Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

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Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

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Blütengartenmeer zeigte sich in den kommenden Jahren von seiner prächtigsten Seite. Das kann man wohl ohne Übertreibung so unterschreiben. Es war für alle, für die Dorfbewohner, für die Arbeiter und letztlich für die zahlreichen Besucher, eine gebefreudig angelegte Augenweide.

      Im Frühling, vielmehr noch in den Sommermonaten, ja sogar noch tief in den Herbst hinein, zeigte die Anlage mit Stolz, ihre mit Farben und Düften angeregten Blütenreize.

      Jede Menge Besucher, durchwegs Touristen, die überwiegend aus dem Ausland herbeigekarrt worden sind, lustwandelten oder drängten sich Jahr für Jahr während der Öffnungszeiten auf den schmalen und breiteren Wegen.

      Für die Gartenbesucher war das dahinterliegende schlossähnliche Gebäude ohnehin nie von Interesse. Es gibt auch keine Hinweisschilder im Garten, noch Andeutungen im zweiblättrigen Reiseführer, was es eigentlich mit dem Schloss für eine Bewandtnis hat. Von den Menschen im Dorf, schon gar nicht vom einzigen Gastwirt, sind ohnehin keine Antworten zu erwarten. Die schweigen alle besser noch wie ein Grab. Ganz gewiss den Fremden gegenüber!

      Auch die auf den Grünflächen zwischen den Blütenstauden und anderen Zierpflanzen herumirrenden Gärtner schütteln auf Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schloss stehen, sowieso nur ihre Köpfe. Mehr kommt da nicht raus.

      Seit das Internet, selbstredend auch in diesem Land, sich auf dem Vormarsch befindet, lockt dieses Blütengartenmeer zu bestimmten Jahreszeiten zunehmend eine glücklicherweise nur überschaubare Menge an Besuchern an. Für einen Massentourismus bestand schon bei der Planung kein Interesse. Deshalb wurden auch die Parkplätze, samt der Zufahrt mit einem gehörigen Augenmaß errichtet.

      Auf diesem Areal, also außerhalb der Schlossmauer, befinden sich seit ehe und je halbverfallene Gebäudereste und auch einige wenige ganz guterhaltene. Die wurden im Rahmen der Projektgestaltung auch in das Gesamtbild der Gartenarchitektur miteinbezogen. Mit gelber und weißer Farbe wurden diese Bruchstücke, die wahrscheinlich aus einer längst vergangenen Baukunstperiode stammten, geschönt und höchstwahrscheinlich damit auch zusammengeklebt.

      Unübersehbar sind für jeden wissbegierigen Kulturreisenden sowie Pflanzenliebhaber, gerade in dieser von den üblichen Reiserouten verschont gebliebenen Kleinod, die ungewollt kulturell botanische Sollbruchstelle. Diese zeigt einen krassen Zwischenraum im Zusammenleben mit der Dorfgemeinschaft einerseits und andererseits mit dem zunehmend herankommenden Tourismus auf. Vorausgesetzt man sieht und spürt ihn auch. Nur weiß man es nicht immer auf Anhieb.

      Man lebt hier sozusagen eigentlich zweigeteilt: Dort drüben hinter den zwei Hügeln, die mittlere Armut mit ihren anscheinend glücklich aussehenden Menschen. Vielleicht zwei oder drei Kilometer weit von der Armut in Richtung Südosten, der riesige blütenreiche Garten mit prachtvollen uralten, aber bestmöglich restaurierten kleineren, in Gelbtönen gehaltenen Gebäuderesten, die auch zum Teil für Besucher zugänglich gehalten werden.

      Das Prachtstück unter diesen veralterden Bauwerken im Garten ist zweifellos die neu adaptierte Orangerie. Rein von außen betrachtet gibt das Gebäude nicht viel her, das ist schon wahr. Es ist sicherlich ein altes, vielleicht auch kein erhaltungswürdiges Baudenkmal. Wahrscheinlich wurden seinerzeit nicht so lieblose Häuser aufgebaut, wie heutzutage in unserer Salzburger Heimat Zweckbauten errichtet werden.

      In der angeblich modernen Zeit stellen hoch qualifizierte Baumeister und Architekten irgendwelche betonierte kastenartige Gebilde um sündteures Geld in die Landschaft und waren noch dazu von sich überzeugt, dass sie damit Meisterwerke errichtet haben.

      Doch die Orangerie ist für sich selbst schon ein kleines Meisterwerk. Sie ist mit zierlichen niederen sowie mit robusten höher gewachsenen, zum Teil exotischen Pflanzen prall gefüllt. Kaum ein Mitteleuropäer, vermutlich auch nicht der Fernsehgärtner vom ORF, dürften jemals derartige Prachtstücke gesehen haben. Diese Wunderwerke der Natur zieren das zirka einhundertfünfzig Meter langgezogene und vielleicht fünfzehn Meter breite steinerne, bei näherer Untersuchung leider lieblos gelb heruntergestrichenes Bauwerk. In dieser Größenordnung gibt es weder bei uns in Salzburg noch im angrenzenden Bayern ein vergleichbares Objekt.

      Von Jahr zu Jahr erhöhten sich die Anzahl der Gewächse um ein Vielfaches. Vergleichsweise, sozusagen im Parallelschwung vermehrten sich ebenso die ganzjährigen Arbeitsplätze. Was wiederum für die Region besonders wichtig gewesen war.

      Selbstverständlich drängt sich für die Touristeninvasionen neben dem Freilandblütenmeer, die Orangerie zunehmend in den Vordergrund ihrer Betrachtungen. Unbestritten ist es ja eine ganzjährige traumhafte Augenweide.

      An der Rückseite dieses riesigen Komplexes gibt es mehrere Zugänge zu Räumlichkeiten, die angeblich als Geräteschuppen dienen. Mehr wurde den Gschaftigen gar nicht gesagt.

      Von außen konnte man es gar nicht so einfach aufspüren und wer es nicht wusste, vermutlich war es die überwiegende Mehrheit der Dorfbewohner, fand es auch nicht. Undurchsichtig mit rankenden Pflanzen wild verwachsen, konnte man überhaupt nichts auf den ersten Blick erkennen. Den immergrünen Kletterpflanzen übertrug man offensichtlich die Aufgabe, als Vorhang zu dienen. Und diese behinderten die freie Sicht zu einem Eingang.

      Eine Geheimtür!

      Unbestritten. Es ist eine Geheimtür, hinter der es zu früheren Zeiten nicht nur Geheimnisse geben hatte. Ältere Dorfbewohner wussten von diesem Zugang und sie wussten auch, dass sich dahinter eine fünfundzwanzigstufige hölzerne Treppe verbarg, die in ein zwar nicht streng geheimes, aber gut geschütztes Kellergeschoss hinunterführte.

      Vor dreißig oder vierzig Jahren, ganz genau weiß man es heute nicht mehr, befand sich unter dem Gebäude der jetzigen Orangerie ein riesiger Gemüse- und Kartoffelkeller. Und nicht nur das, es gab auch einige abgetrennte Wohnräume, die damals ausschließlich zur Unterbringung der Landarbeiter vom Schlossgut gedient haben dürften.

      Der Verwendungszweck hatte sich im Laufe der Zeit doch wesentlich geändert. Man brachte schon lange kein Gemüse oder keine Kartoffeln in den Keller. Auch die kleinen Wohnräume wurden lange Zeit schon nicht mehr benötigt. Lediglich der Modergeruch ist immer noch allgegenwärtig.

      Aber den Gerüchten zufolge existieren immer noch einige verwirrende finstere Geheimgänge. Niemand weiß so recht, wohin diese führen. Wer sich dort unten im Dunklen nicht orientieren konnte, würde sich auch tatsächlich verirren. Es gab ja kein hereinströmendes Tageslicht, nur einen festgetretenen Lehmboden, der den Schall unterdrückte wie nichts sonst.

      Die Menschen dürften zu jener Zeit Fackeln und vielleicht auch Kerzen zur Beleuchtung verwendet haben. Möglicherweise wurden sogar Karbidlampen, wie sie seinerzeit die Bergarbeiter in Gebrauch hatten, eingesetzt. Man weiß das alles nicht mehr. Schriftliche Aufzeichnungen, so eine Art Schlosschronik, gab es angeblich nicht.

      Die Gutsfrau Mariella Nadja Todorova hatte von diesem geheimen Ort, geschweige denn von der Geheimtüre, überhaupt keine Ahnung und das sollte auch noch eine Zeit lang so bleiben. Sie war nie ein Kind von Traurigkeit und lebte gut damit. Für sie lag die Welt, trotz aller Belastungen am Gutshof, offen vor ihren Füssen.

      Eines Tages, es war im Monat Juni 2013, erhielt sie einen Brief von Javier de Rossi. Dieser Mann ist kein herkömmlicher Dirigent aus irgendeiner ländlichen Amateurmusikkapelle. Nein, er ist so etwas wie ein Star in dieser elitären Gruppierung. Während ihrer Sängerkarriere als Opernsängerin hatte sie auch mehrfach Gelegenheiten, seine facettenreichen Persönlichkeitseigenschaften kennenzulernen.

      Javier de Rossi inszenierte im Sommer 2013 bei den Salzburger Festspielen zwei große Opern. Zu Festspielprämieren, samt den dazugehörigen Feierlichkeiten, wurde sie mit berührend begleitenden Worten, die offenbar von ihm selbst in deutscher

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