Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

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Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

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Tisch sitzenden Antonietta überhaupt nicht vergleichbar. Gut - beide sind Frauen, das trifft wahrscheinlich schon zu. Aber das ist vermutlich bereits der gemeinsame natürlich vorgegebene Nenner gewesen.

      Schätzungsweise dürften beide so ziemlich gleich groß sein. Über das Alter konnte und durfte man verständlicherweise nur spekulieren. Mit ziemlicher Sicherheit bestand aber schon ein merklicher Altersunterschied, jedenfalls zum Vorteil von Antonietta, versteht sich. Während die Jüngere sich kaum schminken und herausputzen musste, weil sie halt rundum eine natürliche Schönheit vorzeigen konnte, so sah es bei der Cornelia von Plast, vermutlich von oben bis unten, vermutlich auch von hinten bis vorne, ganz anders aus.

      Einem guten Menschenkenner wäre es kaum gelungen, auf Anhieb ihr Alter richtig einzuschätzen. Vielleicht hätte ein Profi das Wahrscheinliche als realistischen Wert angenommen, nämlich umständehalber plus/minus zehn Jahre oder mehr. Wir wollen hier keinesfalls frauenfeindliche Gedankenlabyrinthe zulassen, aber gerade Frauen würden bei dem Anblick dieser Dame vollinhaltlich zustimmen.

      Was Frau von Plast herumzuschleppen hatte, war auf keinen Fall die üblicherweise begehrte Natürlichkeit. Das absolute Gegenteil ist der Fall. Man könnte sich auch fragen, stimmt der Name und der Körper den eigentlich zusammen? Oder ist der Plastiker mit seinen Messerchen ihr dort und da willkürlich, beinahe schon in unverantwortlicher Weise zu Leibe gerückt? Oder wurden Überarbeitungen von Haut und Knochen, nur um den Willen der Auffrischung und der Korrektur der wissenschaftlich belegbaren Anatomie gerecht zu werden, vorgenommen? Oder gab es simple andere Gründe dafür? Niemand weiß es besser als die Betreffende selbst. Und die tut gut, zu schweigen.

      Auch die Begrifflichkeit des Leibes kann man getrost einmal weglassen. Dieser war ja mit einer teuren Abendrobe von den Füßen bis weithinauf zum ausgeformten Dekolleté bedeckt. Das, was dann noch sichtbar an Haut und Falten übrig gewesen ist, war erschreckend genug. Sie trug nämlich um den Hals einen weithin erkennbar unechten, plump zusammengelöteten Modeschmuck.

      Apropos Füße: Soweit man es sehen konnte, zierte ein Paar dunkelblau lackierte, schnallenlos zugespitzte dreiundvierziger Quadratlatschen ihr Tretgetriebewerk. Zugegeben, das war an diesem Abend die zeitgemäß originellste Schuhmode. Nur fanden diese unter dem Tisch kaum Beachtung.

      Allerdings der Stoff, aus dem das Abendkleid geschneidert wurde, dürfte eine Mischung aus fünfundachtzig Prozentanteile Polyester gewesen sein. Etwa bei nahezu jeder ungestümen Rechtsdrehung blitze und knisterte es und die arme Frau von Plast wurde elektrostatisch wie ein umweltschonendes Kraftwerk, aufgeladen. Der Rest der im Stoff befindlichen Atome stammte vermutlich aus den sonst üblich teuren brandhemmenden Zusätzen. Angeblich sollte dieses einmalige Exponat auch noch eine Meisterleistung der besonderen Art of Creation darstellen.

      Diese Haute Couture, wie die Franzosen zu sagen pflegen, wurde nämlich von einer Festspiel-Dekorateurin, die sich in ihrer kargen Freizeit als Modedesignerin einen Namen machen wollte, kreiert. Dem Publikum fielen ihre stets zauberhaften Bühnenvorhänge, die bei den diversen Veranstaltungen im Festspielhaus Verwendung finden, gar nicht mehr auf. Sozusagen als Trost konnte und durfte jeder den flotten Schnitt am Kleid von Cornelia von Plast bewundern.

      So einen in mehrfachen Blautönen gehaltenen Vorhang, wo sich im unteren Drittel unzählige aufgedruckte Sterne versammelten, wurde ihr auf den sogenannten Leib, mit kümmerlichen Ausdehnungsfugen, einfach mehr lieblos als fachgerecht hinaufgepflastert.

      Und ihre sündteuer gestaltete Haartracht erst! Mein lieber Gott, das wäre ein eigenes Kapitel für sich gewesen. Aufgetürmt bis nahezu ins Kosmische, unterstrich dieses Haarstyling noch um einiges mehr das Unvorteilhafte ihrer Gesamterscheinung. Nebenbei bemerkt waren ihre Haare ein Bestandteil aus einer Mischung von Spektralfarben, wie man es halt bei der Betrachtung eines Regenbogens oder von Galaxien zu sehen bekommt.

      Die Friseuse oder die oder der Stylist(in) hatten unbestritten ein stundenlang durchgehaltenes Meisterwerk an dieser Frau geschaffen. Das muss man erst einmal aushalten.

      Der Kontrast zu ihrer Frisur war eben der vorhin schon besprochene Vorhang. Dieser wurde gewissermaßen als Abendrobe missbraucht und ihr wahrscheinlich demgemäß als ein Kunstwerk unterschoben. Das Gesamtbild der scheinbar damenhaften Erscheinung glich eher einer qualitativ schlechten lyrischen Dichtung! Das absolut Störende war wirklich nur der oben, aus einer in Miniatur angelegten Kragensteife, hinausragende Schädel.

      Die unausgesprochene Vermutung, dass die gute Frau von Plast auch an ihren Händen Schönheitsoperationen machen hätte lassen, bestärkte auch jene Ungläubigen, die an ihrer Beobachtungsgabe ansonsten Zweifel hegten. Die Frau von Plast trug nämlich zum Kleiderstoff passende Handschuhe, wobei auf die aufgedruckten Sterne offensichtlich bewusst verzichtet worden war.

      Und diese bitteschön streifte sie auch beim lukullischen Hauptgericht nicht ab!

      Was ist das nur für ein Weib! Umwerfend! Auf jeden Fall.

      Professor Dr. art. Cornelia von Plast bringt beispielsweise an verschiedenen Universitäten in der Schweiz sowie auch in Deutschland den Studenten die moderne Kunst näher in deren bewusstes Sichtfeld. Wie es den Anschein hat, dürfte das Berufliche auch ihre Selbstversuche in der Mode sowie der offensichtlich praktizierten ästhetisch körpereignen Verstümmelungen erklären.

      Wir alle wissen ja zu gut, dass sich Gegensätze anziehen. Das ist zwar kein Lehrsatz aus dem Fachbereich der höheren Mathematik, dann schon eher aus der Physik. Man denke nur an den Aufbau der Atome. Aber dem nichtstudierten Alltagsmenschen würde diese grundlegende Aussage links an ihm vorbeiwischen - wie nichts. Der Interessierte würde diese Beobachtung vielmehr in das Reich der Psychologie oder gar der Philosophie einreihen. Soweit, so gut!

      Geradeso einen Gegensatz wie aus dem Lehrbuch eben zitiert, stellt zum Beispiel Cornelia von Plast angetrautes Elend dar. Er scheint der typische Akademiker zu sein, der am Gängelband seiner Frau herumtanzen muss, wie sie die Fäden vorne und hinten bedient. Solche bemitleidenswerten Gestalten kennt man aus den eher schlechten Serienproduktionen, die manche Zuschauer gerade noch erdulden.

      Zerstreut, eher die meiste Zeit geistig abwesend, so saß er neben seiner durch und durch gestylten Frau. Dr. Dr. Hieronymus Bachstein von Plast schaute stets von oben durch seine kreisrunde Allerweltsbrille aus Nickel, die gerade noch auf der Nasenspitze Halt zu suchen übte, hindurch.

      Was für ein Paar! So könnte man das lauthals aus sich heraus schreien. Doch niemand tat es. Schon anstandshalber nicht. Hier nicht und wahrscheinlich woanders auch nicht. In derartigen, mit jeder Menge an Sternen ausgezeichnetes Nobelrestaurant gibt es eine stille, jedoch immer noch eine gültige Übereinkunft, die sowohl für Gäste als auch für das Personal tragend ist. Mit einfachen Worten: Man genießt die Atmosphäre oder auch nicht. Aber man schweigt dazu!

      Obgleich es ja ein gewisses Mitgefühl für unterjochte Ehemänner geben soll und auch selbstverständlich geben darf. Das ist emanzipativ, auch heute noch, unbestritten. Hingegen dürfte Dr. Dr. Hieronymus Bachstein von Plast von einer Emanzipation der männlichen Spezies noch nie etwas gehört oder gelesen haben.

      Getuschelt wurde aber an den Nebentischen doch so laut, dass sogar Schwerhörige, ohne ihre Elektronik verwenden zu müssen, es vernommen hätten. Das Thema war eindeutig und vielversprechend zugleich: Es ging eigentlich um einen harmlosen Versuch, wie man eine weibliche Unschönheit vorzuspiegeln hat.

      Wem irgendwann einmal die Gelegenheit geboten werden sollte, an einer Prämieren-Feier bei den Salzburger Festspielen beiwohnen zu dürfen, den werden Ausritte, wie zum Beispiel, wenn die Mode mit ihren Entgleisungen ins Unerträgliche abgleitet, keine allzu großen Kopfschmerzen mehr bereiten. Viel schlimmer sind dann schon die Anblicke von Auswüchsen zu ertragen, die von misslungenem Herumschnipseln mit Skalpellen an sichtbaren, noch dazu bei jenen

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