Mord(s)-Geschichten zwischen Nord- und Ostsee. Rainer Ballnus
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Die wohl ‘dienstälteste’ Bankräuber-Anwärterin trat aus dem Schatten des Hauseinganges. Der letzte Kunde hatte gerade die Bank verlassen. Gelassenen Schrittes ging sie auf den Haupteingang der Bank zu. Sie sah nicht die dunkle Gestalt hinter einem Baum, die sie aufmerksam verfolgte.
„Hände hoch und alles an die Wand! Los!! Los!!“
Elfriede Klawuttke erschrak selbst bei ihren Worten. Ihre Stimme hatte sich beinahe überschlagen und reichlich schrill geklungen. Doch die Wirkung blieb nicht aus. Die drei Bankbediensteten und der Kassierer schauten sie erschrocken an und nahmen langsam ihre Hände in die Höhe.
Na also, dachte Elfriede, es klappt doch.
„Hier! Alles Geld in diesen Beutel! Aber dalli!!“
Mit aller Kraft warf sie den Leinenbeutel über die Glassicherung in die Box des Kassierers. Sie trat noch einen Schritt zurück, um alle besser im Auge zu haben. Ihr lief die Nase. Mit der freien Hand griff sie in die Manteltasche und zog ein Taschentuch heraus und schnäuzte sich die Nase. Sie merkte nicht, dass sie einen Zettel mit herausgezogen hatte und dass dieser auf den weichen Teppichboden flatterte.
Der Kassierer machte gerade Anstalten, den gefüllten Beutel unter dem Geldeinschubfach hindurchzuschieben, da passierte es. Ein kräftiger, junger Angestellter kam langsam hinter dem Tresen hervor und ging auf die Bankräuberin zu.
„Hören Sie, meine Dame, es...“
„Bleiben Sie stehen, junger Mann. Ich verstehe keinen Spaß!!“
Elfriede Klawuttke stockte der Atem. Darauf war sie nicht vorbereitet. Was sollte sie machen, wenn er weiterging? Sie richtete den Revolver auf den jungen Mann, doch der ließ sich nicht beeindrucken. Ihre Hände begannen zu zittern. ‚Der spürt doch bestimmt meine Angst’, dachte sie. Sie räusperte sich vernehmlich und straffte ihren Körper. Ihr Finger lag am Abzug. Wie automatisch krümmte sie ihren Finger und wurde selbst von dem Schuss überrascht.
Leichenblass stand der junge Mann vor ihr. Von der Decke rieselte der Putz. Dort war die Kugel eingeschlagen. Elfriede konnte nicht mehr. Ihre Knie wurden weich. Sie wollte aufgeben. Doch in diesem Augenblick war die Schwingtür im Windfang deutlich zu hören. Die Blicke von allen Bankangestellten gingen zur Tür. Elfriede wagte nicht, sich umzudrehen.
„Das könnte Ihnen so passen! Zurück hinter den Tresen! Und her mit den Geld! Hopp! Hopp!!“
Die Bankräuberin riskierte einen Blick. Ein Mann, schwarz gekleidet und maskiert stand fast neben ihr und hielt ebenfalls eine Schusswaffe in der Hand.
Der Kassierer beeilte sich, den Beutel ganz durchzuschieben. Der Mann neben ihr ging schnellen Schrittes auf die Kassenbox zu, griff sich den Beutel und zog die völlig irritiere Banklady mit sich.
Zwei Menschen keuchten mit ihren Fahrrädern durch den Wald. Elfriede konnte nicht mehr. Sie bremste und ließ sich auf den kalten und nassen Waldboden fallen. Der Mann hielt und kam zurück.
„Wer...wer sind Sie?“ Elfriede Klawuttke war kaum in der Lage zu sprechen.
„Ihr Komplize“, meinte der Mann leise, und dann riss er sich die Maske vom Kopf.
„Karl...du?“
Elfriede schluckte. Vor ihr stand Karl Steinwandt, ihr Nachbar. Er lachte laut auf.
„Da staunst du nicht wahr?! Du hattest mir das alles erzählt, mit Gerlinde und so. Na ja, und du hast beim letzten Mal so komische Andeutungen gemacht, wie man an Geld kommen kann und da habe ich dich nicht mehr aus den Augen gelassen, und dann war mir alles klar.“
„Und dann hast du...“
„Ich konnte dich doch nicht allein lassen, und du hast ja gesehen, wie nötig es war. Du hättest doch beinahe aufgegeben.“
Elfriede konnte es immer noch nicht fassen. Karl ergriff ihren Arm.
„Komm steh’ auf, ich bin neugierig, wie viel Beute wir gemacht haben.“
Zwei Männer warteten im dunklen Hausflur. Plötzlich sahen sie die Lichter zweier Fahrräder.
„Sie kommen“, meinte der eine.
Die Haustür wurde aufgeschlossen und eine Hand tastete nach dem Lichtschalter.
„Frau Klawuttke, Elfriede Klawuttke?“
„Wer sind Sie? Was wollen Sie?“
„Fellensiek mein Name und das ist Kollege Sauer. Wir sind von der Kripo und...“
„Aber...aber...wie sind Sie...ich meine...“
„Sie haben Ihre Visitenkarte in der Bank zurückgelassen.“
„Visitenkarte, ich versteh’ nicht.“
„Na ja, Frau Klawuttke, aus Ihrer Manteltasche, da ist ein...“
„Halt, Sie brauchen gar nicht weiterzureden. Der Kontoauszug. Es muss der Kontoauszug meiner Bank gewesen sein. Mensch Karl, alles umsonst!“
Der Kommissar nickte und meinte trocken:
„Womit der Spruch - Alter schützt vor Torheit nicht - volle Gültigkeit hat.“
Das Ritual
Wolfgang Berner witterte ein gutes Geschäft. Der Kunde, ein schwerreicher Industrieller, suchte ein Versöhnungsgeschenk für seine Frau, wie er sich ausdrückte. Berner musste innerlich grinsen. Wahrscheinlich hatte sie ihn mal wieder mit seiner Sekretärin erwischt, und er hatte einiges gutzumachen.
„Wenn Sie hier bitte schauen wollen.“
Der Juwelier präsentierte professionell auf der Samtunterlage ein paar hochwertige Perlenketten. Der Firmenboss nickte beifällig und ließ die Perlen prüfend durch seine Finger gleiten.
„Wirklich, ausgezeichnet. Ich glaube...“
Er hielt inne, denn in diesem Augenblick riss ein Unbekannter die schwere Eichentür zum Geschäft auf und erst dann zog er mit der Linken seine Strumpfmaske vollständig über den Kopf. In der anderen Hand hielt er einen Revolver und bedrohte den Juwelier mit seinem Kunden sowie die Angestellte, die damit beschäftigt war, eine Vitrine neu zu gestalten.
„Hände hoch! Alles hier in die Ecke! Rasch! Rasch!“
Der Kunde und die Verkäuferin reagierten sofort, doch der Juwelier machte einen Schritt nach vorn und es sah so aus, als wollte er nach der Waffe greifen.
„Mensch, machen Sie keinen Blödsinn. Sie kommen hier sowieso nicht heraus. Ich...aaaah!“
Der Räuber hatte blitzschnell reagiert und mit dem Revolverknauf zugeschlagen. Berner sackte in sich zusammen.
„Sie da“, und der Ganove deutete mit dem Lauf auf die Verkäuferin,