Pauls Antiweichei-Plan. Eike Ruckenbrod
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Paul erreichte die Toilette und betrat den kleinen Raum. Dieser war hell und freundlich und wirkte gegen den Rest des Hauses richtig modern.
Kritisch betrachtete er sein Spiegelbild und wünschte sich, sein kindliches Aussehen würde endlich weichen, sogar über einen Pickel würde er sich freuen. Moritz hatte schon einen leichten Flaum über der Oberlippe und Janniks Stirn war rot getupft vor lauter Pickel. Paul verstrubbelte seine Haare, da er das cooler fand, und senkte seinen Blick auf die Ablage. Seine blauen Augen weiteten sich. Mehrere goldene Ringe lagen darauf.
Fasziniert starrte er auf den wertvollen Schmuck. Der Gedanke, ob es wohl auffallen würde, wenn einer der Ringe fehlen würde, schoss ihm augenblicklich durch den Kopf. Zögernd nahm er einen und drehte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her. Der rote Stein funkelte ihn so feurig an, dass Paul der Versuchung nicht widerstehen konnte, ihn an den Finger zu stecken. Plötzlich trat Elisa vor sein inneres Auge, die ihm lächelnd ihre Hand entgegenstreckte. Eine heiße Welle durchströmte ihn.
Wie krass wäre es, wenn ich ihr so einen Ring schenken könnte?, sinnierte Paul mit geschlossenen Augen.
„O Gott, bin ich durchgeknallt!“, murmelte er und wollte den Ring wieder abstreifen, aber der steckte fest!
„Mist, warum geht er denn nicht ab?“ Paul zog und zerrte. Rasch seifte er seine Finger ein, aber das Schmuckstück ließ sich nicht über sein Gelenk streifen. Panik ergriff ihn. Was soll ich jetzt nur machen?
Mit einem dicken Kloß im Magen sank er auf die Klobrille.
Bestimmt denkt sie, ich wollte den Ring klauen, aber Mutti hat immer gesagt: Angriff ist die beste Verteidigung, also …
Sein Herz pochte laut, als er zu Frau Wieler eilte.
Die alte Dame saß mit geschlossenen Augen im Sessel. Ihr Kopf war zur Seite gekippt und die Brille halb von der Nase gerutscht. Durch ihre leicht geöffneten Lippen drang ein zartes Schnarchen hervor. Paul atmete erleichtert aus und packte leise seine Sachen zusammen. Vielleicht merkt sie es ja gar nicht, hoffte er und flüchtete auf Zehenspitzen hinaus.
Aber je weiter er sich entfernte, desto mehr brannte der Ring an seinem Finger.
Was kann ich nur Dad sagen, wo der Ring herkommt? Der glaubt mir sicher kein Wort. … Er darf ihn einfach nicht sehen, entschied Paul und überlegte, was er um den Ring wickeln konnte.
Paul schlich mit der Hand in der Hosentasche in die Wohnung und war gottfroh, dass sein Vater schon vorm Fernseher saß.
„Hi Dad“, rief er ins Wohnzimmer und steckte kurz seinen Kopf hinein.
„Hallo Paul. Alles klar?“, fragte Herr Eggmann, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
Grad heute interessiert es ihn, wie es mir geht, ärgerte sich Paul. „Ja. Muss aber noch Bio lernen.“
Reinhard Eggmann nickte zufrieden und nahm einen großen Schluck aus der Bierflasche.
Paul schloss die Kinderzimmertür und ließ sich auf das Bett fallen. „Was mach ich jetzt bloß?“, murmelte er und drehte an dem goldenen Ring. Der rote Stein funkelte feurig, wie ein Auge, das Paul unentwegt anstarrte.
Bestimmt als Strafe, für meine schlechten Gedanken, vorhin im Klo von Frau Weiler, vermutete Paul voll Unbehagen. Seine Oma hatte öfters gesagt: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort …
Aber ich wollte ja gar nicht in echt klauen, ich hatte ja nur daran gedacht, und die üblen Gedanken waren von ganz allein gekommen.
Paul sprang auf, huschte ins Bad und suchte aufgelöst eine Creme.
„Da ist sie ja. Jetzt werden wir sehen, wer stärker ist, du oder ich?“, sprach er zu dem Ring, während er einen erbsengroßen Tupfen auf den Ringfinger drückte. Gründlich massierte er diesen um den Ring herum ein.
Mit einem siegessicheren Grinsen zog er nun an dem Schmuckstück, aber es war wie verhext. Es ließ sich nicht entfernen, so fest er auch zog und zerrte. Sein Fingergelenk schmerzte schon.
„So ’n Megascheiß“, fluchte Paul, „Warum geht das nicht?“ Sein Blut pochte bis in die Ohren.
Was soll ich nur tun, wenn er nicht mehr abgeht? Wird Frau Wieler mir glauben und mich noch mal zu sich einladen? Einen Kerl, der offensichtlich ihren wertvollen Schmuck klaut? Einen Dieb!
Hastig riss Paul die Tür vom Spiegelschrank auf und suchte nach einem Verband. Ihm war sterbensschlecht. Fürsorglich wickelte er ihn um den Ring. Endlich musste er nicht mehr in das rote Auge blicken.
Tief atmete er ein und überlegte, was er seinem Vater erzählen sollte, wie und wo er sich verletzt hatte.
Was ist, wenn er die Wunde sehen will, um sie sauber zu machen? Warum muss ich immer so viel Pech haben? Es war doch so schön bei Frau Wieler. Wir hätten Freunde werden können, grübelte er traurig und verließ das Bad wieder.
Wie ein Häuflein Elend saß Paul auf der Bettkante und dachte keinen Augenblick mehr an die Bioarbeit. Unter dem Verband brannte der Ring, während sich ein schwerer Kloß in seinem Magen bildete. Er fühlte, wie sein Hals dick wurde und seine Augen brannten.
„Nein, ich werde jetzt doch nicht anfangen zu flennen“, rügte er sich und sprang auf. Denk lieber nach! Was würde ein Held jetzt tun?
Paul marschierte vor seinem Bett auf und ab. Es knisterte unter seinen Füßen. Er bückte sich, sammelte die Chipstüten auf und stopfte sie energisch in den übervollen Abfalleimer.
„Ich muss zu ihr! So kann ich nicht weiterleben. Sie wird mich verstehen.“ Erleichtert rannte er in den Flur.
„Ich muss noch mal kurz weg. Zum Essen bin ich wieder da“, rief er in Richtung Wohnzimmer und schmiss die Tür zu, bevor sein Vater ihn zurückhalten konnte.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte er die Treppe hinunter, hinauf auf den Gehweg und die Straße entlang. So entgingen ihm die energischen Rufe seines Vaters, die laut im Treppenhaus widerhallten.
Minuten später stand er keuchend vor Frau Wielers Haus und erblickte erleichtert Licht. Mit zittrigem Finger drückte er auf den Klingelknopf. Sein Herz hämmerte fest gegen die Rippen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Er klingelte noch einmal, und panisch noch einmal.
„Kommen Sie, bitte öffnen Sie!“ Bevor mein Mut mich verlässt.
In diesem Moment hörte er ihre Stimme. „Wer hat es denn so eilig?“
„Ich bin‘s der Paul.“ Paul merkte, wie der Kloß im Hals wieder wuchs. Ein Summton ertönte und der Junge trat in den Garten. In der Dunkelheit wirkte dieser ganz schön unheimlich. Er zwang sich gerade aus, auf das erleuchtete Fenster zu schauen und nicht in Richtung der großen, dunklen Schatten, die sich rechts und links vom Weg weit nach oben reckten. Ein Rascheln, das aus dem Gebüsch kam, ließ ihn zusammenzucken. Er eilte weiter.
Frau Wieler öffnete verwundert die Tür.
„Paul,