Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

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Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

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ich diese Bezeichnung eigentlich nicht für ganz richtig halte, aber falsch ist sie nun auch wieder nicht.

      Man kann mir nachsagen, was man möchte. Nur eines bitte ich mir aus. Ich bin auf keinen Fall neugierig. Ich jage niemanden wie eine Gestörte hinterher oder interessiere mich für irgendwelche privaten Scharmützel. Das tue ich nicht, zumindest nicht sehr oft und wenn, auf keinen Fall so auffallend, dass mein Nachbar wieder Leserbriefe darüber schreiben muss. Ach ja, Du kennst meinen Nachbar auch noch nicht.

      Davon werde ich im Laufe der Zeit noch einiges zu erzählen haben. Fürs Erste nur so viel:

      Er ist verheiratet und war überhaupt nicht mein Typ, bis zu jenem Tag ... Über das werde ich auch später noch genügend Gelegenheit finden, Dir darüber ausführlich zu berichten. Seine rund hundert Kilo schwere Ehehälfte bewegt sich gefährlich wie eine Straßenwalze ohne Straße und walzt vermutlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit, sogar in der Öffentlichkeit, ihren zaundürren Mann noch platter, als er eh schon ist.

      Ich weiß, ich habe noch eine ungute Eigenschaft, die ich Dir bis jetzt verschwiegen habe. Ich bin oftmals unkontrollierbar und sprunghaft zugleich, vor allem bei meinen Entscheidungen, wie zum Beispiel damals am Bahnhof.

      Der eigentliche Ausgangspunkt war damals der Bahnhof. Genauer gesagt ungefähr einen oder zwei Meter vor dem Fahrkartenautomaten. Ob Du mir das glaubst oder nicht, bis ich in die Nähe zu diesen saublöden Automaten gekommen bin, habe ich noch keine Entscheidung getroffen, ob ich überhaupt, oder wohin ich reisen sollte. Dann schwang die vollautomatische gläserne Doppeltür auf und was glaubst Du, wer zielgenau mit respektloser Geschwindigkeit auf diesen Automaten zusteuerte, obwohl ich selbst schon kurz davor gestanden bin.

      Das wirst Du wohl nicht erraten. Es war die Jeannine Laube Moser ohne Bindestrich.

      Seit unserem zufälligen Treffen, damals bei der Vernissage, hatte sie sich rein äußerlich wieder verändert. Mir bereitet das ohnehin kein Kopfzerbrechen. Ich merke mir nur jene Visagen, insbesondere aber solche, die meine Aufmerksamkeit verdienen. Und sie war halt eine von diesen vielen.

      Just an diesem Tag bedeckte sie ihren Schädel mit einem orangegelben, immer noch ausgefransten Kurzhaarschnitt sowie einer beinahe dreißig Zentimeter langen, marineblauen Haarsträhne, die ihr gewiss als Gesichtsfeldstörung von der Krankenkassa anerkannt werden würde. In diesem Augenblick kam mir blitzschnell der Gedanke, dass sie womöglich deswegen am rechten Auge blind war. Oder wenigstens ihren Blickwinkel dadurch einer Einschränkung unterzogen haben musste. So gesehen war diese ihre Sichtbehinderung für mich wiederum ein glücklicher Zufall. Im Abstand von einem halben Meter oder weniger konnte ich ihr eingetipptes Fahrziel erspähen. Das war ja nicht schwer. Sie musste ständig ihre Strähne mit ihrer rechten Hand aus dem Gesicht drängen, um wenigstens für Bruchteile einer Zeit einen völligen Überblick über den gut beleuchteten Bildschirm erhaschen zu können. Für mich war das Folgende reine Routine. Ich tat so, als müsste ich auch eine Fahrkarte lösen und wartete hinter ihr, bis sie ihre Fahrkarte zwischen den Fingern ihrer linken Hand festhielt.

      Zum Glück sah sie mich nicht oder erkannte mich nicht oder sie wollte mich nicht erkennen. Jedenfalls wusste ich dann, wann und vor allem wohin ich gleich fahren werde. Auf der Zugfahrt beobachtete ich sie nicht. Ich bin ja nicht neugierig, das weißt Du ja inzwischen. Nur am Zielbahnhof verhielt ich mich entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten abwartend und etwas ungeduldig. Das schon. Ich wollte ja die ganze lange Fahrt nicht aus Jux und Tollerei machen.

      Stell Dir das vor! Ich habe sie observiert. Schlussendlich wollte ich halt wissen, was nun weiter geschehen wird. Bitteschön das hat selbstverständlich mit ausgeprägter Neugierde nicht im Geringsten etwas zu tun. Ich hatte nur die Absicht, meinen genetisch verunstalteten Forschungseifer etwas Nahrung zukommen zu lassen. Das war alles.

      Der Überraschungsmoment für mich jedenfalls fand am Bahnhofsvorplatz statt. Es war das fast gleichzeitige Zusammentreffen zwischen Jeannine Laube Moser ohne Bindestrich mit einer anderen Frau. Vielleicht war der marineblaue Haarteil ein weithin sichtbares Erkennungszeichen, weil der musste wahrscheinlich ununterbrochen vor dem rechten Auge hin und hergependelt sein. Das konnte ich allerdings nicht sehen, weil ich blöderweise einige Meter hinter meiner Mitreisenden und zwischen anderen Leuten mehr oder weniger eingekeilt gewesen bin.

      Anders kann ich mir das bei bestem Willen nicht erklären. Denn diese Frau ging schnurstracks auf Jeannine Laube Moser ohne Bindestrich zu, umarmte sie leicht, Bussi links und Bussi rechts und schon war ich geschäftig nahe an die beiden herangekommen. Einige Wortfetzen konnte ich zum Glück, trotz der lauten Umgebung am Bahnhofsvorplatz, doch noch mithören.

      „Hallo Cornelia ich freue mich …"

      „Oh Jeannine, mein seniler Dreifuß zuhause wird Augen machen …“

      Oder so ähnlich.

      Die zwei Frauengestalten bewegten sich weg von mir und ich bekam dann nichts mehr von ihrem Gespräch mit. Ich drehte mich um und ließ mich wieder zwischen den herumstehenden Ankömmlingen oder Verreisenden einklemmen. Gleich darauf sah ich, wie die beiden Arm in Arm, aber immer noch in Gesprächen vertieft, zum Taxistandplatz hin schwebten und dort in die erst beste Limousine eingestiegen sind. Weg waren sie.

      Wenn ich es mir recht überlege, dann passen die Zwei ganz gut zusammen. Vielleicht haben sie dieselben Interessen und gehen gemeinsam in Schönheitsfarmen shoppen oder durchwühlen dort die Angebote in den reichlich vorhandenen Ersatzteillagern. Wer weiß das schon!

      Das ist boshaft von mir. Ich weiß es. Deshalb nehme ich die letzte Bemerkung wieder zurück. Obwohl ich …

      Maximilian Graf erfüllte seinen Vertrag, den er einst im blumigen Doppelbett in Salzburg mit Mariella Nadja Todorova geschlossen hatte. Zunächst in vollster Zufriedenheit der Dame und das sollte doch einige Zeit anhalten. Mittlerweile dürfte er wohl mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten und eben halt auch der dazugehörenden Aufmerksamkeit, wie Außenstehende es rundweg beobachten durften, von ihr belohnt worden sein.

      Mariella Nadja Todorova war damals ein paar Tage nach der Prämieren-Feier frühzeitig von Salzburg wieder nach Bulgarien abgereist. Sie musste sich angeblich dringenden Aufgaben rund um ihr Blütengartenmeer widmen. In Wahrheit dürfte sie Vorbereitungen in die Wege geleitet haben, um ihren neuen Freund und Partner standesgemäß empfangen zu können.

      Es war ja absehbar, dass Maxl erst vier Monate später, und zwar am Freitag den 20. Dezember 2013, mit Sack und Pack nachkommen konnte, um im Schloss seiner Geliebten einzuziehen. Zuvor musste er ja seine Zelte in Deutschland, was immer man darunter auch verstehen mag, zumindest vorübergehend abbrechen. Das war nicht das besonders Schwierige daran, weil so riesengroße Zelte waren es dann ja auch wieder nicht.

      Nach dem er hier und dort, so gut wie halt nur möglich, Ordnung in seine Geschäftssysteme gebracht hatte, stand einer Übersiedelung in das für ihn noch fremde Land nichts mehr im Wege. Seine stillen Teilhaber, eigentlich waren es mehrheitlich Teilhaberinnen, die ohnehin in halb Europa für ihn unterwegs waren, zeigten Verständnis. Die Handvoll Leute konnten ja ihren Job, auch ohne ständig von ihm überwacht werden zu müssen, mit Leichtigkeit bewältigen.

      So gesehen kam der Ortswechsel für ihn gar nicht ungelegen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hatte er schon viele Male seine Bleibe verlassen. Ob nun freiwillig oder nicht, das war letztendlich auch egal. Nur dieses Mal war die Liebe mit im Spiel. Hier galt es eben auch die mitdazugehörenden Spielregeln, vielleicht auch nur dem Scheine nach, einzuhalten.

      Neidvolle Beobachter würden aus einer zeitlichen Entfernung den Schluss gezogen haben, dass der Graf Maxl mehr oder weniger einen Knebelvertrag mit der Dame eingegangen ist. Ähnliche Erkenntnisse stellten sich auch bei ihm nach einigen

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