Das Gesetz des Rudels. Dani Merati

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Das Gesetz des Rudels - Dani Merati

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bevor die Albträume so zurückgingen, dass ich wenigstens ein paar Stunden am Stück schlafen konnte. Der Unbekannte hatte diesen Frieden zerstört, den ich für mich gefunden hatte. Der rasende Zorn, der dabei in mir aufstieg, überrollte mich.

      Zuerst war Flucht meine erste Reaktion gewesen, doch als ich jetzt zurück zur Höhle jagte, setzten andere Instinkte ein. Der Trieb zu kämpfen, mein Revier zu verteidigen. Mein ganzes Leben lang hatte ich mich anderen untergeordnet, meinen Bauch gezeigt. Ich hatte keinen Wirbel verursachen wollen, versucht, unbemerkt zu bleiben.

      Da ich nicht sehr groß war, und auch nicht besonders schwer, war mein Wolf leider kleiner als die meisten. Nach unzähligen Prügeln hatte ich endlich gelernt, dass ich in einer physischen Auseinandersetzung keine Überlebenschance besaß, also vermied ich alle weiteren Konfrontationen. Aber jetzt kam die jahrelang unterdrückte Wut in einer riesigen Welle zurück und drängte mich dazu, um mein Zuhause zu kämpfen.

      Doch als ich mich der Höhle näherte und der Duft des Mannes stärker wurde, löste sich meine Wut langsam auf. Aus irgendeinem Grund roch der Fremde wie Heimat für mich. Ich kam noch näher heran und der Duft von geschnittenem Gras und Blumen warf mich zurück in meine frühe Kindheit. Zurück in die einzige Zeit, in der ich Glück gekannt hatte. Ich stolperte und wäre gefallen, aber riesige Arme schlangen sich um mich und ich wurde an die breiteste Brust gedrückt, die ich je gesehen hatte.

      Panik durchfuhr mich, als ich gegen die physische Fessel ankämpfte. Die glücklichen Erinnerungen meiner Kindheit verwandelten sich in die Momente, wo ich gegen meinen Willen festgehalten wurde und das gab mir den Extrakick an Adrenalin, den ich brauchte, um zu entkommen.

      Ein scharfer Biss in den Oberarmmuskel des fremden Mannes ließ diesen keuchen und er lockerte seinen Griff ausreichend, dass ich mich losreißen konnte. Ich raste, als wären Höllenhunde hinter mir her, doch als ich zwischen den dichten Bäumen hin- und hersprang, kam ein extrem großer Wolf von der Seite auf mich zugeprescht. Er rammte mich hart genug, um mich von den Pfoten zu reißen. Bis ich endlich meine Sinne wieder beisammenhatte, stand das silberne Raubtier über mir. Es knurrte drohend, zeigte mir seine Fänge. Ich grollte zurück, schnappte nach ihm. Daraufhin sprang er mich an, erdrückte mich beinahe mit seinem Gewicht, als er meine Kehle in seiner Schnauze packte. Ich wand mich noch heftiger, aber seine Zähne sanken keinmal in mein Fleisch.

      Irgendwann verließ mich die Kraft und ich ergab mich dem stärkeren Wolf. Ich lag also dort, zeigte dem anderen meinen Bauch und akzeptierte meinen bevorstehenden Tod. Dabei überkam mich ein merkwürdiges Gefühl von Frieden. Keine Ahnung, ob es der Gedanke war, dass endlich der ganze Schmerz in meinem Leben vorbei sein würde oder ob es die Nähe eines Artgenossen war, dieses bestimmten Wandlers. Jedenfalls spürte ich eine tiefe innere Ruhe und zum ersten Mal seit meinem sechsten Lebensjahr war ich wieder zufrieden.

      Zu meiner Überraschung löste der überlegene Jäger jedoch seine Zähne von meinem Hals, blieb aber auf mir liegen. Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir so verharrten, doch die Sonne ging bereits unter, als er sich rührte. Erschöpft an Körper und Geist wartete ich auf seinen nächsten Zug. Der Wolf richtete sich auf, stupste mich an und schob und stieß mich in Richtung meiner Höhle.

      Drinnen tapste ich in meine Ecke, rollte mich zusammen und der riesige Wolf legte sich um mich herum. Ich sollte Fragen stellen oder ausflippen bei dem Gedanken neben einem völlig Fremden zu schlafen, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Mein Gehirn hatte einen totalen Kurzschluss.

      Ich schlief in dieser Nacht tiefer und ruhiger als jemals zuvor. Ich träumte nicht, und als ich am späten Nachmittag des nächsten Tages erwachte, eingehüllt von dem betörenden Duft des anderen Wolfes, war ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich ausgeruht. Der Fremde lag nicht mehr neben mir, dafür blockierte ein angezogener Mann den Höhleneingang.

      Mit der Sonne, die hinter ihm schien, konnte ich seine Gesichtszüge kaum erkennen, doch er hatte dunkles Haar, das bis über seine Schultern hing. Schultern, die so breit waren, dass sie praktisch den gesamten Eingang einnahmen. Ich grollte tief aus meiner Kehle heraus.

      „Du hast eine Menge Kampfgeist in dir, Welpe, aber wir wissen beide, dass du mich nicht besiegen kannst. Also komm runter und wandle dich. Wir müssen uns unterhalten. Was ich dir zu sagen habe, ist sehr wichtig. Ich suche dich schon seit über zehn Jahren und werde nicht wieder verschwinden, jetzt wo ich dich gefunden habe.“

      Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte mich wandeln, doch das letzte Mal, dass ich mit jemandem gesprochen hatte, war am Tag meiner Flucht aus dem Harrison-Rudel gewesen und diese Erfahrung war eine Erinnerung, die ich verdrängte. Ich hörte auf zu knurren und starrte ihn an, bis er näher kam und sich vor mir hinsetzte.

      „Ich weiß, dass es für dich keinen Grund gibt, mir zu vertrauen und dein Leben kein einfaches war, aber ich bin hier, um dir zu helfen. Vielleicht wenn ich dir erst mal einige Dinge erkläre, fällt es dir danach leichter, dich zu wandeln und mit mir zu sprechen.“ Der Mann rutschte zur Seite an die Höhlenwand, wo er sich anlehnte, bevor er anfing zu reden.

      „Mein Name ist Kaden Montgomery. Ich kannte deinen Vater. David Campbell war mein bester Freund, als ich aufgewachsen bin. Unsere Freundschaft blieb bestehen, auch, als ich quer durchs Land zog, um im Westen ein neues Rudel zu übernehmen. Er war der beste Mensch, den ich jemals gekannt habe und ich werde um ihn bis zu meinem Todestag trauern.“

      Kaden rieb mit beiden Händen über sein Gesicht und stieß einen tiefen Seufzer aus. Er sah mich an, die Traurigkeit ließ das Funkeln in den ungewöhnlichen silbernen Augen erlöschen.

      „Ich muss mich entschuldigen, dass ich nicht dort war, als deine Eltern starben. Damals gab es kein Anzeichen, dass du überlebt hattest. Ich war am Boden zerstört und stand kurz davor, das ganze Rudel abzuschlachten. Mein gesunder Menschenverstand hielt mich davon ab, aber als eins deiner Rudelmitglieder dich Jahre später zufällig hinter einem Fenster seines Alphahauses sah, erkannte er dich sofort und reiste zu mir, um mich zu informieren. Zu dem Zeitpunkt hatte ich allerdings keine Ahnung, wie schlecht du behandelt wurdest oder wie korrupt das Harrison-Rudel war.“

      Kaden unterbrach sich und sah mich lange an. „Der Wolf, der dich entdeckt hatte, kehrte wieder zurück, wollte ein Auge auf dich haben. Er versprach, in Kontakt zu bleiben. Als er sich einige Wochen später nicht gemeldet hatte, forschten meine Soldaten und ich nach. Er hatte einen Autounfall. Ich ging zum Wandlerrat, aber ohne eindeutige Beweise von kriminellen Aktivitäten genehmigen sie keine offizielle Herausforderung eines Alphas. Es gab keinen Beleg, dass du misshandelt wurdest, oder dass der Zeuge, der dich gesehen hatte, ermordet wurde.“

      „Ich wusste nicht mehr weiter. Ich wusste nur, dass ich dich da rausholen musste. Jede Zelle meines Körpers schrie in mir, dich zu finden und von da wegzubringen. Meine Soldaten hielten mich gewaltsam davon ab, den Alpha illegal herauszufordern oder dich zu kidnappen, doch ich musste etwas tun.“

      Während er sprach, kroch ich näher, bis ich dicht genug bei ihm war, dass er eine Hand ausstrecken konnte, um mich zu kraulen. Er nutzte das sofort aus und strich über meine Ohren. Ich vertraute ihm natürlich nicht völlig, aber ich konnte seinen Schmerz fühlen, als wäre er mein eigener. Das Bedürfnis ihn zu trösten ergriff von mir Besitz.

      Kaden lachte. „Du bist ein wunderschöner Wolf. Ich habe noch niemals solch strahlend weißes Fell gesehen oder Augen mit einem so klaren Blau wie ein Gletschersee.“

      Ich erstarrte und wich zurück. Mein ganzes Leben war ich wegen meines Pelzes der Lächerlichkeit preisgegeben worden. Mein Aussehen war nur ein weiterer Grund für meine sogenannte Familie gewesen, mich zu hassen. Anders zu sein war etwas, dass der Alpha in meinem

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