Sonne am Westufer. Fabian Holting
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Читать онлайн книгу Sonne am Westufer - Fabian Holting страница 18
»Und was macht deine Frau beruflich?«
»Sie ist Journalistin und viel auf Reisen.« Bessell probierte die Lasagne. Sie schmeckte ihm.
»Ach, ich glaube, dass deine Frau Journalistin ist, hattest du mir schon an dem Abend in San Nazzaro erzählt. Es ist schon ein seltsamer Zufall, dass wir beide gescheiterte Ehen hinter uns haben.« Sie wirkte auf einmal sehr nachdenklich, spießte ebenfalls ein Stück Lasagne auf die Gabel und schob es sich vorsichtig in den Mund. Die Lasagne war nicht mehr so heiß wie zu Beginn.
»Nicole, wir müssen noch über dich und deinen Mann sprechen. Ich glaube Favalli hat es auf uns beide abgesehen. Er verdächtigt uns.«
Sie wurde blass, sah Bessell kurz in die Augen und dann wieder auf ihren Teller. Mit der Gabel stocherte sie in ihrer Lasagne herum. Dann legte sie das Besteck an den Tellerrand und lehnte sich zurück.
»Du hast recht, das müssen wir.«
Bessell überlegte, sah noch einmal hinaus in die schon fortgeschrittene Dämmerung. Der See war kaum noch zu erkennen und aus der ockergelben Felsenmadonna war ein graues Gebäude mit Türmchen geworden. In den Fensterscheiben spiegelte sich bereits zart das Innere des Restaurants, allen voran Bessell, zurückgelehnt in seinem Stuhl und Nicole, die etwas in sich zusammengesunken darauf wartete, von ihm befragt zu werden.
»Wie du schon richtig erkannt hast«, fing Bessell an, »hat der Zufall es alles andere als gut mit mir gemeint.« murmelte er kopfschüttelnd und ließ ein leises spöttisches Lachen folgen.
»Eigentlich bin ich hier ins Tessin gekommen, um in der Beschaulichkeit dieser Landschaft konzentriert an meinem Roman zu arbeiten. Jetzt im Winter war ich davon überzeugt, dass es gelingen könnte. Und dann gerate ich mitten in solch eine Sache hinein.«
»Das tut mir schrecklich leid für dich«, sagte Nicole und legte ihre Hand auf seine. Bessell empfand die Berührung als sehr angenehm, dennoch zog er seine Hand nach einem kurzen Augenblick zurück und trank von seinem Glas. Nachdem er das Glas zurückgestellt hatte, legte er seine Hand nicht wieder auf den Tisch.
»Favalli und Caroni haben sich bereits eine Meinung über mich gebildet, die unumstößlich zu sein scheint und offenbar durch Gerüchte genährt wird.« Bessell klang sehr ärgerlich.
»Irgendwer im Ort hat ihnen erzählt, dass ich mit dir gut befreundet bin. Doch wenn man genau hinhört, dann meinten sie mit befreundet, dass wir etwas miteinander haben.«
Nicole lachte kurz und spitz auf, verdrehte die Augen und griff nach ihrem Weinglas.
»Die spinnen doch«, sagte sie und kippte den letzten Rest aus dem Glas hinunter.
»Das mag sein, aber die meinen es ganz ernst. Favalli hat mir heute Morgen ziemlich unverblümt zu verstehen gegeben, dass er mich verdächtigt, deinen Mann umgebracht zu haben.«
Bessell hatte etwas lauter gesprochen und sah hinüber zum Tresen. Sie waren noch immer die einzigen Gäste im Lokal. Die junge Bedienung polierte wieder die Gläser, die Ältere war nirgendwo zu sehen.
»Dieser Vollidiot«, warf Nicole scharf dazwischen.
»Er sprach übrigens davon, dass du bei der Scheidung ziemlich leer ausgegangen wärst, weil ihr keine Kinder habt und dein Mann das Geld verdient hat.«
Nicole sah empört zur Seite und biss sich auf die Unterlippe. Bessell wartete darauf, dass sie sich verteidigte. Doch es kam nichts. Schließlich ergriff er wieder das Wort.
»Und da ich als mittelloser Schriftsteller und dein vermeintlicher Geliebter ebenfalls vom Tod deines Mannes profitieren würde, verdächtigen sie mich eben. So einfach ist das.«
Nicole schüttelte den Kopf.
»Das ist alles so krank. Diesem Favalli habe ich gleich angemerkt, dass er mich nicht mag und ganz offenbar Vorurteile gegen mich hat. So in der Art, verwöhnte Frau, die selbst nichts zustande gebracht hat und sich von ihrem Mann aushalten lässt.« Sie sah sehr zornig aus, während sie es sagte.
Bessell wartete ab, ob sie noch etwas hinzufügen wollte, doch sie beugte sich nach vorn, nahm die Glaskaraffe und schenkte sich den letzten Rest Wein ein.
»Übrigens«, sagte Bessell, »was die ganze Sache nicht leichter macht, Favalli hat mir heute Morgen ebenfalls mitgeteilt, dass ein Raubmord definitiv ausscheidet. Dein Mann soll Bargeld und Kreditkarten bei sich gehabt haben und nichts von dem wurde angerührt.«
Nicole hatte ihr Weinglas zum Mund führen wollen, dann aber mitten in der Bewegung abgebrochen.
»Davon hat er mir nichts erzählt«, sagte sie nachdenklich.
Obwohl Bessell schon keinen Appetit mehr hatte, aß er wieder von seiner Lasagne und dem Salat.
»Sage mir noch einmal, aus welchen Fragen du heraushören konntest, dass der Kommissar dich verdächtigt?«, wollte Bessell wissen. Nicole überlegte einen Augenblick.
»Na ja, er fragte mich, ob wir uns an dem Abend gestritten haben, was ich noch für meinen Mann empfunden habe und ob ich ebenfalls unten am Strand war. Außerdem wollte er wissen, ob ich schon einen anderen Mann kennengelernt habe.«
»Und, was hast du geantwortet?«
»Nein, habe ich nicht. Dass er den Gedanken hatte, du könntest der Mann sein, darauf wäre ich nie gekommen.« Sie nahm wieder ihre Gabel in die Hand, konnte sich dann aber doch nicht entscheiden, weiter zu essen.
Jetzt lachte Bessell spöttisch und wackelte mit dem Kopf.
»Wenn ich hier nicht mit dir sitzen und sich das nicht alles verdammt echt anfühlen würde, dann könnte ich ernsthaft glauben, es wäre alles nur ein böser Traum. Ich bin mit deinem Auto hierher gefahren, wir sind zusammen gewandert, wir duzen uns mittlerweile und jetzt sitzen wir hier beim Essen, dabei bist du im Grunde genommen eine vollkommen fremde Frau für mich. Ich weiß so ziemlich nichts über dich. Wer sagt mir denn, dass du deinen Mann nicht doch umgebracht hast.«
Den letzten Satz bereute er sogleich, weil er dadurch mit der Tür ins Haus gefallen war.
»Du verdächtigst mich also auch?« Nicole schien den Tränen nah zu sein, versuchte aber die Haltung zu bewahren.
»Nein, eigentlich nicht«, sagte Bessell halblaut, »aber du musst mir unbedingt mehr von dir erzählen. Und vor allem müssen wir gemeinsam überlegen, wer deinen Mann umgebracht haben könnte.« In Wirklichkeit war er sich gar nicht so sicher und hoffte, dass sie es ihm nicht anmerkte. Nicole hatte sich wieder etwas beruhigt. Sie rieb sich mit dem Handrücken über die Augen, so als hätte sie Tränen darin. Doch ihre Augen waren trocken geblieben. Sie sah aber sehr müde aus. Die ältere Kellnerin kam an ihren Tisch. Bessell hatte seine Lasagne aufgegessen und nur wenige Salatblätter übriggelassen.
»War alles in Ordnung?«
»Ja, nur etwas zu viel«, sagte Nicole und ließ abräumen.
»Darf