Der schwarze Mond. Gabriele Beyerlein
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Und ich sehe, wie der Ritter schwerfällig zu einem Pferd geht, das wenige Schritte von uns entfernt an einem Baum angebunden ist, wie er ein Seil vom Sattel nimmt, den Jungen mit dem Seil fesselt und ihn hinter dem Sattel auf das Pferd bindet. Der Junge schreit nach seiner Mutter. Da stopft ihm der Ritter ein Stück Stoff in den Mund. Dann geht er klirrend zu dem kleinen Stall neben der Hütte, tritt die Tür ein, zerrt eine Kuh heraus und zieht sie an ihrem Strick hinter sich her.
Die Mutter des Jungen hat sich inzwischen aufgerappelt, sie will dem Reiter den Weg versperren, aber der Ritter schlägt sie so, dass sie wieder zu Boden fällt. Dann bindet er die Kuh an seinen Sattel, steigt auf einen Baumstumpf, schwingt sich auf das Pferd, greift die Lanze, die an einen Baum gelehnt ist, und reitet in den Wald.
Die Frau kommt taumelnd in die Höhe, reißt sich an den Haaren, schluchzt laut und rennt ihm nach, stolpert, fällt hin. Sie richtet sich auf die Knie auf und schreit hinter ihm her: „Der Tag wird kommen! Die Zwillinge sind schon geboren!“ Dann bricht sie zusammen und weint nur noch.
Ich kann es nicht fassen. Vor meinen eigenen Augen wurde ein Kind entführt, eine Junge von sechs, sieben Jahren!
Aribor nimmt seine Hand von meinem Mund. Da brülle ich los: „Wieso habt Ihr nichts getan, warum habt Ihr dem Jungen nicht geholfen, da entführt einer ein Kind und schlägt dessen Eltern nieder, und Ihr, Ihr steht hier und schaut zu! Ihr könnt doch zaubern, warum zaubert Ihr jetzt nicht! Macht etwas, damit der Junge wieder frei wird!“
Er antwortet kühl: „Sieh an! Jetzt begehrst du, dass diesem Knaben des Köhlers geholfen wird! Solange du selbst nichts wagen musst, nicht wahr? Wer ergriff denn vor der Höhle die Flucht, als gingen die Hilfeschreie der Knaben ihn nichts an?!“
Ich kriege einen heißen Kopf. Ich muss etwas sagen. Aber ich weiß nicht, was.
Aribor sieht mich an, als könne er mir ins Innerste schauen. Mir wird immer heißer. „Nun schweigst du! Beschämt, wie ich hoffe. Wenigstens Trost hättest du ihnen spenden können, das wäre das Mindeste gewesen, nicht wahr? Ihnen versprechen, dass du Hilfe für sie holst. Es wäre Balsam gewesen für ihre geängstigten Seelen!“
Ich beiße die Zähne aufeinander. Und nicke. Er hat ja Recht.
„Jeder soll tun, was in seiner Macht steht“, sagt Aribor streng. „Auch die meine ist nicht unbegrenzt. Der Medicus ist ein mächtiger Gegner, dessen Zauberkünste in vielem meine Kräfte übersteigen. Hätte mich der Medicus sonst vor deinen Augen mit einem Kampfzauber niederstrecken können, sodass ich mich Stunden in Krämpfen winden musste?! Und gegen die Streitmacht schwarzer Krieger des Herzogs kann ich nichts ausrichten – mir stehen gerüstete Heerscharen ebenso wenig zu Gebote wie Kampfzauber. Wozu sollten sie auch dienen! Wir Elfen bekriegen einander nicht und mit Menschenhändeln haben wir nichts zu schaffen! Einmal mehr sehe ich wieder: Es bringt nichts als Unheil, sich mit Menschen einzulassen.“
„Aber“, ich schlucke, „aber warum habt Ihr dann mich geholt?“
„Weil ich die Not des armen Volkes und das Elend dieser Knaben nicht länger ansehen konnte. Und weil der Herzog den weißen Hirsch gejagt und getötet hat, meinen liebsten Gefährten. Da schwor ich dem Herzog Rache und verknüpfte meinen Racheplan mit der Rettung dieser Geschundenen. Was prophezeit ist, muss geschehen. Und es kann nur durch dich geschehen, denn du bist ein Teil der Prophezeiung. Begreifst du?“
„Nein, nicht so ganz.“
„Du wirst es begreifen müssen, denn nur wenn du getan hast, wozu ich dich herbeigerufen habe, werde ich dich wieder in deine Heimat entlassen!“ Damit dreht er sich um, geht über die Wiese zu der Hütte und beugt sich über den noch immer am Boden liegenden Mann.
Ich stehe sprachlos da. Wirklich ich soll es sein, der verhindern kann, dass eisenbepackte Ritter arme Jungen entführen und sie in einer finsteren Höhle einsperren? Ausgerechnet ich?
Schnell renne ich hinter dem Elfenkönig her. Er hat inzwischen dem Mann aufgeholfen, der aus einer Kopfwunde blutet, und führt ihn zu der Bank vor der Hütte. Dort hält er seine Hand über die Wunde, die sofort verheilt.
„Sagt mir, was ich machen soll!“, stoße ich hervor.
Er erwidert nichts als: „Folge mir zur Menschenkönigin!“
Wieder laufen wir durch den Wald.
Von welcher Prophezeiung ist hier dauernd die Rede? Und was hat sie mit mir zu tun? Wenn ich ein Held wäre wie Herkules. Und Kräfte hätte wie Superman. Aber so! Wo sogar mein eigener Vater manchmal findet, dass ich zu feige bin.
Wir erreichen eine große Lichtung. Die Morgensonne glitzert im Tau. Inmitten von Feldern steht ein winziges Dorf mit ein paar niedrigen strohgedeckten Häusern aus Holz oder Fachwerk. Sie sehen aus, als wollten sie im nächsten Augenblick aus Altersschwäche zusammenfallen. Ein paar Schweine, Hühner und halb nackte, kleine Kinder laufen herum, sonst ist niemand zu sehen.
Aribor zeigt auf das Dorf: „Gehe zum ersten Haus! Dort wird dir dein Weg gewiesen werden!“ Er legt mir kurz die Hände auf den Kopf und hängt mir eine Kette um, einen runden Stein mit einem Loch drin, durch das ein Lederband gezogen ist. Dann schiebt er mich von sich weg und verschwindet ohne ein weiteres Wort im Wald.
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