Der Kronprinz des Selbstvertrauens. Markus Meisl

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Der Kronprinz des Selbstvertrauens - Markus Meisl

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wirklich einmalig und wenn wir uns beeilen, können wir noch rechtzeitig zurückkehren, ohne daß es auffällt?

      Sie reagiert unschlüssig. Ein Juwel der Natur, ein schöner Ort? Doch dann wagt Isabella das Abenteuer und Fräulein Blau verrät uns nicht.

      Und das geht so: wir verlangsamen unseren Schritt, nur ein wenig, so daß es niemand merkt. Dann, an einer unübersichtlichen Biegung: rein in den Wald. Von einem Moment auf den anderen sind wir in einer anderen Umgebung. Die Äste hängen tiefer, der Pfad ist steiler. Und unser Tritt, er wird rascher. Mit einem Mal steigen wir den Weg bergan mit abenteuerlichen Kräften. Das Harz duftet überall, am Wegrand der Specht und weiter drinnen im Gehölz, das Rascheln der Wildschweine. Ich kenne die Abkürzung aus früheren Wanderungen und Isabella hält Schritt, tadellos - ihr Naturell beweist den gesunden Kern. Unser Ausflug führt uns an einen Platz, der auch Versierte noch überraschen kann. Nach etwa einer halben Stunde Anstieg setzt es ein; die Bäume werden anders, geheimnisvoller, Blumen und Gräser erscheinen verändert und die Moospolster, doppelt so groß wie sonst, gut zum Liebe machen. Dies ist der Ort, wo es noch Füchse gibt mit Hasenohren und bunten Schnauzen, wo die Mäuse noch kleine Geweihe haben und Ameisenhaufen rosa Zuckergüsse; und vor manch verirrtem Wanderer stand schon, plötzlich hinter einer Biegung, zu nebeliger Stund: ein alter Kintole.

      Wir bewegen uns langsamer und kommen an eine Schwelle, wo sich der Raum öffnet.

      Und dann, wie eine Offenbarung, ein Wunder; wir stehen auf einer Lichtung und darauf ein einzelner Baum, von erstaunlicher Größe. Ich nehme meinen Hut ab, um die Ehre zu erweisen, alle Abzeichen verblassen. Isabella staunt; ich wußte, daß es ihr gefallen würde. Nun nähern wir uns, der Lage angepaßt. Es ist ein Platz von besonderer Energie, ein heiliger Ort, wohl schon von den Kintolen besucht. Der Baum ist ein Medusalem, mit Ästen, dick und knorrig, gewachsen in der Zeit der alten Bergsagen. Und die Rinde, von allen Wettern gegerbt. Isabella tritt vor; sie zollt dem Ort Achtsamkeit und Ehrfurcht und legt ihre Hand auf den Stamm. Und so beginnt sie zu fühlen, konzentriert und zärtlich, mit geschlossenen Augen. Sie fährt nach oben, fährt nach unten und wieder hinauf und dann, es kommt ganz sanft, umarmt sie Medusalem. Jetzt komme ich nach, vorsichtig, um die zwei nicht zu stören und öffne meine Arme - auf der anderen Seite des Riesen. Und so tun wir es: Liebe mit dem Baum, Walderotik; streichend über phantastische Oberflächen, auf verschlungenen Pfaden. Ein Dreier ohne Reue. Und von Isabella: nur einen Festmeter entfernt. Ich steige tief hinunter ins Gefühl, in die vegetative Welt und dann, wie getragen, wieder an die Oberfläche. Als wir unsere Augen öffnen, ist es das Wunder. Jeder hat es gespürt. Die Kraft, das Organische, die Verbindung.

      Isabella strahlt und spiegelt mir das Erlebte. Die Waldprinzessin - mit Bestimmtheit ernannt, von allen Tieren und Zwergen. Da entdeckt sie etwas am Waldrand, augenblicklich, und wechselt ihre Aufmerksamkeit; es scheint klein zu sein und womöglich bedürftig.

      Sie läuft voran. Und tatsächlich, unter einer breiten Tanne: ein Reh, das sich in den Stäben einer Krippe verfangen hat. Wir nehmen einen dicken Ast und klemmen ihn zwischen die Stäbe, um mit Hebelkraft den Klammergriff zu lockern. Als dies noch zu wenig ist, nimmt Isabella einen Stein und klopft gegen die böse Latte. Das bringt die Entscheidung. Das Reh kommt frei; und läuft los, programmiert zu flüchten. Nur an der Stelle, wo das Dickicht beginnt, hält es kurz inne und blickt noch einmal zurück: um Danke zu sagen. Da sehn wir uns an, mit einem Gefühl der Freude und dem schönsten Lächeln über tausend Höhenmeter, das ich jemals erhalten.

      Und so laufen wir weiter, über Walderde und würziges Moos, Kinder des Waldes. Als wir an die Baumgrenze gelangen und sich allmählich die Höhe öffnet, ziehe ich meinen Feldstecher aus der Tasche. Ich bleibe stehen und peile aufwärts. Und es braucht nicht lange und mein Fernglas bekommt die Beute: am steilen Kamm: Chef - mit aufrechtem Gang und Gamsbart - zielstrebig nach vorne strebend und hinten nach die Belegschaft, mindestens die Hälfte übergewichtig, mit X-Large-Hosen und riesigen Schweißflecken. Es ist ein Plackern und Mühen, ein ehrliches Wandern, daß links und rechts die Kilos nur so purzeln. Ich gebe Isabella das Glas zur Orientierung – sie sieht es auch - und muß lachen; oben am Gipfel werden alle schlank sein und die Hosen um die Hüften schlottern!

      - - -

      Wenige Minuten später ist die Gruppe eingeholt und niemand hat uns vermißt.

      Als wir die letzten Meter machen, vor dem magischen Punkt, ist es Chef, der als erster das Gipfelkreuz berührt und er hat uns nicht zu viel versprochen. Es ist Kaiserwetter und von hier oben ein Panorama, das einem die Luft weg bleibt: schneebedeckte Felsen, majestätische Gipfel und alles von ungewöhnlicher Tiefe und Fernsicht. In die abgequälten Gesichter kommt Aufhellung und ein sublimes Staunen, selbst im häßlichsten Gesicht. Wahrlich, vor uns, eine wahres Panoptikum - der Alpenschönheit!

      Chef steht da mit Gamsbart, vor der blauen Kulisse, wie ein Feldherr. Eine Einführung beginnt, um vorzustellen, ja - wem Vorstellung gebührt!

      Das Weißhorn, deutet er in die Ferne und weist auf einen der Berge, der aus dem Rondeau glitzert, um dann im Brustton und bei aller Bescheidenheit zu verkünden: schon bestiegen.

      Fräulein Krüger steht daneben und läßt ihn reden. Im Protokoll vermerkt sie die wichtigsten Stationen.

      Und weiter, ihre Majestät, die Wildspitze – und wieder, nach dem Einlegen einer kunstvollen Pause: ... schon bestiegen.

      Gleich in der Verlängerung, der Schneekaiser, ... eine reguläre Route, zwei, drei anspruchsvolle Wände, aber auch die legendäre Teufelsrinne, ... alle bestiegen.

      Und ich sehe Fräulein Krüger daneben, mit dem Protokoll und ihrem dicken Arsch und denke mir: zwei, drei Routen, mindestens. Auch schon bestiegen?

      Aber nein, ich weiß es nicht!

      Und: ich will es mir nicht vorstellen.

      Chef ist ganz versunken in Erinnerung und ein verklärtes Lächeln auf seinen Lippen; so viel Abenteuer, so viele Kilometer.

      Doch bevor es zu persönlich wird, die moralische Bremse und er setzt fort, seiner Vorliebe getreu.

      Wie erklommen die ersten Bergsteiger die Gipfel? Wie überquerten Waren vor dreitausend Jahren die Alpen?

      Dazu braucht er einen Freiwilligen.

      Meisl?

      Ich trete nach vor.

      Chef packt aus seinem Rucksack ein Bündel Seile, gedreht aus Hanf, wie es die Bergsteiger der Pionierzeit benutzten. Er will beweisen, daß auch das alte Material von hervorragender Qualität war und bei extremen Bedingungen hielt. Dazu nimmt er das eine Ende des Seiles, ich bekomme das andere; nun bindet er sich den Strick um die Hüften, in einer komplizierten Technik und geht damit an den Rand des Berghangs, wo die Steine ein lockeres Leben führen und Räder sofort ihre Kür erfüllen. Dann legt er sich kräftig in die Riemen! Ich binde mein Seilende um einen Felsblock, wickle zwei Mal herum und halte mit voller Kraft dagegen - dies ist der Punkt, wo Chef den Beweis erbringt. Er wirft sich immer fester in den Gurt und deutet mit großen Gesten auf die Festigkeit des Materials. Und mir deucht, ich werde schwächer und müder und das Seil um den Stein lockerer und lockerer; plötzlich wird mir schwarz vor Augen und ich muß mich hinsetzen, ein wenig rasten ...

      Die zweite Vorführung betrifft Methoden des historischen Handels. Wie wurden Waren der Vorzeit transportiert? Auf Kraxen und Maultieren; nur für zähe Naturen und so schwer, daß die Waden der Lastenträger beträchtlich anschwollen, auf doppelten Umfang - und das schon auf der Hälfte des Weges.

      Die Demonstration erfolgt virtuell. Ich muß mich zu Boden knien, damit Chef zeigen kann, wie ein zweiter Mann derartige Warengrößen auf den Rücken

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