Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

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Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

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sogenannte Gedankenverknüpfung zum hinreichend bekannten Komödienstadel bewirken hätte können, wenn auch das Äußere gepasst hätte. Das war zum Glück nicht so, sonst würden so manche ehrwürdigen damaligen Schauspieler in ihrer Grabesbühne den Vorhang zu machen.

      Jedenfalls ist der Graf Maxl ein ausgefuchster zugleich ideenreicher und sprachenbegabter Fuhrwerker. Zwar nicht unbedingt von Berufs wegen, aber immerhin ein solcher. Gerüchte zufolge dürfte er dem Diplomatischen Corps zwar nicht zugehörig gewesen sein, aber trotzdem mit einigen von diesen Großkopferten immer noch mitmischen oder zumindest mit der oder dem mitgemischt haben. Mithilfe einigen wenigen, am internationalen Bankett herumstreunenden Damen und Herren, gelangte er, nicht nur in Argentinien, nach entsprechenden Schmieraktionen zu Ehre und Anerkennung.

      Wie das im täglichen Leben für Normalsterbliche machbar sein könnte, bleibt dem Talent der Auserwählten vorbehalten. Und so ein mit allen Wassern gewaschener Komödiant war halt der Maxl ebenso.

      Um das Umfeld etwas näher ausleuchten zu können, darf noch hinzugefügt werden, dass zwei seiner damaligen engsten Mitarbeiter in den letzten drei Jahren auf Staatskosten in einem ehemaligen Urlaubsparadies, im Einzugsgebiet von Buenos Aires, direkt am Rio de la Plata, mehr festsaßen, als freiherumzulaufen. Die beiden deutschen Staatsbürger kehrten mit einer Lufthansamaschine, mit freundlicher Begleitung von zwei bewaffneten Staatsdienern der Republik Argentinien, die ihnen überdies als Andenken silberfarbige metallene Armbänder verspasst hatten, wieder nach Deutschland zurück.

      Um es präziser darzustellen: Die vier Personen landeten auf dem Airport in München, wobei die zwei Deutschen die silberfarbige Erinnerung an die Staatsmacht von Argentinien wieder zurückgeben mussten. Quasi als Entschädigung dafür erhielten sie dann bei der freundlichen Übergabe von zwei finster dreinschauenden Langweilern postwendend, allerdings vorübergehend, zumindest Ähnliches in stahlharter deutscher Präzisionsarbeit.

      Unser Dirigent Javier de Rossi hatte zwar niemals den Reisepass vom aufgeblasenen Pfau Santino, gesehen oder gar in der Hand gehabt, aber er wusste seit Längerem aus zuverlässiger Quelle, wie dieser Mann tatsächlich heißt.

      Diese hervorsprudelnde Quelle ergoss sich aus einem Jagdrevier im Berchtesgadener Land. Der dazugehörige Jagdpächter ist niemand anderer als der Industrielle mit dem klingenden Namen Dietwald Rothgleiber. Ursprünglich ist er ein Zuagroasster aus Berlin, wie die eingeborenen Bayern im Gebirge so daherreden. Über diesen überaus freundlichen und integrationsfähigen Preußen in Bayern wird man das eine oder andere noch aus dieser Erzählung vernehmen können.

      Der eigentliche Ursprung, aus der alles Mögliche wie Unmögliche nur so heraussprudelt, ist wahrlich ein Mann. Er ist die leibhaftige Tratschkiste, aus der man alles Erfahren konnte, was man gerade hören wollte. Das ist eigentlich das Geheimnis. Der Wahrheitsgehalt liegt selbstverständlich hier nicht auf der Waage, sondern eher schon im Argen.

      Überaus redefreudig ist er schon immer gewesen, der Aufsichtsjäger von Dietwald Rothgleiber. Seinen richtigen, nämlich den urkundenfähigen Namen Mürzschlaghofer Peter, den kennt kaum wer in der Region. Ganz gewiss wird sich noch seine Frau Resi an den Familiennamen erinnern. Eigentlich heißt sie ja Theresia Magdalena Mürzschlaghofer, geborene Schneider. Aber Schneider heißt sie schon sehr lange nicht mehr.

      Ihr Mann, der vor einigen Jahren zum Aufsichtsjäger ernannt worden war, wird von allen Jagdgästen ausnahmslos nur Mürz Peda gerufen. Unter diesen Doppelnamen kennt man ihn auch unter den Jägern in der Region, sogar bis hinauf zum Chiemsee auffallend gut.

      Zweimal schon war der Dirigent Javier de Rossi als Jagdgast beim Mürz Peda. Wir alle Lebenden und stets Jagdbegeisterten wissen, ja kennen vor allem das alles durchdringende Sprichwort: „Da Teifl schloft net.“

      Und dieser Lehrspruch hat schon etwas auf sich.

      So war es auch hier einmal im Berchtesgadener Land, und zwar im Jahre zweitausendzehn oder elf. Jedenfalls spielte der Jedermann nicht mehr vor dem Dom zu Salzburg. Präziser kann man die Zeit nicht mehr zuordnen oder zurückverfolgen. Auf jeden Fall war ein gemeinsamer Jagdausflug an einem wunderschönen Herbsttag angesagt. Da stand er plötzlich neben ihn. Der Santino!

      In weniger als zwei Minuten stellte er sich selbst unter seinem Namen Maximilian Graf, genannt Maxl, vor und tat so, als würde er ihn nicht mehr erkennen. Also gut dachte sich Javier de Rossi, ein Schauspieler war er auch noch. Und was für einer, das musste er wohl oder übel zur Kenntnis nehmen.

      Erst nach zwei Tagen, am Ende des weniger erfolgreichen Jagdausfluges, stellte ihm Javier de Rossi ein paar verhängnisvolle Fragen, auf die der sprachengewandete Santino spontan, ohne zu überlegen, eine Antwort parat hatte.

      Aufgrund dieser zum Schein vor sich hergetragenen Ehrlichkeit ließ sich Javier de Rossi nicht lumpen. Er stellte zumindest eine Einladung zu einem Fest im Rahmen der Salzburger Festspiele, das in Bälde stattfinden werden wird, für den Lumpen aus Neugierde in Aussicht.

      Ganz hundertprozentig überzeugt war Javier de Rossi, hinsichtlich des Namens Maximilian Graf immer noch nicht. Das war aber letztendlich rein akademisch spekulative Nervensache, mehr nicht. Viel interessanter schien ihm doch der Hinweis von einem Insider aus dem Orchestergraben zu sein. Aus diesem mit Kreativität vollgestopften Untergrund wurde ihm vertraulich zugeflüstert, welche Art von Geschäften dieser Maximilian Graf, vornehmlich in bevorzugten Gesellschaftskreisen, im Grunde nachzugehen pflegt.

      Javier de Rossi exerzierte mit der gespreizten Aufgeregtheit und Wildheit seiner Oberarme, wie ein unentschlossener Partitur Studierender, der sich vor dem nahenden Ertrinkungstod zu retten versucht, seine gefühlte Dramatik. Desgleichen übertrug er mit anwachsender Sturheit die Geheimnisse aus dem vor ihm liegenden Notenbild auf die brav vor ihm sitzenden Musiker.

      Diese Art von Bewegungsrhythmen vollführte er beinahe graziös am Pult des Dirigenten Macht, allerdings mit seinem ihm zugewiesenen meterlangen Zahnstocher. Diesen Zahnstocher, ein Instrument Relikt aus der Vorvergangenheit, taktierte er wohlüberlegt stets vor den Augen der Musizierenden. Der war stets griffbereit in seiner Hand, um damit Ungewöhnliches, ja derweil sogar auch sehr Erstaunliches zu vollbringen. Im Grunde waren es - nüchtern betrachtet - Noten! Ja, einfache, mit allen möglichen Firlefanz versehene Musiknoten, die stets ausgebreitet vor ihm lagen.

      Erstaunlicherweise gab es noch Gerüchte, die aus der Basis seiner Saiteninstrumentenquäler über Noten ganz anderer Art entstanden sind. Dieses Herumgerede bedrückte ihn so sehr, dass seine Gedanken unaufhörlich ziel- und planlos zwischen den vernetzten Grundmustern in seinem Hirn wie wild herumschwirrten.

      Außerdem kämpfte er seit jener Zeit mit nervösen Schlafstörungen, die ihn vorwiegend Untertags am Dirigentenpult zu überfallen drohten. Er bemühte sich deshalb auch um ärztlichen Beistand. Helfen konnte ihm niemand, nicht einmal eine flotte medizinisch ausgebildete Assistentin. Das daure eben alles seine Zeit, wurde ihm vertraulich des Öfteren zugeflüstert. Bloß eine Beruhigung seines Selbst trat nicht ein.

      Wie schon vorhin angemerkt, vertiefte er sogar in der Höchstform des Aufgewühlt-Seins seine geschäftlichen Beziehungen zum Graf Maxl.

      Ein psychologisch wertvoller, wohldurchdachter Pakt, den er mit seiner geschätzten Altistin auf der Bühne, zugleich seiner Ehefrau sozusagen im heimatlichen Hafen, geschlossen hatte, brachte schlussendlich die beiden auf die geniale Erleuchtung. Einzig und alleine aus der egoistischen Grundidee heraus, seine Schlafstörungen endgültig und dauerhaft beseitigen zu wollen, kam ihm das Übereinkommen mit seiner Alice auf wundersame Weise entgegen.

      Deshalb dachte er auch relativ lange darüber nach. So lange, bis die Bilder klar vor seinem geistigen Auge aufgetaucht sind. Dann formulierte und speicherte

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