Das Gesetz des Rudels. Dani Merati

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Das Gesetz des Rudels - Dani Merati

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und stieß mich die steile Treppe hinunter in einen dunklen, muffigen Keller.

      Ich lag einfach da, versuchte durch den Schmerz zu atmen, der von meiner rechten Schulter und Hüfte ausging, auf denen ich gelandet war. Die Tür schlug zu, ich hörte das Schloss klicken und wusste, ich war allein. Sie nahmen Tyler mit und damit unsere Chance zur Flucht.

      Keine Ahnung, wie lange ich antriebslos auf dem kalten Boden lag, überwältigt von Verzweiflung und Niedergeschlagenheit. Der voll einsetzende Schmerz von meinem Halsband riss mich aus meiner Lethargie. Mir war klar, dass es jetzt nur noch eine Frage der Zeit war, bis das Metall mich bis zur Bewegungsunfähigkeit schwächte.

      Ich rollte auf die Pfoten und sah mich in meiner neuen Umgebung um. Es war ein viel größerer Raum als mein Dachboden, hatte aber einen Geruch, der meine Nase beleidigte und die Feuchtigkeit in der Luft war ebenfalls unangenehm. Ich bevorzugte mein kleines Gefängnis unter dem Dach, mit dem Himmel, den ich durch ein winziges Fenster sehen konnte. Zudem herrschte dort oben ein herrlicher Duft nach Holz im Gegensatz zu diesem modrigen, feuchten Kellerloch.

      Es konnte nicht mehr als eine halbe Stunde vergangen sein, in der ich sinnlos hin und her lief, um mich von den Schmerzen abzulenken. Die Tür öffnete sich und eine schmale Gestalt wurde die Treppe heruntergeworfen. Ich raste zu Tyler hinüber, erstarrte aber, als ich sah, in welchem Zustand er sich befand. Blut sammelte sich unter ihm und durchtränkte die Jeans die er trug. Sein linker Arm war unnatürlich verbogen. Über seinen bloßen Oberkörper verliefen Peitschenstriemen, tief genug, dass sie die Haut bis auf die Knochen aufgerissen hatten. Er wimmerte und riss mich aus meiner Betäubung. Ich senkte meine Schnauze langsam zu seiner Brust und leckte die offenen Wunden, die von seinem linkem Schlüsselbein bis zu seinem unteren rechten Rippenbogen reichten.

      „Der Schlüssel zu deinem Halsband ist in meiner linken Faust. Wenn du ihn in meine Rechte kriegst, kann ich es dir abnehmen“, murmelte Tyler heiser. „Nimm den Schlüssel. Du musst das Ding loswerden, bevor es dich noch weiter schwächt.“

      Ich warf mich auf den Bauch und kroch dicht an ihn heran. Sanft und behutsam stupste ich mit meiner Schnauze gegen seine Hand, aber seine Finger blieben geschlossen.

      „Ich fühle im Moment sowieso kaum etwas, sei nicht so vorsichtig und hol den Schlüssel, bevor ich ohnmächtig werde und dir nicht mehr helfen kann.“

      Ich war so ängstlich ihn noch mehr zu verletzen, aber er hatte ja Recht. Ich musste nicht nur mein eigenes Halsband loswerden, sondern auch seins. Ich biss an seinen Fingern, bis sie sich genug lockerten, dass ich den blutigen Schlüssel mit den Zähnen fassen konnte. Mit der Nase stupste ich an seine rechte Hand und ließ den Schlüssel in die sich öffnende Handfläche hineinfallen.

      Dann legte ich mich ganz dicht neben seine Hand und manövrierte meinen Nacken so, dass das Halsband bei seinen Fingern ruhte. Nach einem endlosen Herumfummeln wie mir schien, klickte es endlich und die Fessel fiel ab. Erleichterung durchlief mich in Wellen und ich konnte das erste Mal seit Stunden wieder richtig atmen. Ich wandelte mich rasch, schnappte mir den Schlüssel aus Tylers Hand und entfernte das Silberhalsband von seinem Hals.

      „Verdammt, Ty, was zum Teufel ist passiert?“ Ich hatte keine Ahnung, was ich für ihn tun konnte, ich spürte seine Schmerzen in meinem eigenen Körper. Schlimmer noch, ich fühlte, wie er immer schwächer wurde, was mir höllische Angst einjagte.

      „Wir müssen hier raus, Josh. Alle sind bei dem Rudeltreffen, doch ich glaube nicht, dass wir noch viel Zeit haben. Du wirst mich die Treppe hinauftragen müssen, aber danach kann ich laufen.“

      Tyler hustete und Blut tropfte in einem kleinen Rinnsal aus seinem Mund.

      Ich raste die Stufen hoch, um die Tür zu überprüfen. Sie war abgeschlossen, doch nicht so dick wie die zu meinem Dachbodenzimmer. Ich rammte sie ein paar Mal mit meiner Schulter, bevor sie endlich aufsprang. Zurück bei Tyler, kniete ich mich neben ihn.

      „Es tut mir leid, mein Freund, aber das wird wehtun.“ So sanft wie möglich hob ich ihn in meine Arme, und während ich aufstand, stöhnte er vor Schmerz. „Es tut mir so leid, ich wünschte, ich könnte etwas tun, dir die Schmerzen nehmen.“

      Tyler war ein paar Zentimeter kleiner als ich mit meinen 1,75 m und wog nicht mal fünfzig Kilo. Es fiel mir deshalb leicht ihn die Treppe hinaufzutragen und über den Hauptflur der riesigen Villa. Ich bewegte mich so leise wie möglich, aber mit Tylers angestrengtem Keuchen spielte es keine Rolle. Wenn noch jemand im Haus war, sie würden hören, wie wir uns vorbeischlichen. Oder sie witterten sein Blut. Doch endlich schafften wir es das Anwesen hinter uns zu lassen und erreichten das Gehölz dahinter.

      „Kannst du deinen Wolf rufen, Ty?“, fragte ich, besorgt, dass ich die Antwort schon kannte.

      „Nein, nicht mit dem Arm. Er müsste erst wieder eingerenkt werden.“ Die Ruhe in seiner Stimme beunruhigte mich und ich fragte mich, ob sein Zustand schlimmer war, als ich dachte. Ich fasste ihn vorsichtig an der gesunden Schulter und sah ihn eindringlich an.

      „Du darfst nicht sterben. Du bist der einzige Freund, den ich jemals hatte, du kannst mich nicht alleinlassen, nicht jetzt, wo wir endlich eine Chance auf unsere Freiheit haben.“ Tränen quollen aus meinen Augen, als ich ihn anstarrte.

      „Ich habe schon eine Idee, wie ich Hilfe für mich kriege, aber du musst hier weg. Die einzige Chance, die wir beide haben ist, so weit weg von diesem Haus zu kommen wie möglich.“

      Tyler schien immer mehr Schwierigkeiten beim Atmen zu bekommen. Zu dem Zeitpunkt, als wir den kleinen Fluss am Rande unseres Grundstücks erreicht hatten, rang er keuchend nach Luft. Ich hob ihn wieder auf meine Arme, obwohl er dagegen protestierte.

      Ich watete ungefähr eine halbe Stunde durch das etwas knietiefe Wasser, bis ich das erste Gebäude in der Nähe sah. Ich war das letzte Mal mit sechs Jahren in der Stadt gewesen, meine Erinnerungen dementsprechend verschwommen.

      „Wir sind am Stadtrand, was machen wir nun?“, wisperte ich, als wir den Fluss verließen und ich mich hinter eine riesige Kiefer stellte.

      „Lass mich hier und lauf. Ich werde mein Bestes geben, deine Familie von deiner Spur abzulenken, aber du musst hier weg. Jetzt!“

      Vorsichtig lege ich Tyler auf die Erde und kniete mich neben ihn. „Nein, auf keinen Fall. Ich lasse dich nicht zurück. Niemals!“ Und wenn ich meinen Freund über den ganzen Kontinent tragen musste, ich würde es tun.

      „Wir wissen beide, dass ich nur eine Chance zu überleben habe, wenn ich Hilfe kriege. Ich werde zum einzigen Hotel in der Stadt gehen. Bei dem Rudeltreffen haben sie über einen Alpha gesprochen, der dort abgestiegen ist und Zutritt zu unserem Territorium fordert.“

      Tyler umfasste mit seiner gesunden Hand mein Handgelenk. „Bitte, Josh, es ist die einzige Chance auf Freiheit für uns beide. Ich würde dich nur aufhalten.“

      Ich starrte ihn an, die Tränen in meinen Augen nahmen mir die Sicht auf ihn. Ärgerlich wischte ich sie weg und lehnte mich über ihn, warf einen letzten Blick in seine haselnussbraunen Iriden, die mir die einzige Wärme meines Lebens geschenkt hatten.

      „Danke, dass du mein Freund bist, Tyler.“ Ich kam näher und presste unsere Lippen für einen sanften Kuss aufeinander. Noch einen tiefen Atemzug, mit dem ich versuchte seinen Geruch in meine Zellen zu importieren, um ihn nie wieder zu vergessen.

      Danach

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