Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl

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Der Kronprinz des Selbstvertrauens - Markus Meisl

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zu hören. Es existiert auch eine Toilette auf dieser Ebene, nicht weit und für den Fall des Falles. Ich gehen hin, öffne die Türe und mache Licht; die Luft ist rein, die Kabinen auch. Demnach gehört die ganze Etage mir. Hose runter, Deckel rauf, es geht doch. Was will man mehr...

      ---

      Sodann im Lift. Die Armbanduhr zeigt viertel vor zwölf. Jetzt noch etwas anzufangen, so kurz vor Mittag, es zahlt sich nicht aus. Die elektrischen Türen des Aufzugs haben eine spiegelnde Fläche, so rücke ich meine Krawatte zurecht, bringe meine Fasson in Stellung. Eine Nummer nach der anderen blinkt auf, schließlich mein Stockwerk, ich nehme Haltung an ...

      Dann, Ungewöhnliches im Büro; nicht weit meines Platzes eine Unruhe, die ganze Etage hat sich versammelt. Hat jemand den Stein der Weisen gefunden, den Stern von Betlehem gesichtet? Aber ich kann nichts Besonderes erkennen.

      Ist es uns überhaupt möglich, das Wesentliche stets am Anfang zu erkennen, jene Sternstunden, die gleich der Sonne erscheinen und die Routine beenden? Kann man überhaupt von Schicksal sprechen, wenn Unvermeidliches uns packt, abgerichtet auf unseren DNA-Code?

      Schließlich wird es klarer: mein Chef ist gekommen, um uns zwei neue Mitarbeiter vorzustellen. Alle stehen um ihn, wie um den Mittelpunkt des Colloseums. Er stellt den ersten Jungkollegen vor, ich schüttle seine Hand. Er ist ein unsicherer, etwas steifer Typ mit Brille, zwei Spurrillen zu freundlich. Seinen Namen habe ich sofort wieder vergessen.

      Dann, der zweite Neuzukauf: Isabell Matinell.

      Eine Frau tritt vor. Große Augen, ein magnetisches Lächeln. Das Haar kräftig, mit einem Schimmer. Ohrringe, sehr trefflich, tadellose Kleidung, ein kleiner Wohlstandsbauch. Und der Händedruck: offen und herzlich.

      „Frau Matinell wird uns im Verkauf, in der Abteilung für Wasserbetten unterstützen, „ gibt Chef bekannt, „ sie besitzt mehrjährige Erfahrung und ein Masterdiplom.

      Ich sehe sie an, ohne Unterbrechung.

      Da erinnert sich Chef eines seiner Scherze über Wasserbetten; für die hat er eine besondere Vorliebe und alle Kollegen müssen zuhören. Er baut die Pointe auf, behutsam, mit Bedacht und dann - der goldene Schuß. Die Belegschaft lacht, abrupt und aus vollen Hälsen, denn zehn mal erbrochen - da schmeckt´s am besten. Und die Neue schmunzelt, doch ihre Augen bleiben natürlich, mit eigenem Glanz. Und sie bewahrt tadellos Haltung, innen, sowie auswärts gerichtet.

      Da ist die Vorstellung zu Ende; Chef macht eine zufriedene Bemerkung, begleitet von galanter Gebärde und führt die Neuen weiter ...

      Ich bleibe zurück. Die Gruppe löst sich auf. Immer löst sich alles auf und manchmal, da wachsen Gebirge. Und ich gehe zurück auf meinen Platz, sonderbar gestimmt. Und ich setzte mich, langsam, von sonderbaren Ahnungen umsponnen - etwas Großes erwartet mich, schon bald.

      Und auf dem Schreibtisch ein Stoß von Akten, so hoch wie ein Termitenbau ...

      „ IHR MATERIAL ZUR EVALUIERUNG.

      AN MICH ZU ÜBERMITTELN, DRINGEND!“

      *

      Prüfung hin, Prüfung her. Selbstverständlich. Der Chef hat mir ein Arbeitspensum hinterlassen, das auch mit Überstunden nicht zu bewältigen ist. Aber auch die Personenkontrolle hat sich nun verstärkt und die externen Prüfer der Evaluierung stehen überall zwischen den Schreibtischen, vor dem Gummibaum, am Auswurf vom Fax und sehen sich um. Sie tun ihre Arbeit gewissenhaft, dem Auftrag entsprechend. So wie alle, die morgen noch ihre Krawatte tragen und den Kaffee zu trinken gedenken, nicht wahr? Ein Kontrolleur erscheint über den Pflanzen, wie ein argwöhnischer Mond, er forscht, forsch; doch nichts, er sieht mich nicht, er kann mich nicht sehen. Schließlich, als die Gefahr vorüber, hebe ich meinen Kopf aus der Versenkung. Nun bin ich an der Reihe; mein Auge prüft scharf, aus vermeintlichem Grün: ja, überall herrscht Konzentration auf die Sache, der Hochbetrieb der Köpfe. Es sind große Kräfte, die das zusammen halten, es muß wohl so sein. Aber das ist es ja gerade - seitdem ich sie gesehen habe, bin ich mir nicht mehr sicher. Es ist mehr, denke ich mir, es gibt noch anderes und das ist bald nicht mehr zu halten ...

      Noch am selben Tag Gewinnung weiterer Einsichten. Ich stehe unweit meines Platzes am Kopierer und, wie sollte es anders sein: kopiere. Da kommt mein Chef mit der Neuen, instruierend, belehrend. Am ersten Tag ist alles noch neu, wer kennt es nicht. Ich bleibe unauffällig, er professionell. Mein Chef ist gewandt im Umgang mit Menschen, in seinem Anzug, mit der Designerkrawatte, und die Neue eine Blume im routinierten Stall. Noch nie habe ich derartig Anmutiges gesehen, so schön, so gefaßt. Und dann das Unglaubliche; als die beiden an mir vorbeigehen, an der Rückseite ihres rechten Beins, unter dem Minirock hervorschießend: eine Laufmasche, ein Spalt im Gewebe. Ich erschrecke. Meine Brille, sie läuft an, beschlägt in Rekordschnelle. Als ich sie notdürftig gereinigt und wieder aufgesetzt habe, noch immer dasselbe. Auf bewegtem Fleisch, ziehend über den Schenkel, über die Wade, gar bis zur Ferse: Leck im Strumpf. Und die beiden führen ein informelles Gespräch ...

      Als die Arbeit weiter geht, ereilen mich unerwartet Schwierigkeiten. Die Akten der Evaluierung sind aufwendiger, als gedacht, viele komplizierter. Ich gebe mir Mühe und versuche, einen klaren Kopf zu bewahren - das ist wichtig. Posten hin, Posten her, hier eine Verknüpfung, dort ein Korrektiv. Und dennoch, wandelnd durch kühle Berechnung, durch Formationen von Zahlen, durch Berge von Arbeit: diese Beine.

      Und ich begreife, mit einem Lächeln und dem zarten Anflug von Verständnis: sie haben ein Strumpfproblem ...

      Schließlich Ende des Tages.

      Die Evaluierer haben große Arbeit geleistet und das meiste des Betriebes gefilzt, alles im Dienste der Sicherheit. Nichts Anstößiges wurde gefunden, die Struktur ist soweit in Ordnung. Außer ein paar Kleinigkeiten, die notiert und dem Protokoll mit allen Einzelheiten zu entnehmen sind. Aber nichts, das nicht mit Hausverstand und einem gutem Willen zu bewältigen wäre!

      Entspannung tritt ein. Überall sieht man es, fühlt man es. Die Bewegungen der Kollegen sind gelöster, die drohende Wolke des Mißtrauens und möglicher Beschämung ist abgezogen. Haben es nicht alle gewußt: kein Grund zur Beunruhigung, nicht bei uns!

      Nun ist es an der Zeit, den Tag gebührend zu beenden. Ich gehe auf´s Klosett und fülle zwei Gießkannen mit Wasser, denn es ist meine Aufgabe, in unserer Abteilung die Pflanzen zu gießen. Natur und Vegetatives zur Belebung, Gummibäume, Farne, Philodendron. So beginne ich am Gang, der durch große Fenster das Licht in alle Ecken bringt. Überall hin soll das kostbare Naß, an den Seiten, hinten und vorne, am Stamm; kein Topf soll vergessen werden. Ich beuge und strecke mich, drücke Äste zur Seite, mein Kreuz ist beweglich, manche Stellen nur schwer erreichen – und wenn nicht von vorne, sodann am besten: von hinten. Und ich strecke mich besonders weit hinein, da bin ich verschwunden ...

      Nach wenigen Minuten kommt Bewegung auf den Gang, Stimmen, Schritte. Es ist mein Chef und: er ist motiviert:

      "Sie wissen ja, liebe Kollegin, daß ich Trägheit und Trödelgeister einfach nicht dulden kann, auch keine Dumpfbacken; ja, liebe Frau Matinell, es sind nicht die Blindläufer, die diesen Betrieb dort hin gebracht haben, wo er heute steht, es waren hart arbeitende Leute, Frauen und Männer von einem Schlag, den man heute meist vergeblich sucht."

      Und die Neue nickt und versteht es und Chef bleibt plötzlich stehen, wie um seinen Standpunkt nochmals zu bekräftigen - "Und es wird mir ein Anliegen sein, alle anderen Elemente, die das nicht so sehen, verstärkt zu finden und: zu fassen!"

      Und ich blicke hinter dem Gummibaum hervor und erkenne, von Atemlosigkeit überwältigt - diese Beine, so schön, so edel und diese

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