Der geheime Pfad von Cholula. Michael Hamberger
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„Oh, das wäre sehr nett. Wenn nur alle jungen Leute so freundlich wären, wie Sie!“
Die letzten Worte gingen schon wieder in ein wehklagendes Schluchzen über. Layla legte den Arm tröstend um die Frau. Sie tat ihr leid. Gemeinsam begannen sie den Abstieg, wobei der Körper der Frau immer wieder von regelrechten Weinkrämpfen durchgeschüttelt wurde.
„Sie müssen verzeihen, Señorita, dass ich so verzweifelt weine. Ich habe gerade meine Enkelin verloren!“
„Oh mein Gott, das ist ja grausam. Darf ich Ihnen mein Beileid aussprechen. Was ist denn passiert?“
„Sie hatte einen Autounfall“
„Das ist ja schrecklich!“
„Es war aber kein normaler Autounfall. Als sie gestern Abend von der Arbeit nach Hause kommen wollte, da ist sie mit dem Auto gegen irgendetwas geprallt. Seltsam war jedoch, dass da nichts war, gegen das sie geprallt sein könnte. Kein Baum, kein Haus, nicht einmal ein großer Stein. Das Auto war trotzdem total zerstört!“
„Entschuldigen Sie meine Neugier, Señora, aber kann es auch ein anderes Auto gewesen sein?“
„Die Polizei meint Aufgrund der Zerstörung des Fahrzeugs dies ausschließen zu können. Der ermittelnde Beamte meinte, es sehe eher aus, als ob sie mit hoher Geschwindigkeit auf einen Baum, oder einen Felsen geprallt wäre. Aber dann hätte dies doch am Unfallort gefunden werden müssen. Meinen Sie nicht auch?“
„Das glaube ich auch! Ich hoffe ihre Enkelin hat wenigstens nicht leiden müssen!“
„Das weiß ich nicht. Man hat ihre Leiche nicht gefunden. Auf dem Sitz war zwar Blut, viel Blut, aber sie selbst war nicht da. Auch bei der darauffolgenden Suche ist sie nicht gefunden worden.“
Bei Layla schellten plötzlich alle Alarmglocken. Konnte es sein, dass die Enkelin der bedauernswerten Frau entführt worden war? Konnte es sein, dass Sergio Alcazar seine Finger da im Spiel hatte? Es schien Layla fast so, als ob dieser bei Allem, was hier passierte seine Finger im Spiel hätte. Das ihm nichts, auch nicht das kleinste Detail entging. Oder entwickelte sie schon eine Art Paranoia, dass sie hinter jedem Busch einen von Sergio Alcazars Helfer, oder sogar ihn selbst, sah?
Die Frau tat ihr furchtbar leid und es zerriss ihr das Herz, aber sie konnte sich den Luxus nicht leisten, diese eventuelle Spur zu verlieren. Also fragte Layla:
„Señora, haben Sie schon einmal von den entführten Frauen hier in Cholula gehört?“
Die alte Frau begann wieder zu weinen und musste eine Pause machen. Sie setzten sich auf einen großen Stein, der am Wegrand stand. Layla hatte nicht übel Lust, sich selbst für die Pietätlosigkeit ins Gesicht zu schlagen, aber die Frau schien es ihr nicht übel zu nehmen. Sie antwortete:
„Señorita, ich denke andauernd daran. Was, wenn diese Teufel sie geholt haben?“
Layla war erschüttert. Sie war sich mittlerweile fast sicher, dass Sergio Alcazar und Antonio Gonzales López dahinter steckten. Was für ein Zufall, dass sie die Frau genau hier gefunden hatte! Aber war es wirklich Zufall gewesen? Sie nahm das Amulett aus ihrer Bluse und betrachtete es. War es im Auto nicht plötzlich wärmer geworden und hatte sich ihr Blick dann nicht wie gesteuert direkt der Pyramide zugewandt. Wollte das Amulett etwa, dass sie die Frau fand? Layla hätte fast laut aufgelacht. Für solch einen Gedanken hätte sie sich bis vor kurzem noch selbst ins Irrenhaus eingeliefert. Die Frau hatte sich wieder soweit beruhigt, dass sie mit ihrer Befragung fortfahren konnte.
„Señora, haben Sie schon einmal etwas vom geheimen Pfad von Cholula gehört?“
Mit großen Augen sah die Frau Layla an. Layla konnte die Gedanken fast sehen, die der armen Frau durch den Kopf gingen. Erst war da großes Erstaunen, dann Ablehnung, dann Zweifel und dann Schock über die Konklusionen zu sehen.
„Denken Sie wirklich…. Nein, dass kann nicht sein, oder doch, ich weiß nicht?“
„Was wissen Sie vom geheimen Pfad!“
„Nicht viel, nur das, was meine Großmutter mir erzählt hat. Niemand weiß genau wo er beginnt. Viele sagen, dass er in dem Hinterhof eines Hauses beginnt. Ich habe aber auch schon gehört, dass man nur über den hinteren Eingang einer entweihten Kirche dorthin kommt.“
Dabei hob sie verschwörerisch den Zeigefinger der rechten Hand in die Höhe, um das Gesagte zu betonen. Es schien klar, dass sie wohl eher an das letztere glaubte. Nach einer kurzen Pause, in der sie wild mit dem Zeigefinger gestikulierte, fuhr sie dann fort:
„Aber was dabei wahr ist und was Legende, weiß ich natürlich nicht. Auf jeden Fall soll dieser Pfad direkt in die Hölle führen. Mann sagt auch, dass niemand, der diesen Weg je betreten hätte, wieder zurückgekehrt sei!“
Die alte Frau bekreuzigte sich. Layla beschoss die Befragung zu beenden. Die arme Frau hatte genug unter ihrer herzlosen Befragung gelitten. Also standen die beiden auf und führten ihren Weg fort. Unten angekommen rannte ihnen ein junger Mann entgegen und nahm die arme, alte Frau in Empfang. Er hatte sie anscheinend verzweifelt gesucht. Die Frau machte sich noch mal los und rief Layla zu:
„Finden Sie meine Enkelin, Finden Sie meine Maria Rosita“
Layla lächelte gequält und winkte der Frau zu. Sie hoffte, dass sie der armen Frau keine falschen Hoffungen gemacht hatte. Sie glaubte nämlich nicht, dass die Enkelin noch lebte.
Da erblickte Layla endlich den Priester. „Da kann ich lange da oben suchen, wenn er hier unten ist“, dachte Layla und ging auf dem Geistlichen zu. Der Mann bemerkte Layla und lächelte sie freundlich an. Layla fragte:
„Pater, kann ich Ihnen einige Fragen stellen?“
„Gerne, mein Kind, was hast Du denn auf dem Herzen!“
„Haben Sie die arme alte Frau gesehen, mit der ich von der Kirche herunterkam?“
„Teresa Rojas, ja, ich kenne Sie!“
„Wissen Sie auch, was mit ihrer Enkelin passiert ist?
„Ja, bedauernswerterweise starb sie gestern bei einem Autounfall. Wir haben gerade für sie gebetet!“
„Wissen Sie auch von den seltsamen Umständen des Unfalls?“
„Das der Körper nicht gefunden wurde, ja, auch dies ist mir bekannt!“
„Dann haben sie sicher auch von den Schlussfolgerungen gehört, auf die man kommen könnte!“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
„Dass hier und in Puebla junge Frauen gezielt entführt werden“
„Doch, das habe ich, aber so was passiert bedauernswerterweise immer wieder in Mexiko, wobei ich da nicht sagen würde, dass dies wirklich gezielte Entführungen sein müssen!“
„Haben Sie schon einmal etwas vom geheimen Pfad von Cholula gehört?“
„Junge Frau, ich glaube an Gott und die heilige katholische Kirche, aber mit Sicherheit glaube ich nicht an solch einen Humbug!“
„Gibt