Wolkenschwäne. Mila Brenner

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Wolkenschwäne - Mila Brenner

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Laden.

      Ich war gerade dabei, die Verlagsvorschauen nach Sommerhits zu durchforsten. Vielleicht konnten wir noch was Besonderes anfordern und im Schaufenster ausstellen, als Lila zur Tür herein kam. Wir öffneten erst in einer halben Stunde und da Sephie heute frei hatte, kam Lila früher als sonst.

      „Guten Morgen!“, begrüßte sie mich mit einem breiten Lächeln im Gesicht und hielt mir zwinkernd eine braune Papiertasche und einen Becherhalter entgegen. „Lust auf Frühstück? Ich war noch auf einem Sprung im Boulder Cafe.“

      „Wirklich?“ Ich lächelte und kam hinter dem Computer hervor. „Das war eine tolle Idee.“

      „Ich weiß doch von Sephie, dass du dir zuhause kein Frühstück machst. Bis zum Mittag zu warten, erschien mir zu lang.“

      Sie ging nach hinten in den kleinen Aufenthaltsraum, wo wir zwei bequeme Sessel stehen hatten und richtete auf dem kleinen Beistelltischchen die Bagels und den Kaffee an. Zumindest roch es eindeutig nach frisch gekochtem Kaffee.

      „Ich wusste gar nicht, dass Sephie über mein Frühstücksverhalten mit dir redet.“ Grinsend setzte ich mich, griff zu dem Truthahnbagel, und begann zu essen.

      „Gibt es etwas, über das Sephie nicht mit einem redet?“

      „Nein“, gab ich zu und lachte. „Sie ist wirklich unmöglich.“

      „Ach na ja. Sie macht sich eben Sorgen um dich. Ist schöner, als wenn sie dir den Mann ausspannen würde, ohne dabei mit der Wimper zu zucken.“

      Mit großen Augen sah ich sprachlos zu Lila, die mich beruhigend anlächelte.

      „Guck nicht so, Eden. Ich bin über Bill hinweg. Und auch über Carmen. Sollen die beiden doch glücklich zusammen werden.“

      Lila hatte vor einem Dreivierteljahr die Scheidung eingereicht, als sie herausgefunden hatte, dass ihr Mann sie mit ihrer besten Freundin betrog und war von Denver nach Boulder gezogen. Die Vorstellung von seinem Mann mit der besten Freundin betrogen zu werden, erschien mir grauenhaft.

      „Ich kann nicht fassen, dass dir das in so kurzer Zeit gelungen ist.“

      „Bei Bill hat es lange gedauert. Das muss ich zugeben. Wir kannten uns 23 Jahre lang und waren 22 Jahre davon zusammen. Beinahe 20 Jahre Ehe und ein Sohn verbinden uns und werden uns immer irgendwie verbinden. Zu Matt war er schließlich gut, das kann ich nicht ausblenden. Doch was Carmen angeht“, Lila schüttelte entschlossen den Kopf. „Das Thema habe ich abgehakt, nachdem ich sie das zweite Mal im Bett meines Mannes fand. Sie war eine falsche Schlange und ich bereue bloß, dass ich das nicht viel früher bemerkt habe. Aber so bin ich wohl. Zu leichtgläubig und naiv. War ich immer schon. Als kleines Mädchen wollte ich schon nur das gute in den Menschen sehen und scheinbar hat es diesen harten Aufprall gebraucht, um zu begreifen, dass nicht jeder gut ist. Selbst wenn man es sich wünscht.“ Sie sah mich fragend an. „Was ist?“

      „Du klingst gar nicht verbittert. Wie machst du das? Wo steckst du die ganze Wut hin?“

      „Keine Ahnung.“ Sie lächelte ehrlich. „Ich war wütend. Zwei Wochen oder so. Danach sagte ich mir, dass mich das auch nicht weiter bringt. Weder die beiden zu hassen, noch mich selbst, hilft mit jetzt. Also habe ich damit aufgehört und mich darauf konzentriert, was ich mit meinem Leben anfangen will. Und soll ich dir was verraten?“

      „Was?“

      „Es fühlt sich toll an. Zu Anfang war es schwer, aber es tat gut, einfach mal nur an mich zu denken. Herauszufinden, was ich will, wer ich sein möchte und was ich im Leben alles allein schaffen kann. Das hat mir geholfen, über die beiden hinwegzukommen. Jetzt bin ich viel freier als früher. Selbstbewusster, weil ich mir selbst mehr zutraue und um ehrlich zu sein, bin ich irgendwie auch glücklicher. Vielleicht geht es Bill so, wenn er mit ihr zusammen ist. Was soll ich ihm da vorwerfen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Solange er für unseren Jungen da ist und für ihn zahlt, um ihn zu unterstützen, will ich mich nicht beklagen. Immerhin haben wir das mit Matt beide gut hinbekommen. Das ist nicht allein mein Verdienst.“

      „Das hast du schön gesagt.“

      „Ist ja die Wahrheit.“ Lila trank von ihrem Kaffee und auch ich schwieg einen Moment. Wie schon so oft fragte ich mich, ob sie ihre Kraft daher nahm, dass sie Mutter war.

      Ich fragte mich, ob ich mit Simons Tod anders umgegangen wäre, hätte ich ein Kind mit ihm gehabt. Vielleicht wäre ich stärker, als ich es jetzt war. Und wenn nicht? War es dann nicht besser so?

      Ich vertrieb den Gedanken. Natürlich war es besser so. Niemand sollte sich in meiner Situation wünschen, er hätte ein Kind. Als Kind ohne Mutter oder Vater aufzuwachsen, war das Schlimmste, was ich mir vorstellen konnte. Noch schrecklicher, als den Ehemann zu verlieren. Ich sollte froh sein, dass unsere Versuche ein Kind zu bekommen, nicht geklappt hatten.

      „Hast du keinen Hunger mehr?“

      Lila riss mich aus meinen trübseligen Gedanken und ich sah auf meinen halben Bagel. „Tut mir leid.“ Ich steckte ihn zurück in die Papiertüte. „Den Rest esse ich heute Mittag.“

      Als ich aufstand und nach dem Kaffee griff, sah sie mich fragend an.

      „Ich gehe schon mal vor.“

      Obwohl ich mittlerweile wieder gerne im Laden arbeitete, fiel mir der Kundenkontakt immer noch etwas schwer. Die meisten unserer Kunden kannten mich. Sephie und ich besaßen das Geschäft jetzt seit 5 Jahren und ich hatte schon zuvor für 4 Jahre hier gearbeitet, als die Buchhandlung noch Boulder Bookstore hieß und Mr. Jefferson gehört hatte. Ich dachte daran, wie wir uns kennengelernt hatten.

      Als ich fünfzehn war, war meine Großmutter gestorben und ich war schrecklich traurig gewesen. Immer öfter war ich statt zuhause im Boulder Bookstore. Mr. Jefferson hatte nichts dagegen, wenn ich mich mit einem Buch in einem der Erkerfenster im zweiten Stock verkrümelte und aufgrund abenteuerlicher, fantastischer Geschichten vor der Realität und meinem Kummer floh. Es mochte verrückt klingen, aber das half mir damals wirklich und dennoch blieb ich nach vielen Wochen immer noch, denn mittlerweile hatte ich den Laden und auch Mr. Jefferson liebgewonnen.

      Einen Sommer später machte ich mein erstes Praktika bei ihm. Wir nannten es so, weil ich darauf bestand, dass er mir nichts zahlte für meine Hilfe. Dafür verlangte ich, dass er mir alles zeigte, was er so machte, um eine Buchhandlung zu führen. Die gesamten Ferien über war ich kaum aus dem Geschäft zu bekommen. Damals hatten Sephie und ich den einzigen Streit in unserer Freundschaft, an den ich mich noch heute erinnerte. Es war ein heftiger und langwährender Streit gewesen. Statt mit ihr ins Freibad, oder auf Partys zu gehen, zu denen wir eingeladen worden waren, verbrachte ich meine Zeit lieber mit einem alten Mann und einem Haufen trockener, langweiliger Geschichten.

      Aber ich liebte nun mal Bücher und meine Reisen in fremde Welten, fremde Zeiten und manchmal mochte ich es auch, ein anderer Mensch zu sein. Das Gefühl zu haben, tausend Leben zu leben und immer wieder in ein neues Leben schlüpfen zu können. Wann immer ich wollte.

      Mr. Jefferson hatte meine Liebe zu Geschichten erkannt und mich verstanden. Das hatte zu einer wunderbaren Freundschaft geführt, die mich nach meinem Collegeabschluss wieder zu ihm zurückgebracht hatte. Er war gar nicht überrascht, als ich erklärte, für ihn arbeiten zu wollen. Zuerst half ich nur aus, später kümmerte ich mich zusätzlich um die Buchhaltung, was ihm nie Freude bereitet hatte. Und als er seine Krebsdiagnose bekam, übernahm ich immer mehr seiner Arbeiten, bis er dann so krank wurde, dass er gar nicht mehr in den Laden kommen konnte.

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