Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl
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Da bewegt sich etwas hinter den Blumen - es ist klein, unsicher und tastend. Und dann, die Überraschung: ein Kätzchen, wohl erst wenige Wochen alt. Ich bleibe in der Reserve, beobachte es und bin berührt von diesem kleinen Wesen, es wirkt noch so zerbrechlich; aber dann kann ich nicht anders und hebe es hoch. Ich muß es einfach streicheln und halten, herzen und kosen. Es weiß noch so wenig von der Welt und bedarf der vollen Fürsorge. Hast du dich etwa verlaufen, deine Mutter verloren? Weißt du, wie du wieder zurück findest? Momentan habe ich das Gefühl, die Obhut für dieses Tierchen übernehmen zu müssen. Aber da fällt mir ein: alle Kinder unterstehen einem besonderen Schutz und nur wir Erwachsenen sind es, die zuweilen den Sattel verlassen. Ich setzte das Kätzchen wieder ab und schon hat es mich wieder vergessen und ist ganz eingenommen vom Licht und Schatten, aber schon auf sicherem Weg, seine Instinkte zu entwickeln.
Endlich kommt die Kellnerin auf dem knirschenden Kies; sie ist sehr freundlich und ihre Beine - aus vortrefflicher Werkstatt. Auch die Brüste, sehr ansehnlich, ausgezeichnet für meinen Ausflug; ich bestelle einen Kaffee mit Kuhmilch, noch frisch und warm; der Kellnerin auf dem Rückweg zur Küche nachzusehen, es kostet nichts.
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Als ich meine städtische Wohnung erreiche, ist schon Abend. Ich trete in das Vorzimmer und tausche den Sturzhelm gegen die Filzpantoffeln. Gleich in der Küche erwarten mich Max und Moritz, meine beiden Goldfische. Sie geben mir das Gefühl, nie alleine zu sein. Max und Moritz leben in einem Aquarium mit Stein und Pflanze und haben Spaß; ich gebe sehr darauf acht, daß sie sich wohl fühlen und keine Beschwerde vorbringen. Eine Wasserpumpe sorgt für frische Sauerstoffzufuhr.
Aber auch meine Küche ist ein Ort des Wohlbefindens, von wo ich den Gang der Geschichte verfolge. Alles was ich dazu benötige, ist eine Auswahl von Tageszeitungen, begleitet von Genuß und Speise.
Alles beginnt am Herd. Ich öffne zwei Packungen Tiefgefrorenes, Vollkornlaibchen und Pommes, und schiebe den Inhalt, gleichmäßig verteilt, ins Backrohr. Dann wasche und schneide ich einen Kopfsalat und versetzte ihn mit Essig.
Noch ein Blick auf das Geschehen im Backrohr, die Pommes lassen schon einen knusprigen Rand erahnen, dann kommen die Goldfische dran. Ich gehe zum Aquarium und greife ins Wasser; ich sehe, die Pumpe ist intakt, das ist wichtig, denn die Tiere reagieren sensibel; sodann fallen Flocken von Fischfutter, nur die allerbeste Marke. Max und Moritz sind alarmiert, ruckhafte Bewegungen und schon zeigen die Fischleiber ihre kleinen Mäuler. Ich liebe diese Tiere mit ihren effizienten Bewegungen und der glänzenden Haut. Es ist eine Schönheit - frei von allem Affekt.
Endlich sind die Laibchen und Pommes durch. Ich schütte alles auf ein großes Teller und mache es mir gemütlich. Dazu Salat, ein Krug Limonade und die Zeitungen. Zur Hebung der Atmosphäre zünde ich drei Kerzen an, die in einem prunkvollen Ständer stehen, ausgezeichnete Handarbeit; Florenz, 17. Jahrhundert - sagt mein Mann vom Flohmarkt.
Es beginnt.
„WIEDER UNRUHEN AUF DER STRASSE, ARBEITSLOSIGKEIT SO HOCH WIE NIE!“
Ich streue Salz auf die Pommes und drücke aus der Flasche Ketchup und Majonäse; nicht zu wenig.
„LEBENSMITTELPREISE WIEDER GESTIEGEN!“
Ich steche ein Stück vom Kornlaibchen ab und lasse es im Tiefflug über die Soße gleiten und sodann in meinem Mund verschwinden, endlich Kontakt mit Futter und Würze, Speichelflutung im gesamten Mundraum. Gleich darauf ein großer Schluck von der Limonade, Vermählung der Sinne, Ausgleich der Kräfte. Dann fasse ich mit der Gabel einen Schwung Pommes, herzhaft und gut.
„WIEDER DEMONSTRATIONEN VOR DEM PARLAMENT, POLIZEI MUSSTE EINGREIFEN!“
„KLIMAWANDEL SCHNELLER ALS BERECHNET, HURRIKAN ÜBER LONDON!“
Ein Laibchen um´s andere zerteilt sich, verschwindet von meinem Teller, gefolgt vom knackigen Salat, der Berg aus Pommes schrumpft, Majo und Ketchup vermischen sich, Hochzeit aus Rot und Weiß, Salz auf das Brot des Sündenfalls.
Schließlich komme ich auf ruhigeres Terrain und widme mich den allgemeinen Meldungen; nun gilt es, die letzten Reste der Mahlzeit zu bergen und nichts von der Soße zu verschwenden. Die Kerzen werfen ein romantisches Licht, auch habe ich ein Gläschen Absinth vorbereitet.
„LADY OPIUM, DIE GROSSE SCHAUSPIELERIN - DRITTE BRUST-OP IN EINEM JAHR!
OBERWEITE AUF 110 GEWACHSEN!“
Ich kippe den Absinth in einem.
Dann folgt Joghurt mit Früchten, Rendezvous von Himbeeren und Brombeeren, dazu passend die Witzseite.
Nun sitze ich schon sehr tief im Sessel, bis in die Zehennägel befriedigt. Mein oberster Hosenknopf und sein Schlitz, sie haben den Wunsch - sich zu trennen, auch ohne Beziehungsärger. Und ich rühre in den Resten des Joghurts, wie in meinen Gedanken; vor einer Stunde stehe ich hier nicht auf.
Nun ist es an der Zeit, das Fernsehprogramm zu nehmen und mit Rotstift die neuesten Filme und Sendungen zu orten: Dokumentationen und Horrorfilme, Action und Serienspaß, dazu die neuesten Nachrichten aus der Welt der Prominenz. Ich genieße diesen Gang besonders, das Leben kommt aus den Glanzgruben der Unterhaltungswelt, Magen und Darm, Galle und Leber tun das ihrige, es ist wirklich erholsam. Auch Max und Moritz halten nun Feierabend, ruhig schwebend im Wasser, in ihrem Element, es sind nur die sparsamsten Bewegungen, die sie vollführen; die Uhr, man hört sie ticken.
Was kann den Abend jetzt noch erschüttern? Ich meine, es ist ein Hauch von Vollkommenheit.
Schließlich stehe ich auf, der Knopf und sein Loch, sie halten zusammen. Ich gehe in den Vorraum, werfe einen Blick in den Spiegel. Mein Gesicht: wie immer. Zwei Augen, zwei Lippen, die Nase davor. Dann nehme ich die Jacke vom Haken und verlasse die Wohnung ...
Draußen empfängt mich der Abend, der Himmelsbogen; die Straßen schweigen, die Sterne funkeln. Schließlich erreiche ich die andere Seite des Hofes und öffne die Türe. Über eine Treppe gelange ich in den Keller und zu einer weiteren Türe; eine Schnalle, ein Lichtschalter und die Lage erhellt sich.
Ich trete ein. Alle Wände des Raumes sind geschmückt, der Boden aus solidem Betongrund. Vorne an der Wand steht ein Podest. Davor eine Kamera mit Dreibein und sexy Netzstrümpfen.
Es geht los.
Ich öffne mein Hemd, Knopf für Knopf, von oben nach unten. Meiner Sache sicher, öffne ich auch den Gürtel, die Hose, das Uhrband. Nur das Höschen bleibt dran. Dann gehe ich zum Schrank, fasse einen der Kleiderbügel und ziehe ein weißes Kostüm hervor: es ist hauteng und hat Stickereien von Gold und Silber. Es anzuziehen, ist die Metamorphose; jede Unebenheit wird geglättet, jede Motte erschreckt. Dann noch die Perücke mit den unvergesslichen Kotelleten!
Und fertig: Elvis Presly, the King of Rock´n Roll!
Zur Aufzeichnung meiner Arbeit stelle ich die Kamera ein und prüfe die Linse - denn die künstlerische Qualität, sie will erarbeitet sein! Behutsam nehme ich die Gitarre, werfe den Riemen über die Schulter und besteige das Podest.
Begrüßung des Publikums! Eine jubelnde Menge füllt die Halle bis auf den letzten Platz, auch die Mäuse vom Keller verlassen das Loch. Die Atmosphäre ist geladen, ist positiv - es müssen Tausende sein, unter dem Licht der Scheinwerfer! Ich begebe mich in Stellung und beginne mit einem alten Hit. Schon nach den ersten Akkorden klatscht und quietscht das Publikum, unter dem Eindruck der Wiedererkennung.