Der Dieb in der Nacht. Edgar Wallace

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Der Dieb in der Nacht - Edgar Wallace

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aber in den letzten Jahren sind doch viele tüchtige höhere Offiziere bei Scotland Yard eingetreten.«

      »Wenn ich wirklich Kriminalbeamter wäre«, sagte er, um Zeit zu gewinnen, »dann hätte ich mich aber sehr schlecht bewährt.«

      »Aber Sie sind doch von der Polizei – habe ich denn nicht recht?« fragte sie beharrlich.

      »Eigentlich sollte ich mich darüber ärgern, daß man es herausgebracht hat, aber Ihnen kann ich ja doch nicht böse sein, Miss May.«

      »Die Frage ist nur«, erwiderte sie und hob die Augenbrauen, wobei sie ihn prüfend ansah, »wollen Sie den anonymen Briefschreiber zur Strecke bringen, oder sind Sie hinter dem Juwelendieb her?«

      »Meinen Sie, Scotland Yard würde etwas in der Sache der anonymen Briefe unternehmen, ohne daß ordnungsgemäß Anzeige erstattet worden wäre?«

      »Sie haben recht. Dann sind Sie also hinter dem Juwelendieb her, der kürzlich auch Schloß Morply beehrte?«

      »Das kann ich nicht behaupten.«

      »Ich wünschte eher, daß Sie den anonymen Briefschreiber suchten. Wer mag diese Frau nur sein?«

      »Sie sind also überzeugt, daß es sich um eine Frau handelt?«

      »Was bleibt einem denn anderes übrig?« Barbara May raffte die weichen Falten ihres Abendkleides zusammen und trat an die Balustrade. Ohne Jack Danton anzusehen, fuhr sie fort: »So gehässig kann nur eine Frau sein. Die Briefe sind ja von einer ausgesuchten Gemeinheit. Sie wissen doch, daß die Flatterleys sich schon getrennt haben? Tom Fowler hat die Scheidungsklage gegen seine Frau eingereicht, und Mrs. Slee ist jetzt nach Übersee gegangen. Ihre Mutter grämt sich darüber zu Tode.«

      Er nickte ernst.

      »Diese Art von Verbrechen ist entsetzlich. Ich kann schließlich einem Dieb verzeihen, aber solche Menschen kann ich nicht verstehen.«

      Als Barbara May an dem Abend auf ihr Zimmer ging, sah sie, daß Jack in ein Gespräch mit Lord Widdicombe vertieft war, und sie lächelte vor sich hin.

      »Was belustigt Sie denn so sehr, Barbara?« fragte Diana, die hinter ihr die Treppe hinaufging.

      »Ach, ich dachte nur an Verschiedenes«, entgegnete Barbara May ausweichend.

      »Sie haben es gut, daß Sie noch lachen können. Mich langweilt so ein Tanzabend furchtbar.«

      Barbara wandte sich um und sah ihr voll ins Gesicht.

      »Warum kommen Sie dann überhaupt zu solchen Veranstaltungen?«

      Diana zuckte die Schultern. »Man muß doch irgend etwas tun, um die Zeit totzuschlagen.«

      »Aber warum arbeiten Sie denn nicht?«

      Diana starrte Barbara an. Wie hätte sie, die Erbin eines der größten Vermögen in England, arbeiten können? Das mußte Barbara doch berücksichtigen!

      Hätte Lady Widdicombe die Mädchen in diesem Augenblick auf der Treppe gesehen, so hätte sie festgestellt, daß die Abneigung der beiden auf Gegenseitigkeit beruhte.

      »Was meinen Sie denn mit ›arbeiten‹?« erwiderte Diana von oben herab. »Soll ich etwa als Säuglingsschwester tätig sein oder Stenotypistin im Außenministerium werden oder etwas Ähnliches unternehmen?«

      »Ja. – Ich habe so etwas getan«, entgegnete Barbara. »Das ist eine gute Ablenkung. Wenn man tagsüber nichts tut, kann man nur nachts nicht schlafen.«

      »Aber Barbara!« Diana lachte gezwungen. »Ich habe das Gefühl, daß Sie das eigentlich nichts angeht. Sie betonen anscheinend gerne Ihre Tüchtigkeit.«

      »Lassen Sie ruhig meine Tüchtigkeit aus dem Spiel«, antwortete Barbara kühl und ging in ihr Zimmer.

      Selbst wenn Jack Danton diese Szene belauscht hätte, wäre es ihm nicht in den Sinn gekommen, daß Barbara sich dieses Gespräch vorher genau überlegt hatte. Sie hatte extra auf Diana gewartet und war kurz vor ihr die Treppe hinaufgegangen. Sie wollte sie ärgern, um sich nachher bei ihr entschuldigen zu können.

      Während sich Diana von ihrer Kammerzofe beim Auskleiden helfen ließ, klopfte es an die Tür des Schlafzimmers, und Barbara kam herein.

      »Verzeihen Sie, Diana, ich war vorhin gereizt; ich wollte Sie nicht kränken«, begann sie liebenswürdig.

      »Ach, das hat weiter nichts zu sagen«, entgegnete Diana und lächelte. »Es war ja schließlich auch meine Schuld. Wenn man so lange aufbleiben muß, wird man leicht müde und überempfindlich.«

      »Was haben Sie aber für ein hübsches Zimmer!« rief Barbara begeistert. »Und dann diese prachtvollen Bürsten!« Sie bewunderte die Toilettengegenstände, die auf der Glasplatte des Frisiertisches lagen. »Nur die Decke ist etwas niedrig«, fuhr sie fort.

      »Ich schlafe immer bei offenem Fenster, also macht mir das weiter nichts aus«, erwiderte Diana, der es sonderbar vorkam, daß Barbara sich für so nebensächliche Dinge interessierte.

      »Was, Sie schlafen bei offenem Fenster, obwohl in letzter Zeit so viele Diebstähle verübt wurden?«

      »Aber Sie glauben doch selbst nicht, daß hier die geringste Gefahr besteht.«

      Barbara trat ans Fenster und schaute hinaus.

      »Der Sims ist allerdings so schmal, daß kaum ein Mann darauf entlangklettern könnte. Und das Fenster liegt auch reichlich zehn Meter über dem Garten.«

      Sie sagte Diana gute Nacht und wollte das Zimmer verlassen. Aber an der Tür drehte sie sich noch einmal um.

      »Würden Sie gern noch eine Tasse Schokolade trinken?« fragte sie unvermittelt. Sie wußte, daß Diana Schokolade über alles liebte. »Ich koche gerade welche in meinem Zimmer – ich habe einen elektrischen Kocher bei mir.«

      Diana hatte sie zuerst erstaunt angesehen, als sie aber nichts Außergewöhnliches an diesem Vorschlag feststellen konnte, nahm sie gerne an.

      »In drei Minuten ist sie fertig«, versicherte Barbara. »Aber haben Sie mir auch wirklich verziehen?«

      »Wenn ich die Sache nicht schon vorher vergessen hätte, würde ich Ihnen noch dazu vor Dankbarkeit um den Hals fallen.« Diana wandte sich an ihre Zofe. »Eileen, Sie werden dann gleich die Schokolade für mich aus Miss Mays Zimmer holen.«

      Das warme Getränk schmeckte ausgezeichnet. Diana saß in ihrem Bett, als sie es zu sich nahm. Sie war Barbara wirklich dankbar, soweit das bei ihrem Charakter möglich war. Als sie fertig getrunken hatte, reichte sie sie der Zofe.

      »Sie können jetzt gehen, Eileen. Ich mache das Licht später selber aus und schließe ab. Gute Nacht. Ich glaube, ich werde gut schlafen.«

      Auch Barbara May hoffte, daß Diana tief und fest schlafen würde. Sie verkorkte die kleine Flasche, die noch halb mit einer farblosen Flüssigkeit gefüllt war, und steckte sie in ein Geheimfach ihres Koffers. Dann warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr.

      Mehrmals ging sie im Zimmer auf und ab, trat schließlich ans Fenster und öffnete es. Ihr Zimmer befand sich im selben Stockwerk wie der Raum, in dem

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