Wolkenschwäne. Mila Brenner
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„Das hier ist Salat mit frisch gerösteten Pinienkernen und Ziegenkäse. Das da ist Salat mit Heidelbeeren und Linsen und der Feldsalat ist mit Erdbeerdressing gemacht.“
Ich warf meinem Vater einen Blick zu und er erwiderte ihn. In seinen Augen las ich die eindeutige Botschaft: „Ich habe es dir ja gesagt.“
„Weißt du Mom, das sieht alles hervorragend aus und ich habe nicht gefrühstückt. Ich nehme von allen drei Salaten ein bisschen.“
Meine Mutter lächelte glücklich, schnitt mir danach von dem noch warmen Brot zwei große Scheiben ab und schob den Ziegenfrischkäse und die Erdbeermarmelade in meine Richtung.
Wir aßen über eine Stunde, saßen dabei zusammen im Garten und unterhielten uns. Mein Vater erzählte mir von der Ernte, seinem Kampf gegen freche Vögel und Käfer und seinen neuen Eigenkreationen, wie der Erdbeer-Ingwer Marmelade und dem Birnen-Quitten Gelee mit einer kleinen Note von Cranberry. Ich versprach zu kosten, und ihm danach meine ehrliche Meinung zu sagen. Allerdings klang der Name bereits so lecker, dass ich schon jetzt wusste, dass es mir schmecken würde.
Nachdem wir eingesehen hatten, dass keiner von uns in der Lage war, auch nur eine Gabel mehr zu essen, half ich meiner Mutter beim Abräumen. Während sie die Salate umfüllte und in den Kühlschrank stellte, spülte ich.
„Und wie geht es dir Schatz?“
Ich warf einen Blick über die Schulter und sah, wie meine Mom mich beobachtete.
„Gut. Warum fragst du? Ich habe euch doch eben erzählt ...“
„Du hast von deiner Wohnung erzählt, die Fotos auf deinem Handy gezeigt und von der Arbeit und Lila berichtet. Ich freue mich, dass ihr gut miteinander auskommt, deine Wohnung sieht wirklich schön aus und Vater und ich besuchen dich bestimmt gerne, um uns alles selbst anzusehen. Aber du hast uns trotzdem nichts von dir erzählt.“
So wie sie das betonte, konnte ich die Intention dahinter nicht missverstehen. Ich seufzte. „Und ich dachte schon, du hättest es nicht gemerkt.“
Meine Mutter schnaubte. „Ich bin deine Ma. Natürlich merke ich so was.“ Sie kam zu mir, lehnte sich an die Küchenzeile und sah mir von der Seite her in die Augen. „Es tut immer noch sehr weh, nicht wahr?“
Ich nickte, unfähig etwas zu sagen.
Sie streichelte meinen Arm und ich hörte, wie sie seufzte. „Ach mein armer Schatz.“
„Nicht.“ Ich hob den Kopf und sah sie an. „Kein Mitleid, Mom. Wir müssen damit aufhören. Es hilft mir kein bisschen, wenn du genau so traurig bist, wie ich.“
„Ja, ich weiß.“ Sie lächelte unsicher. „Aber ich weiß nicht, was ich machen kann, um dir zu helfen. Und das macht mich wahnsinnig, Kind.“
„Das braucht es nicht. Mit der Zeit wird es besser.“ Das musste es einfach. „Es ist schön bei euch zu sein und zu reden. Lass uns so tun, als wäre das der Grund dafür, dass ich hier bin und nicht, weil ihr euch immer noch Sorgen um mich macht. Meinst du das geht?“
„Ja.“ Sie nickte. „Ja, natürlich, Schatz.“
„Edie?“
Ich sah an meiner Mutter vorbei. Mein Vater stand im Flur und warf mir einen fragenden Blick zu. „Hast du Lust auf einen Spaziergang? Wir können bis zum See gehen und sind bestimmt rechtzeitig zum Kaffee wieder hier. Außerdem haben wir nach dem Laufen bestimmt mehr Hunger als jetzt.“
„Müssen wir denn viel Hunger haben?“ Ich sah von ihm zu meiner Mom, die verlegen errötete.
„Es gab da dieses neue Rezept, was ich ausprobieren wollte.“
Ich lachte auf. „Und das heißt?“
„Deine Mutter hat Erdbeerkuchen gemacht, einen Obststreuselblechkuchen und noch Torteletts. Du siehst, wir müssen unbedingt bis zum See laufen, bevor wir uns wieder zurück in den Garten trauen.“
„Du bist wirklich unmöglich, Mom.“
„Ach was. Das, was übrig bleibt, kann dein Vater morgen mit in den Laden nehmen. Wenn es nach unseren Kunden geht, könnte ich glatt noch eine Bäckerei oder ein Café aufmachen.“
Mein Vater nickte. „Sie lieben das Gebäck deiner Ma.“
„Natürlich lieben sie es.“ Daran zweifelte ich kein bisschen. Meine Mutter war eine ausgefallene Köchin, aber sie tat es mit so viel Liebe und Leidenschaft, dass jede ihrer Kreationen dennoch gelang, und zudem unglaublich lecker war.
„Vielleicht sollte ich mir die Idee ernsthaft überlegen. Wäre zur Abwechslung doch mal schön, mein eigener Chef zu sein, statt für deinen Vater zu arbeiten.“
Mein Vater schüttelte den Kopf. „Kommt gar nicht in Frage. Wir haben genug Arbeit.“
Es war schön, zu sehen, wie meine Eltern sich nach so vielen Jahren einander immer noch mit liebevollen Neckereien bedachten. Bevor mein Herz schwer wurde und die Traurigkeit mich zu verschlucken drohte, wandte ich mich an meinen Vater.
„Komm schon, Dad. Lass uns gehen. Sonst wird es zu spät und du weißt ja, wie Mom es hasst, wenn der Tee kalt wird.“
Denn vier Uhr war ihre feste Teezeit und sie duldete es nicht, dass man früher damit anfing oder zu spät kam. Als ich noch zuhause gewohnt hatte, hatte ich um vier Uhr alles stehen und liegen lassen und im Wohnzimmer oder im Garten erscheinen müssen. Während des Tees unterhielten wir uns über den Tag und egal wie blöd ich es fand, an so einer kindischen Regel festzuhalten, war ich am Ende glücklich gewesen, dass meine Mutter keine Gnade kannte. Denn irgendwie war es doch immer schön, zusammenzukommen, zu reden und sich daran zu erinnern, dass es mehr gab als sich selbst. Gerade als Teenager war das eine merkwürdige Erfahrung gewesen und meine Mutter behauptete bis heute, dass sie meine Pubertät anders nie überstanden hätte. Statt mit Strafen und strengen Regeln hatte meine Mutter es geschafft, zu meiner Freundin zu werden, indem sie mich dazu brachte, sie nicht aus meinem Leben auszugrenzen. Sei es auch nur durch diese halbe Stunde am Tag, die ich ihr zuhören musste, oder die sie mich überredete, über die Dinge zu sprechen, über die ich sonst nicht reden wollte. Heute war ich ihr dankbar dafür, denn trotzdem ich viele Freundinnen hatte, konnte niemand meine Mom ersetzen. Ich liebte meine Eltern und sie würden für mich immer die wichtigsten Menschen auf der Welt sein.
Genau deswegen antwortete ich meinem Vater ehrlich auf die Frage, ob es okay sei, dass ich meinen freien Sonntag mit ihnen verbrachte.
„Das ist schon okay, Dad.“ Ich hakte mich bei ihm ein und gemeinsam liefen wir den schmalen Kiesweg bis zur Straße entlang. Die Sonne brannte hoch am Himmel und ich hatte mir einen von Moms Strohhüten geliehen, so dass ich keinen Sonnenstich bekam. Dad trug seinen Anglerhut und brachte mich auf eine Idee.
„Warum hast du nicht deine Angelrute mitgenommen?“
„Ach Edie. Ich war schon eine Ewigkeit nicht mehr angeln.“
„Wieso nicht?“
„Die Zeit, Liebes. Ich wüsste nicht, wann ich das machen soll. Um ehrlich zu sein, hat deine Mutter dich nur eingeladen, damit ich mal nicht arbeite.“
Obwohl in seiner Stimme die Heiterkeit lag,