Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

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Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

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untereinander so vertieft, dass die danebensitzende Alice de Rossi mit ihrem feinen Gehör die Inhalte ihrer Debatten voll und ganz mitbekommen hatte. Verschmitzt lächelte sie und zwinkerte und stupste ihren Mann gar nicht so unauffällig zu und an.

      Vermutlich war das ein weiterer geplanter Schachzug gewesen. So genau würde man das heutzutage nicht mehr analysieren wollen. Jedenfalls wurde an dem Tisch zwischen Mariella Nadja Todorova und dem Maxl ein stiller, vorerst noch geheimer Vertrag ausgehandelt.

      Die anderen zwei Paare, nämlich die beiden Physiker und ihre Frauen unterhielten sich zwischen Suppe und Braten ganz zwanglos mit Javier de Rossi und Alice nur so über den Tisch hinweg. Sie alle waren ja geraume Zeit schon sehr gute Freunde geworden. Deshalb, und nicht unbedingt deswegen, lud der Stardirigent diesen Freundeskreis auf den gemeinsamen Tisch ein.

      Nun, wie gesagt, es gab noch wesentlich wichtigere Gründe, fernab von der Prämieren-Feierlichkeit für dieses Zusammentreffen.

      Der Kernphysiker Dr. Rodeo Albrecht ist ein aufgeweckter, sachlich orientierter junger Mann. Er ist so um die Mitte dreißig Jahre alt, von mittelgroßer Statur, mit dunklen sehr ausgedünnten Haaren. Wenn seine Halbglatze eine Frisur sein darf, dann hatte er eine. Ein akrobatischer Mimik Künstler ist er allemal. Wenn er lacht oder seinen breiten Mund bewegt, dann rollen mehr oder weniger seine Augen, als würden sie jeden Moment aus ihrer Höhle treten und das Weite suchen. Dafür hat er kaum einen sichtbaren Hals, jedoch O-Haxn.

      Dr. Rodeo Albrecht ist gerademal das Gegenteil von Javier de Rossi. Wenn der sich in die Höhe streckt, dann sieht das Publikum im Saal nur seinen Kopf und den Hals, aber noch lange keinen Oberkörper, geschweige denn seine langen Füße, aus dem Orchestergraben hervortreten.

      Dr. Rodeo Albrecht hat überdies auffallend lange Finger und deutlich hervortretende kugelförmige Gelenke, wie man sie bei übertrainierten Pianisten oftmals zu sehen bekommt. Ja doch, er spielt tatsächlich auch manches Mal Klavier. Nach seiner Einschätzung zufolge spielt er nicht besonders gut. Virtuose ist er keiner. Neben seinem Studium zum Kernphysiker ist er damals viel in den Bars herumgekugelt, hat Klavier gespielt und damit ein bisschen Geld dazuverdient.

      Über seine Begleiterin Antonietta wurde am Tisch nicht sehr viel gesprochen. Vorgestellt wurde sie. Das Ja. Aber nicht erschöpfend genug. Es bestand ja auch kaum Gelegenheit dazu. Sie war es ja, die ihr Plappermäulchen ständig in Bewegung gehalten hatte. Die Dame redete und redete, genau wie der sprichwörtliche Wasserfall. Ihr blieben so manche Tropfen dabei auch den Lippen hängen, die sie hin und wieder mit einem rosafarbigen Papiertaschentuch abtupfte.

      Man dürfte die Dame im wahrsten Sinne des Wortes als eine kabarettreife Unterhaltungskanone bezeichnen. Anders wäre ihr ungeschliffenes Mundwerksystem sonst kaum erklärbar. Sie suchte ja auffallenderweise den Dialog. Damit zog sie sozusagen Themen an Land, respektive an den Tisch, über die sich sogar die Männerwelt Schweigepflicht auferlegt haben und sich vermutlich wegen der plötzlich aufschießenden Rotfärbung der Haut eine Zeit lang nicht rasieren konnten.

      Antonietta könnte überdies mit einem seltsamen Talent auf jeder Bühne überraschen. Sie konnte nämlich Debatten, oftmals gleichzeitig mit irgendwem nebenan oder sogar über zwei, drei Tische hinweg führen. Danach nahm sie blitzschnell wieder Blickkontakte mit jenen Freunden auf, die Sekunden zuvor verlassen hatte. Wie das rein technisch, für eine Dame wie sie eine ist, zu bewerkstelligen sein kann, darüber könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst ein ausgefuchster Philosoph niemals mit einer klaren wissenschaftlichen Aussprache aufwarten. Allerhöchstens mit einem Gutachten.

      Antonietta ist und bleibt jedenfalls Antonietta.

      Je länger der Abend andauerte, umso redseliger wurde sie. Besonders aufgefallen ist sie halt bei den Anwesenden. Aber nicht nur wegen der zum Teil schrillen Tonlage ihres Sprechgesanges, sondern weil sie schier gleichzeitig, wie eine wildgewordene, keinesfalls mehr standfeste beziehungsweise flugsichere Gans mit ihren Flügeln in der Luft herumgefuchtelt hatte.

      Unter besonderen Umständen würde der Stardirigent die Antonietta allenfalls als hochdramatische Sprechgesangssopranistin für irgendwelche Seifenopern sofort blindlings unter Vertrag nehmen. Vermutlich aus Kleinmut oder gar aus Inkompetenz wurde über die Inhalte ihrer auffallend vernunftwidrigen Monologe, zum Beispiel über Politik und anderen Haarspaltereien, vom Ausschussvorsitzenden Stellvertreter des Festspielkomitees, der Presse eine Geheimhaltungspflicht auferlegt. Somit mussten ihre geistigen Zugaben für die Nachwelt verschwiegen werden.

      Amnesty International bekam den Eingriff in die verfassungsmäßig abgesicherte Pressefreiheit wohl mit. Diese Organisation veranlasste drei Wochen später eine Groß-Demo vor dem Festspielhaus. Außer dem Veranstalter, bestehend aus einer Frau mittleren Alters, die eine Schrifttafel über ihrem Kopf zu halten versuchte, waren nur vier Zaungäste am Rand der Hofstallgasse auszunehmen. Die Polizeibeamten, die mit drei Blaulichtfahrzeugen an den Ort des Geschehens herangerast gekommen waren, verhielten sich auffallend zurückhaltend.

      Nun wieder zurück zur Antonietta. Ihre Figur mag makellos, auch im Gleichgewicht zu ihrer Jugend, stehen. Bei einer Dame mit ihrem Aussehen kann man schwerlich eine durchgängige Altersbestimmung vornehmen.

      Jedenfalls wird man nach oberflächlicher Begutachtung davon ausgehen können, dass ihr Alter schätzungsweise zwischen dem vielleicht und dem irgendwann angesiedelt sein dürfte. Eine Geburtsurkunde oder ein sonstiges Ausweisdokument hat wahrscheinlich nicht einmal ihr ständiger Begleiter Dr. Rodeo Albrecht zu Gesicht bekommen.

      Wurscht! Hingegen konnte man ihre Größe, sowie ihre scharfen, kurvigen, körpereigenen Landschaftsformen mit einer Genauigkeit, immerhin visuell abtasten. Vermutlich gelänge mit dem Instrument der Gedanken ebenso ein ordentlicher Schätzungsversuch, welches zweifellos jedes Mikrometer in den Schatten stellen würde.

      Die männlichen Gaffer dürften sich in einem Doppelpunkt einig gewesen sein. Wenn auch nur in ihrer Einbildung, wohlgemerkt. Das ist ohne Zweifel ein Vollweib!

      Nur die holde Weiblichkeit, nicht nur jene, die an den diversen Tischrunden im Saal anteilhatten, würden allein schon aus Eifersüchteleien heraus, keine Sachverständigengutachten über das topmodelartige Aussehen von Antonietta abgeben. Nur sie selbst war in diesem Punkt klüger. Sie verschwendete wahrscheinlich keine ihrer kostbaren Gedanken über die eine oder anderen unschönen Zubauten ihrer Geschlechtsgenossinnen.

      Antonietta war halt keine eintönige und schon gar keine sanftmütige Vertreterin ihrer Art. Sie benützte ihr Talent, um nahezu alle ihre Geistesblitze, ohne diese mit einer verinnerlichten Bewertung zu versehen, freien Raum zu geben. Umgangssprachlich bedeutet dies, dass sie alles Mögliche und auch Unmögliche aus ihrer Wörterspenderschatzkiste ausspucken konnte, wann und wie sie gerade Lust hatte. Ihr etwas zu hoch eingestufter Intelligenzquotient würde es gewiss nicht gestatten, dass sie womöglich mit Stöckelschuhen die Tastatur eines Computers bedienen würde, nur um damit ins Internet einsteigen zu können. In diese Richtung nur einen Gedanken zu verschwenden, wäre bestenfalls als Beleidigung für den Bleistiftabsatz der Damenfußschutzbekleidung zu bewerten.

      Ihr jetziger ständiger Begleiter, nämlich Dr. Rodeo Albrecht, dürfte sich mit ihr irgendwie arrangiert haben, sonst wäre die Situation, die sie der scheinheiligen Tischrunde als Schmankerl zu bieten hatte, auch letztlich nicht eindeutig erklärbar.

      Anders - und durchaus der Etikette angemessen, so fügte sich das Ehepaar von Plast dem ringsum bejubelnden Anlass in diese Prämieren-Feier ein. Selbstredend waren neben dem Stardirigenten beinahe alle führenden Stimmen von Schauspielern, Sängerinnen und Sängern anwesend. Lediglich zwei dieser Persönlichkeiten fehlten. Diese scheuten die intimere Seite der Öffentlichkeit. Angeblich wollten sie nicht, dass sie von fremden Menschen, abseits ihres geschützten Bühnenraumes, begafft und quasi vorgeführt werden. Solche Menschen gibt es halt auch.

      Frau

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