Das Gesetz des Rudels. Dani Merati
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Tyler kollabierte schon auf den ersten Stufen und ich wollte bereits losrasen, als die Tür aufsprang und ein riesiger Typ zu ihm hinrannte. Er schrie über seine Schulter nach Hilfe.
„Kaden komm sofort her und bring Doc mit. Wir haben hier einen Notfall!“
Ich beobachtete das Schauspiel noch einen Augenblick länger, doch als ich überzeugt war, dass sie Tyler helfen würden, wandelte ich mich und rannte in den Wald. Für einen winzigen Moment hatte ich gezaudert, hatte Tyler folgen wollen, die Angst ihn zu verlieren beinahe übermächtig. Aber Ty wollte, dass ich floh und ich würde sein Leben nicht riskieren, indem ich blieb. Je weiter ich von meinen Großeltern entfernt war, desto besser für uns beide.
Joshua
„Ich will meinen Sohn sehen!“, schrie der nackte Mann, als er meine Mutter wegschubste.
Sie rannte hinter die anderen Wölfe, hinein in unser Haus. Die Angst, die mein Vater verspürte, zusammen mit der rasenden Wut lösten sich etwas auf und der Druck auf mein Gehirn gab nach.
„Wo ist mein Sohn? Ich will ihn zurück. Er verdient es, bei seiner wahren Familie zu sein.“
„Joshua mag nicht von meinem Blut sein, aber wir sind seine Familie“, grollte mein Vater, als er das Gewehr sinken ließ und langsam auf den anderen Mann zuging. „Jeremy, du von allen Leuten müsstest es am Besten wissen, dass es nicht das Blut ist, das eine Familie ausmacht, Liebe tut das.“
Jeremy stieß ein tiefes Knurren aus, bevor er seine Schultern einzog und sich auf den Boden fallen ließ, um seine Wandlung einzuleiten. Mein Vater reagierte rasch, schlang eine Hand um Jeremys Genick, ehe der sie vollziehen konnte. Er schüttelte ihn heftig.
„Sieh mich an!“, brüllte mein Vater, die volle Wucht seiner Alphakräfte vibrierte in der ganzen Luft. Jeremy hatte keine Wahl, als sich dieser Macht zu beugen und starrte hoch in die Augen seines Rudelführers.
„Ist es das, was du wirklich willst, Jeremy? Dass Joshua in derselben Familie aufgezogen wird wie du? Du erinnerst dich doch an den Missbrauch, den eiskalten Hass und die Bitterkeit, die du gerade so überlebt hast. Du willst, dass dein Sohn all dem auch ausgesetzt wird? Denk nach, Jeremy! Kämpfe gegen den Wahn und denke nach!“
Nach mehreren Knurrlauten, die zum Ende hin immer leiser wurden und einigem kräftigen Schütteln seitens meines Vaters schienen die Rage und der Wahnsinn von Jeremy abzufallen. Er sackte in dessen Griff zusammen.
„Was habe ich getan? Du lieber Gott, was habe ich getan?“, stöhnte er.
Sein Kopf hob sich, Schmerz und Verzweiflung erfüllten die Umgebung. „Michael, hilf mir bitte.“
Mein Vater schien zu wissen, was Jeremy wollte, was er brauchte, denn er nickte nur. Seine riesigen Hände umfassten Jeremys Gesicht, er beugte sich zu ihm herunter und wisperte etwas in sein Ohr. Einen Herzschlag später ertönte ein lautes Knacken und Jeremys regungsloser Leib sackte zu Boden.
Mein Vater hob seinen Kopf, schnüffelte und stieß plötzlich ein entsetzliches Heulen aus. Er rannte zu unserem Haus, die anderen Wölfe ihm dicht auf den Fersen. Ich beobachte, wie er drinnen verschwand, nicht in der Lage ihm nachzurufen oder hinterherzulaufen. Als ich es schaffte, meine Füße zu bewegen, erschütterte eine gewaltige Explosion mein Zuhause. Ich wurde von den Beinen gerissen, Hitze überrollte mich und die Welt um mich herum wurde schwarz.
Diesen Morgen erwachte ich von meinem üblichen Albtraum deutlich ängstlicher und besorgter als sonst. Sie plagten mich seit meinem sechsten Lebensjahr. Über die Jahre hatten sie sich verändert, bauten sich von alleine aus, wurden mit jedem Mal grauenvoller. Für die meisten Menschen wäre der Verlust seiner Familie durch eine verheerende Explosion bereits schlimm genug, aber mein Unterbewusstsein hatte endlos Nahrung. So kam es, dass immer mehr grauenhafte Bilder dazukamen, Ereignisse sich vermischten und ein Grauen erzeugten, dem ich mich keine Nacht entziehen konnte.
Das letzte Jahrzehnt hatte mir etwas Frieden zurückgegeben. Seit ich beschlossen hatte, als Wolf zu leben, kamen die Albträume nicht so häufig und meine Existenz erschien so einfacher. Doch ich wandelte mich mindestens einmal am Tag zurück, um mich zu erinnern, dass es mich, Joshua Campbell, noch gab.
Ich raste aus meinem Bau und versuchte die Beklemmung abzuschütteln, in die mich die Erinnerungen gerissen hatten. Ich war sehr glücklich gewesen, diese Höhle vor acht Jahren zu finden und hatte bisher nie Probleme hier gehabt.Die ersten Jahre nach der Trennung von Tyler wanderte ich hauptsächlich im Nordosten der Staaten umher, aber es gab dort zu viele Rudel mit weitläufigen Territorien. Da ich im zarten Welpenalter allerdings schon die Schnauze voll vom Rudelleben hatte, suchte ich andere Wege. Anstatt deshalb in eins der Reviere einzudringen, war ich weiter gerannt, bis ich über meine Höhle praktisch gestolpert war.
Die meisten Wölfe mussten Teil eines Rudels sein, brauchten das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Rangordnung. Ab und zu spürte ich ebenfalls die Sehnsucht danach, doch meine menschliche Seite erinnerte sich dann immer daran, wie mein Leben im Harrison-Rudel ausgesehen hatte und ich beherrschte meine Wolfsinstinkte, so gut es ging.
Während ich heute rannte, erreichte mich eine seltsame, unbekannte Witterung. Ich stoppte und schnüffelte eine Weile, aber vermochte sie nicht einzuordnen. Ich jagte wieder los, konnte jedoch an nichts anderes als an diesen Geruch denken, er zog mich an und ängstigte mich gleichzeitig. Eine Hälfte war besessen davon, die Herkunft der Duftmarke herauszufinden und die andere schrie mich an, wegzurennen und nie mehr zurückzukommen.
Anstatt auf eine der beiden Möglichkeiten zu hören, rannte ich einfach weiter, bis mir der Duft eines leckeren Kaninchens in die Nase stieg. Die Jagd war eröffnet. Das verdammte Ding war rasend schnell, doch irgendwann ging ihm die Puste aus. Stolz auf mich tauchte ich kurz im nahegelegenen Fluss ab und döste danach etwas im Schatten.
Nach mehreren Stunden trank ich erneut das klare Wasser und begab mich dann auf den Heimweg. Die Beute hatte meinen Hunger nur ein wenig gestillt, trotzdem rollte eine merkwürdige Energie über mich hinweg.
Ich achtete nicht sonderlich auf meine Umgebung, doch kurz vor meiner Höhle, erreichte wieder die köstliche Duftmarke meine Nase. Ich erstarrte, unsicher, wie ich mich verhalten sollte.
„Joshua.“ Eine tiefe Stimme, viel zu nah, rief nach mir.
Sobald ich meinen Namen hörte, schüttelte ich den ersten Schock ab und mein Fluchtinstinkt sprang an. Ich raste so schnell los, wie ich konnte. Wieder schlug ich die Richtung zum Fluss ein, folgte ihm eine Weile. So panisch ich auch war, etwas in mir weigerte sich jedoch, meinen Bau aufzugeben. Das war mein Zuhause, verdammt!
So blieb ich in der Nähe, kroch durch die Büsche und versuchte zu erkennen, ob der Mann mir gefolgt war. Irgendein Instinkt in mir zog mich zu meiner Höhle, zu dem Eindringling, der in mein Revier eingebrochen war. Ich verstand nicht, wieso. Der Drang den Fremden anzugreifen, ihn zu bestrafen, weil er in mein Territorium eingedrungen war, für meine Angst und für