vater starrt in die Brühe.

      Gitarre? Bemerken meine Geschwister schließlich, ohne eine Wertung abzugeben, hätten wir uns von dir nicht gedacht.

      Da läßt Vater die Gabel sinken, mit einem Ausdruck der Enttäuschung. Gitarrenkurs hin, Gitarrenkurs her, ja, aber ist es nicht an der Zeit, auch im Beruf an ein Weiterkommen zu denken und DAFÜR Kurse zu besuchen? Immerhin sei ich schon sieben Jahre in derselben Stellung, ohne jede Beförderung. Gibt es nicht die Möglichkeit, einmal aufzusteigen und seine Gehaltsstufe zu wechseln? Abteilungen brauchen Führungspersönlichkeiten und Weiterentwicklung bedeutet mehr Geld, bedeutet mehr Sicherheit.

      Nun schweigen wir alle.

      Es bedarf keiner weiteren Erklärung. Schließlich setze ich das Besteck ab und wische mir mit der Serviette den Mund. Da erinnert Mutter an die Nachspeise: Pudding mit Erdbeersoße. Probiert mal!

      Ich beziehe Stellung: aber der Gitarrenkurs ist mir wichtig. Es ist ja nur einmal in der Woche! Selbst große Manager haben ihr Steckenpferd und nicht nur die Arbeit. Und die Stellung in der Firma, sie ist nicht so schlecht, wie es scheint, manchmal etwas computerlastig, ja, aber ein Job. Und Aussicht auf Beförderung: die gibt es zur Zeit wohl kaum; es sind andere, die sich diesen Braten teilen.

      Hier reagiert Vater verärgert: Alles Ausreden! Auch mir sind gewisse Sachen wichtig! Das mit der Beförderung wäre ja noch zu abzuwarten, aber ihr, alle drei zusammen, seid schon über dreißig und habt noch immer keine Kinder. Wie ist das nur möglich? Es ist doch die natürlichste Sache der Welt. Und wir wünschen uns Enkel, lange schon, und - hier verändert er nochmals seine Stimme - in letzter Zeit ist es immer so still im Haus.

      Jetzt ist es raus.

      Aber da ist auch meine Ruhe dahin und ich schwanke zwischen verletztem Stolz und dem Notstand um eine Erklärung. Er muß doch auch meine Seite verstehen! Und das mit dem Kinderkriegen ist nicht so einfach! Die Zeiten haben sich geändert und die Frauen sind nicht mehr so pflegeleicht wie früher; das muß er beachten. Seit sie neues Bewußtsein haben, seitdem die Emanzipation in den Zeitungen steht, seitdem Kondensmilch nur mehr am Schwarzmarkt zu melken ist.

      Alles nur Ausreden - besonders faule - entgegnet er zornig und schlägt mit der Hand auf den Tisch, es braucht nur ein wenig guten Willen und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Aber daran mangelt es wohl jedem einzelnen von euch!

      Da ist´s genug! Ich springe auf, mit geballten Fäusten; den Pudding können nun die Vögel haben, Notration für den Winter. Ich wende mich ab, gebe dem Sessel einen Tritt und stapfe durch den Garten; sollen sie doch weiter essen und sich leid tun, die Stille beklagen, mich geht das nichts mehr an. Ich platze ins Haus und greife nach meinem Sturzhelm, Sekunden später sitze ich auf meiner Maschine und starte: mit Höllenlärm!

      Häuser und Gärten beginnen sich zu bewegen und flitzen an mir vorbei. Die Straße, eine einzige entfesselte Rennbahn! Und ich drehe meine Maschine weiter auf, werde immer schneller, verbissener; nun hatte ich die Kröte wieder gefressen!

      Und es bohrt die eine Frage: Warum muß er mich so quälen, mit großen Erwartungen und erhobenem Zeigefinger? Bin ich denn ein Erfüllungsknecht? Ist unser Leben tatsächlich auf der falschen Bahn? Gibt es den Verhau, den ganz großen?

      Und immer wieder die Angst vor dem Wind und der Kälte; wo ist denn nun der Wind, wo ist denn nun die böse Kälte?

      Mein Innenthermometer flirrt vor Hitze. Und ich gebe noch mehr Gas und ich werde wahnsinnig. Ich komme in eine Kurve, dort modert der Schatten, verquickt mit dem Laub... ich breche aus. Meine Maschine verliert die Bodenhaftung, doch mit derselben Geschwindigkeit geht es weiter. Dann geschieht alles sehr schnell. Ich durchstoße einen Holzzaun, die Bretter fliegen, ich rutsche auf einer Wiese, alles dreht sich, fliegt an mir vorbei, dann etwas Lebendiges, flüchtend, Federn durch die Luft, und ich schieße über ein nasses, schwarzes Feld, gleich einem Pfeil, und kollidiere mit etwas Kompaktem, ... zuletzt überschlage ich mich.

      Nach Sekunden des Schreckens komme ich zu mir; ich sitze auf einem Misthaufen, das Visier mit Kot verschmiert; doch dann sinke ich auf meine Schenkel und stinke; nun ist es doch wieder das Weh, das mich packt wie eine Zange. Ich bin verkrampft und bekomme kaum Luft.

      Und rings um mich herrscht großes Durcheinander, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Hühner und Gänse gackern, in den letzten Schritten ihrer Flucht und blicken auf mich zurück, die böse Rakete. Ein Hahn schlägt empört mit den Flügeln, die größte Beschwerde

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