"Und ich lebe noch!!°. Ines Vasku

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      Zu Beginn der Hauptschulzeit hatte ich noch die Hoffnung, dass ein Schulwechsel und gleichzeitiger Ortswechsel, alles besser machen würde.

      Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich das Gebäude meiner damaligen Privathauptschule zum ersten Mal sah. Von Anfang an hinterließ es einen drückenden und finsteren Eindruck.

      Hätte ich damals schon gewusst, dass auch die Jahre so finster wie das Objekt werden sollten, hätte ich, zumindest so gut es eben für meine Verhältnisse möglich gewesen wäre, die Flucht angetreten.

      Schon beim ersten Gespräch mit der Direktorin, ob denn ein Kind mit Behinderung hier zur Schule gehen dürfe, lag nicht unbedingt Harmonie in der Luft.

      Zumindest wurde die Zusage getätigt, dass man Rücksicht nehmen würde und jeder wusste, dass ich mit vielen Krankheiten zu kämpfen hatte.

      Die Rücksichtnahme war schon bald vergessen und krankheitsbedingte Ausfälle wurden ständig und wiederholt vorgehalten.

      Stimmen wurden sogar laut, dass die Schulzeit wegen meiner vielen Fehlstunden gar nicht angerechnet werden sollte. Obwohl ich mich bemühte, stets alle Tests und Schularbeiten so gut wie möglich nachzuholen, manchmal sogar mit zwei Prüfungen an einem Tag, meinten ein paar Lehrer, meine Noten wären nicht bewertbar.

      Mein Klassenvorstand zu Beginn war ein sehr junger Lehrer, damals sogar Österreichs jüngster Lehrer. Mit ihm habe ich einige Hochs und Tiefs erlebt. Einerseits war er sehr nett und bemüht, andererseits hat er mir teils Dinge an den Kopf geworfen, die für mich unverständlich waren und gleichzeitig das Gefühl erzeugten, ich sei eine Last und anstrengend für ihn.

      So zum Beispiel kassierte ich eine Rüge, weil angeblich nur wegen mir eine eigene Konferenz abgehalten werden musste. All diese Anschuldigungen machten sich dann ebenfalls wieder körperlich sichtbar.

      Dann gab es wieder Phasen, vor allem als mein Tochter-Mutter-Verhältnis nicht so gut war. In dieser Zeit unterstützte er mich einfühlsam.

      Außerdem kann ich mich noch sehr gut an einen lustigen Tag auf der Landschulwoche erinnern.

      Liebes Tagebuch,

      Die Landschulwoche ist bis jetzt ganz nett, es ist schön hier. Heute wars besonders lustig. Alle Kinder waren unterwegs, nur Christina, eine Schulkollegin und ich sind in der Hütte geblieben. Die zwei anderen Mädels haben sich verletzt und darum ist auch der Lehrer dageblieben. Wir hatten eine Menge Spaß, unser Lehrer hat mit uns Gstanzl gesungen - über jeden Schüler einen eigenen Text. Das war echt zum Zerkugeln.

      Außerdem haben wir abends ein Spiel gespielt, das unsere Klassengemeinschaft stärken soll. Dazu haben wir ein Luftballon-Bett gebaut. Und weil ich schon so müde war, habe ich mich darauf gelegt. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen - aber ich weiß, dass mich der Lehrer zugedeckt hat. Finde ich total nett von ihm, richtig fürsorglich.

      Ich vermute, dass sehr viele Menschen einen Zwiespalt mit sich selbst haben. Einerseits sind sie von Mitleid befallen und versuchen zu helfen, andererseits ist ihnen der Umgang mit mir vielleicht zu anstrengend und überfordernd?

      Es wirkt oft so, dass Menschen, die mir zu nahe kommen und sich mit einer Situation wie meiner auseinandersetzen müssten, ganz schnell wieder Abstand suchen und nehmen.

      Vielleicht ist es die Angst, zu viel zu sehen? Oder die Furcht, dass man diese Eindrücke nicht verarbeiten oder gar wieder loswerden kann? Oder aber es ist eine generelle Angst vor Leid? Vielleicht aber ist es auch einfach zu anstrengend für manche Menschen, sich überhaupt mit dem Thema "anders sein" zu beschäftigen?

      Ein Paradebeispiel für Menschen, denen es meiner Meinung nach an Umsicht fehlt, ist meine ehemalige Hauptschuldirektorin.

      Schon meine Mutter hatte diese Frau als Mathematiklehrerin in der Schule.

      Meine Mutter war bereits als Mädchen eine ausgezeichnete Mathematikerin.

      Es gab viele Aufgabenstellungen, bei denen meine Mutter schneller und besser rechnete als ihre Lehrerin. Das dürfte dieser gar nicht gefallen haben.

      Diese Tatsache ist laut Vermutungen meiner Mama auch Mitschuld daran, dass die Direktorin uns Drillinge so sehr gequält hat.

      Ich habe es so erlebt, dass diese Frau kein Einfühlungsvermögen für junge Menschen in schwierigen Situationen hat. Überhaupt vermittelte sie mir das Gefühl niemanden zu mögen.

      Christopher, mein Bruder, hat die Schule verlassen, weil er sich so derartig angegriffen gefühlt hat und nicht mehr mit der Situation umgehen konnte. Er war wie alle anderen Schüler, aber bestimmt nicht besonders auffallend. Zu seinem fast täglichen Ritual wurde es jedoch, immer und immer wieder die Hausordnung abzuschreiben.

      Es war auch keine Seltenheit, dass ich den ganzen Tag in der Klasse sitzen musste. Der Grund dafür war einfach, dass verabsäumt wurde, rechtzeitig eine Meldung nachhause zu schicken, dass ein Ausflug stattfinden und ich den Rollstuhl benötige würde.

      Zu dieser Zeit fiel mir das Gehen schon immer schwerer. Solche Tage verbrachte ich dann einsam im Klassenzimmer - immer bewacht von der Frau Direktor, die kontrollierte, ob ich auch noch nicht geflohen war.

      Natürlich zogen solche Ereignisse die Konsequenz mit sich, dass meine Eltern die Schulleiterin zur Rede stellten. Regelrechte Schreiduelle wurden hier ausgetragen, so laut dass man dies vom obersten Stockwerk bis zum untersten hören konnte.

      Irrwitziger weise durfte mein Vater sich diese Vergehen erlauben, ihm wurde das nicht übel genommen. Lieferte meine Mutter aber einen Aufstand dergleichen, wurde das kommentiert mit: "Ich verstehe nicht, warum ein so netter Mann eine so bissige Frau hat!"

      Auf alle Fälle verbesserte nichts die Situation und wir befanden uns in einem wahren Teufelskreis. Immer wenn es Auseinandersetzungen gab, hatte das wieder unangenehme Folgen für uns Drillinge. Das zog natürlich nach sich, dass unsere Eltern uns wieder verteidigen wollten. Und so ging das immer weiter – ein hoffnungsloser Zustand, für den sich keine Lösung abzeichnete.

      Weil sich die Lage immer mehr angespannt hatte, haben meine Eltern einen Schulwechsel vorgeschlagen. Zu dieser Zeit war ich ebenfalls sehr oft krank und die Ärzte meinten auch, ich sollte ein halbes Jahr oder Jahr unterbrechen. Doch ich wollte weder einen Schulwechsel, noch eine Unterbrechung des Schuljahres und kämpfte vehement dagegen an. Ich wollte es mit aller Kraft irgendwie schaffen und die Hälfte hatte ich bereits hinter mir, außerdem würde ich noch weiter zurück fallen. Nein, das kam für mich einfach nicht in Frage. Ich wollte unter keinen Umständen klein beigeben.

      Aus heutiger Sicht bin ich unendlich froh, dass ich damals die Kraft hatte, durchzuhalten. Ich weiß, dass ich andernfalls die Schule nie beendet hätte, schon allein vor lauter Angst, nach längerer Zeit wieder genau dort einsteigen zu müssen. Dort, wo für mich die Zeit so langsam verging und wo ich nicht erwünscht war.

      In der zweiten Hauptschulklasse hatte ich mein Kindheitsasthma zwar bekämpft, aber dafür wurde das Gehen für mich immer beschwerlicher. Konnte ich zuerst noch mühelos die Stufen in den dritten Stock zurücklegen, so wurde das zu einer täglichen Herausforderung. Erst später entdeckte ich zufällig, dass es einen Lift im Gebäude gab, den ich anfänglich aus unerfindlichen Gründen nicht nutzen durfte.

      Erst als sich mein Zustand weiter verschlechterte und ich noch mehr meiner körperlichen Fitness verlor, durfte ich den hochheiligen Lift benutzen.

      Im Gegensatz zu

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