Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

Скачать книгу

Konsum von Rakija bis in den frühen Morgenstunden, oder viel öfter noch eine nicht geprobte Eifersuchtsscene wegen der Tabletänzerinnen, die ohnehin keinen Tisch benötigen und auch sonst nicht mehr viel am Leibe tragen.

      So entstehen halt Zwistigkeiten zwischen dem einen und dem anderen, wie es auch sonst überall auf der Welt vorkommt. Bei dem einen ist von Haus aus schon mit freiem Auge eine gewisse Angespanntheit mit nervösen Auszuckungen zu erkennen und beim Gegenüber ruft das eine provozierend heitere Ausgelassenheit hervor. Dann wird plötzlich aus nichtigem Anlass heraus, quasi mit den Händen und Fäusten, selten mit einem scharfen Instrument, eine Klatschsinfonie mit Unmengen an falschen Tönen gespielt.

      So spielt sich halt das einfache Dorfleben in einer kleinen überschaubaren Gemeinde ab. Jeder Eindringling wird bestens beraten sein, entweder ein zur richtigen Zeit applaudierender aufmerksamer Zuhörer zu sein oder gar Mitspieler im Dorforchester zu werden.

      Das war im Jahre neunzehnhundertfünfundneunzig und viel früher schon so und es hatte sich bis heute, gewissermaßen im einundzwanzigsten Jahrhundert, kaum etwas hier im Ort verändert.

      Oder doch?

      Ich setzte mal voraus: Sie haben es als intelligenter Mensch vermutlich schon bemerkt. Der stille, aber keinesfalls entmutigte Schreibmaschinentastenklopfer, ja genau der, der das alles so schön und sauber niederschreibt, ist der Wahrheit leidenschaftlich verpflichtet. Zum besseren Verständnis muss ich ja noch eine bescheidene, aber gleichfalls wichtige Korrektur einfügen. Der Gute hat seit geraumer Zeit die Mechanik gegen Elektronik ausgetauscht.

      Was so viel heißt, er besitzt neuerdings einen Computer. Die Riege seiner hinterfotzigen Freunde behauptet aber und das noch dazu in aller Öffentlichkeit, dass er nun auf diesem unschuldigen Gerät draufloshämmert, als ob er jeden Augenblick das nicht vorhandene Tastentriebwerk auseinandernehmen wollte.

      Also zurück zur ungekrönten Wahrheit.

      Der Mann dichtet nicht! Das tut er ganz bestimmt nicht. Diese Arbeit verrichtete vorletzte Woche der von ihm eilends herbeigerufene Wasserinstallateur. Zwar gelang es auch nicht optimal, weil angeblich tropft sein Hahn immer noch.

      So oder so ähnlich deutete er den Unterschied zwischen dichten und dichten irgendwann einmal in einem Pressegespräch einer verblüfften Redakteurin an. Er wolle halt uneingeschränkt die gemixte Wirklichkeit dem lesenden Publikum etwas näher bringen. Sonst nichts. Und das dürfte vielleicht so manch anderen Zeitgenossen weniger in den Kram passen, als ihm das lieb sein wird.

      So ist es also nicht, wie ich am Anfang geglaubt habe, als ich das Angebot erhielt, ich sollte dazwischen hineinschreiben oder mich nach vorwärts dazwischen hineindenken, um beweisen zu können, dass der gute Mann nur so aufs Geradewohl seine Geschichten notiert. Das war eine Missdeutung der Wahrheitsfindung im Allgemeinen.

      Wie ich jüngst aus den Mündern von einigen seiner gut unterrichteten Freunde erfahren habe, bedient er sich, wo immer er sich auch einnistet und was ihm vor Ort gerademal einfällt, seiner Erinnerungen. Da kann es schon passieren, dass er Situationen verwechselt oder Szenen gar willkürlich zeitlich verschiebt. Aus dieser Plausibilität heraus dürfte ich auch meinen Job als Zwischenraumfüller über die Verlagsleitung bekommen haben. Eigentlich müsste ich als weibliches Wesen neuerdings gendergerecht Füllerin schreiben. Aber bei dieser Bezeichnung schwingt eine derart fade Klangfarbe mit, die überhaupt nicht meinem Naturell entspricht. Ja, das nervt mich sogar auch dann, wenn man das Wort in meiner Gegenwart, auch noch so leise, ausspricht.

      Um meinem Grundsatz gerecht zu werden, betone ich, wann immer ich es für angebracht halte, dass nicht dies und jenes allzeit emanzipiert, oder wie es auf Neudeutsch heißt, genderdressiert werden muss. Ich lasse mich hier auf keine Haarspalterei mehr ein. Wir werden ja sehen, wo uns die Sprache im übernächsten Jahrtausend noch hinführen wird.

      Die Geschichte mit dem Blütengartenmeer und den unpassenden Vergleichen mit Blüten aller Art entspringt meiner Denkweise nach in einem Areal, wo sich seine, ich meine dem Autor seine verschlungenen Gedanken ein Stelldichein gegeben haben. Derartige geistige Verrenkungen entpuppen sich in der Regel, jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie die Schmetterlinge. Die fliegen nämlich danach auch auf und davon.

      Nur hier in diesem besonderen Zwischenraum könnte es schon anders aussehen. Aus dem Schattendasein drängen sich plötzlich aufbrausende schwarztragende Gestalten aus einem Imperium nach vorne, das überlagert wird von Unklugheiten und Unbegabten. Niemand von denen wird versuchen mit dem guten Willen irgendwelche schwachen Sinne zu beruhigen oder gar Geschäfte zu machen. Vielleicht ist es aber gerade umgekehrt. Sollten sich die Sinne untereinander abtasten wollen, dann wird das meist sprunghaft und leidenschaftslos geschehen. In der Variante zwei allerdings, wird man möglicherweise den Tastvorgang zart aber distanziert bemühen, den Vorgang weiter zu führen. Dennoch wird das Navi zielbewusst zu programmieren sein.

      Er, ich meine, na sie wissen schon, löst eventuell unbeabsichtigt wechselweise Reize aus, die er aber dann gleichmäßig mit Lebhaftigkeiten zu versetzen versucht, um einen Auftakt zu gestalten.

      Apropos Auftakt: Das mit dem Dreivierteltakt ist gar ein starkes Stück. Ich weiß schon, dass ich jetzt mit meinen Gedanken nach vorwärts geprescht bin. Andererseits hoffe ich auch sehr, dass sie mir verzeihen und mir diesen kleinen journalistischen Trick nachsehen werden. Ja nicht umsonst heißt die Überschrift am Deckblatt nicht - Zwischen vorwärts und rückwärts. Das haben sie vergessen? Kein Problem. Halten sie nur ihren Daumen und Zeigefinger an die Stelle, wo sie gerademal lesen. Dann kommt der schwierigste Akt. Sie müssen nämlich mit der anderen Hand das Buch zuklappen und schon – sie werden überrascht sein – können sie den eben von mir zitierten Buchtitel aufs Neue lesen. Das können sie sooft machen, wie sie wollen.

      Irgendwie ist es schon verwirrend, dass man immer wieder die Gedanken nach rückwärts bewegen muss, um kurz darauf wieder vorwärtszukommen. Aber gerade dieser Zwischenraum erhöht eben den Reiz der Märchenerzählungen.

      (Anmerkung: Diese eingefügten Sätze wurden notwendig, um die Vorwärtsdränglerin etwas unter Kontrolle zu halten.)

      Die jetzige Gutsherrin, wenn man das so sagen kann, stammt weder aus einem alten bulgarischen Adelsgeschlecht ab, noch ist sie blaublütiger Herkunft. Nein, sie war eine gefeierte Primadonna! Heute noch wird sie mit der spanischen Opernsängerin Montserrat Caballé auf dieselbe Stufe gestellt. Das bezieht sich allerdings auf ihre Stimmgewalt und nicht auf ihren Körperumfang.

      Überall und nirgends konnte man ihren klingenden Namen Mariella Nadja Todorova von den Plakaten herunterbuchstabieren, ebenso durften Aufmerksame die x-fachen Vergrößerungen von ihrem Konterfei betrachten. All das prangte auf sämtlichen Plakaten vor den Opernhäusern, auf öffentlichen Plätzen, aber auch in den Medien konnte man sie sehen. Sie war zugegebenermaßen eine abgöttisch umworbene Diva, da gab es nichts zum Herumdeuteln.

      An den wichtigsten Opernhäusern in Bulgarien trat sie auf und nicht nur das, sie hatte zahlreiche Gastspiele zum Beispiel in London und Moskau. Vor Jahren sang sie auch auf einigen Opernbühnen in Argentinien. Einmal wurde sie sogar von den Salzburger Osterfestspielen verpflichtet. Selbstverständlich konnte man sie auch des Öfteren im Fernsehen bewundern, sowie in den diversen Radiosendern hören.

      Aber irgendein Zwischenfall beendete dann abrupt ihre Karriere. Damals wurde getuschelt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen das Singen so quasi an die Stimmgabel hängen musste. Der breiten Öffentlichkeit blieb aber der wirkliche Grund noch längere Zeit verborgen. Es war am 1. Jänner 1995, als sie ihr letztes Konzert in ihrem Heimatland gab.

      Mariella Nadja Todorova verabschiedete sich vom Publikum und wurde wie ein Star gebührlich weggejubelt. Sie war an dem Tag ziemlich genau neununddreißig Jahre jung.

Скачать книгу