Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Kronprinz des Selbstvertrauens - Markus Meisl страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Kronprinz des Selbstvertrauens - Markus Meisl

Скачать книгу

Bergen im Hintergrund. Und ein Gipfel in der Form eines Hornes ragt besonders hervor, mit augenscheinlichen Kräften. Natürlich wird er bemerkt, und, wie kann es anders sein, Willi als Besitzer ungeahnter, kolossaler Talente entlarvt. Und alles lacht und alle sind zufrieden.

      Als mein Bild an die Reihe kommt, entspinnt sich ein Diskurs. Es geschehen richtungsweisende Umbrüche in diesem Werk, meint Mama Martha, große Bewegungen. Es ist ein mutiges Werk, großes Potential, das noch schlummert, und sie sagt es mit Betonung.

      Für mich ist es ein Hund im Schnee, dem die Eier frieren, erklingt eine Gegenstimme.

      Nein, es ist eindeutig ein Huhn, ein träumendes Huhn in Nepal, behauptet wieder eine andere. Sie ereifern sich, werden emotional, fahren sich fest. Am Ende ist man sich uneins; ist es nun ein Huhn, ein Hund im Schnee, oder großes Potential? Aber in einem gewinnt man Übereinstimmung: die Farben kommen aus Nepal ...

      Nach dem Ende des Kurses verlassen wir alle das Haus, gehen durch den Vorgarten und fühlen uns gut; wir wechseln noch ein paar Worte, lachen, zerstreuen uns aber dann in alle Richtungen.

      Wieder montiere ich meinen Malkoffer auf die Maschine, und spanne sorgfältig den Gummi; nun ist es die große Sonne, die mich erfüllt. Und die Bäume haben Saft in den Blättern, wirken erneuert. Ich schwinge mich auf meine Maschine und ich habe es nicht eilig irgendwohin zu kommen. Ich fahre die Straße entlang, die Blätter über mir, die Stämme fest darunter. Da betritt ein Mann mit Krücken die Straße, er kommt plötzlich von der Seite. Ich drücke elegant Kupplung und Bremse und warte. Seine Bewegungen sind so langsam, daß er nur Zentimeter für Zentimeter voran kommt. Eine Schnecke könnte konkurrieren.

      Wird es den Agenten gelingen, mich zu ärgern? Meine Maschine tuckert und tuckert, ich warte und warte. Irgendwann, bin ich nun eine Minute gestanden oder zehn, hat er es geschafft und ich fahre weiter. Würde der Alte umfallen, so würde ich zurückfahren und ihm auf die Beine helfen. Keine Frage.

      An der nächsten Kreuzung blinkt die Ampel Grün, ... spuckt Orange und ... schaltet auf Rot. Ich halte, zufrieden und voller Selbstvertrauen. Da kommt das grüne Signal. Eine elegante Lady in Stöckelschuhen betritt den Zebrastreifen. An der Leine führt sie ein Hündchen in modischer Bekleidung, ein Mäntelchen gegen die Kälte; während sie einen Schritt macht, macht das Hündchen fünf. Sie geht sehr erotisch und lächelt mir zu. Und ich lächle zurück, sehr erfreut hinter meinem Sturzhelm. Und ich stelle mir vor: die Kleine wartet heute abend auf meiner Couch: Kein Problem.

      Auch der Hund darf kommen und erhält seine Wurst. Ein Ritter weiß, was sich gehört.

      Sich all dies vorzustellen, hat Kraft, hat Potential.

      Es geht weiter. Sanft fließt der Verkehr, andere überholen mich, sind schneller; es ist mir egal. Auf meinem Tank spiegeln sich die vorbeiziehenden Häuser, das grüne Gewölbe, mit Braun und Rot, den Farben des Herbstes; ich befinde mich auf einem der breiten Wege, die aus der Stadt führen. Und ich weiß: der alte Noah hätte das Boot nicht besser geschaukelt.

      Später; mein Tank spiegelt noch immer die Umgebung wie ein magisches Glas. Nun gucken Kühe daraus, mit großen Augen und riesigen Schnauzen, ich bin auf dem Lande. Ich liebe es, ins Weite zu fahren und neue Flecken zu entdecken. Seit einer ganzen Weile schon ist mir kein Fahrzeug mehr begegnet, Wiesen und Bäche lachen, Gebirge säumen meinen Weg. Und dann gelange ich in ein Dorf mit Häusern und Ställen, die verschlafen in der Sonne liegen. Als ich eintreffe, ist kein Mensch zu sehen. Auch nicht in den Gärten. Alles ist aufgeräumt, der Rasen gemäht, die Wäsche gewaschen, die Leinen gespannt. Und doch ist es so, als könnte jeden Moment jemand um die Ecke kommen und vorsprechen. Oder sollte ich mich irren?

      Schließlich, es ist schon am Ende der Ortschaft, drossle ich meine Geschwindigkeit. Denn da steht auf einem umzäunten Grundstück ein Esel; doch noch ein lebendiges Wesen in diesem seltsamen Dörfchen! Ich nehme mir vor, den Burschen mit einem Büschel Gras zu locken und stelle mich an den Zaun. Es dauert eine Weile, bis er mich bemerkt, doch schließlich kommt er näher und nimmt das Futter. Als ich ihn streicheln will, will er mich beißen. Ich versuche es noch einmal, doch der Esel bleibt stur. Plötzlich habe ich das Gefühl, aus diesen Augen blickt mich jemand an. Ein Vorwurf, eine Klage? Ich überlege. Was will er mir sagen? Doch dringe ich nicht durch ...

      ---

      Wenig später eine weitere Begegnung.

      Ich habe gerade das Dorf mit dem Esel verlassen, bin wieder auf meiner Maschine; da erscheint, schon von weitem, eingerahmt von Mauern, ein Friedhof. Aufmerksam betrachte ich im Näherkommen diese Anlage, die offen auf einem Hang liegt und wie das Dorf friedlich in der Sonne schläft. Als ich näher komme, verringere ich meine Geschwindigkeit und halte unweit des Einganges. Die Außenmauer ist, abgesehen von wenigen Stellen, gewärmt von Teppichen grünen Efeus, auch der Torbogen, hoch und breit.

      Wie bei jedem Objekt, das mein Interesse erweckt, nehme ich meinen Helm ab, bleibe kurz stehen und lasse die Seele des Ortes auf mich wirken; ich atme ruhig, spüre in mich.

      Es sind gemischte Gefühle.

      Dann aber klemme ich meinen Helm unter die Achsel und gehe durch das Tor, um mich meinem zweiten Hobby zu widmen: Friedhofsbesuche. Immer wieder ist es interessant, die verschiedenen Gräber zu sichten und neue Kleinode der Grabkultur zu entdecken. So liegen viele Parzellen brav und konform, ohne besondere Aufregung, einige jedoch verströmen eine individuelle Atmosphäre.

      So begegne ich gleich am Anfang einem Grab mit dem besonderen Flair. Da lehnt die Figur eines Engels, mit schlaffen Flügeln und geneigtem Kopf. Es herrscht Trauer an diesem Grab, in Treue dem Toten zugewandt; die Verbindung zu Lebzeiten schien stark, das Band noch gegenwärtig. Es ist berührend, die Formen aus Stein und die Wolken, sie bleiben grau.

      Einige Sprünge weiter finde ich einen klobigen Stein von grotesker Form. Er ist völlig unbearbeitet, mit schroffen Ecken und Kanten, wie ein dicker Monolith; keine Zahl datiert die Abrißkante, kein Photo zeigt den Besitzer. Nur zwei Sätze geben lakonisch Aufschluß: Hier ruht der Komiker XY! Mit freundlichen Grüßen!

      Und ich gehe langsam weiter, mich umschauend, ein wenig steif in meinem Lederanzug, meinen schweren Stiefeln, weitere Namen und Zahlen entdeckend, ... der Fundus ist reich.

      Am hinteren Ende, mit einem gewissen Abstand von den anderen, befinden sich weiß gestrichene Kreuze, auf durchgehendem Rasen und wenn, so nur spärlich geschmückt. Instinktiv nehme ich mich zurück. Es handelt sich um Gräber von Namenlosen, von Findelkindern, von Selbstmördern und Verbrechern. Mit vorsichtigen Schritten nähere ich mich und halte und dann: ein energetischer Abgrund. An einem der Gräber haftet eine dunkle Verzweiflung und Qual, eine Konzentration, daß ich zurückschrecke; mein erster Gedanke: Einbildung.

      Doch dann falte ich intuitiv die Hände, wohl eine Minute, mit der Absicht, gute Gedanken zu senden; und dann, so scheint mir, indem ich mich selber beruhige und die Angst schmilzt, wird es an Ort und Stelle leichter und aus der Finsternis schält sich Reue und Beschämung, vielleicht auch ein Weinen. Das bestärkt mich und indem ich behutsam ein paar Blumen auf das Grab lege, gepflückt vom Rand der Anlage, ist es, als würde sich das Elend nochmals abschwächen ...

      An anderer Stelle wiederum relativiert sich das Erlebte: wieder ist es ein einfaches Kreuz, weiß gestrichen, mit ein paar Blumen; im Moment habe ich das Gefühl, es war dies ein Kind, ganz früh gestorben; aber da ist kein Schmerz, kein Bedauern, denn von diesem Grab lächelt dermaßen Leichtigkeit, eine Gewißheit, die alle Gräben überwindet ...

      Auch finde ich eine kleine Kapelle mit zwei stattlichen Bäumen, und hinter dem geschmiedeten Tor, neben dem ewigen Licht, ein Heiligenbild, das Fräulein Maria. Mit geneigtem Kopf und den stillen, ergebenen Augen ...

      Irgendwann

Скачать книгу