Von Gnomen und Menschen. Gisela Schaefer

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Von Gnomen und Menschen - Gisela Schaefer

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und die armen Tiere taten ihnen auch herzlich leid – aber, auf der anderen Seite, fraßen sie sich nicht auch gegenseitig? Wie dem auch sei - sie hätten sich gern selber ein Bild von den Dorfbewohnern gemacht, ihre eigenen Erfahrungen gesammelt. Nun bestand aber, außer diesen wenig ermutigenden Ansichten des Fuchses, noch eine ganz andere Schwierigkeit. Der Wald war nämlich nicht nur riesengroß, was allein schon für eine nicht hinnehmbare Reisedauer bis zur Ansiedlung geführt hätte, er wurde auch von Jahr zu Jahr undurchdringlicher. Die Bäume wuchsen so lange in den Himmel, bis sie aus Altersschwäche krachend zu Boden stürzten, vermoderten, von Moos überwuchert und von Ameisen besiedelt wurden – und schließlich zerbröselten. Farne und Dornengestrüpp, Ableger von Nadel- und Laubbäumen bildeten ein dichtes Unterholz und eine dicke Schicht Blätter bedeckte den Boden, der sich an vielen Stellen vom starken Wurzelwerk hochwölbte. An anderen hatten sich Senken gebildet, in denen Tümpel aus Regenwasser wie kleine Teiche standen. Meist kam der nächste Schauer rechtzeitig, um ein vollständiges Austrocknen zu verhindern, so dass mit der Zeit an ihren Rändern Wasserpflanzen gediehen, grün und blau schillernde Libellen umher schwirrten und die Tiere des Waldes ihren Durst stillen konnten. Selbst die Größten unter den Gnomen erreichten nicht mehr als 15 cm an Höhe, und somit waren all diese Hindernisse nur mühsam zu überwinden.

      Da ereignete sich etwas, das das Transportproblem lösen sollte: Ein Uhu-Pärchen war in den Wald gezogen, das erste und einzige seiner Art, und hatte sich nahe Bomburs Quelle niedergelassen. Kaum angekommen, setzte sich Buba das Weibchen ins neu gebaute Nest und sorgte für Nachkommenschaft. Gleich vom ersten Ei an war sie gezwungen, dort auszuharren und sich auf die Nahrungsbeschaffung durch ihren Lebenspartner zu verlassen. Das tat er auch gewissenhaft bis – ja, bis er eines Morgens nicht wiederkehrte. Den ganzen langen Tag über saß Buba hungrig und ängstlich im Nest, kaum dass sie ihre Augen offen halten konnte. Sie hatte in aller Eile eine Nistmulde am Boden gewählt, eine weitaus gefährlichere Lage als hoch oben in der Felswand, war sie doch hier ungeschützt etwaigen Feinden wie Füchsen oder Wildschweinen ausgesetzt. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war es jedoch genau dieser Platz, der Buba und ihrem Nachwuchs das Leben rettete.

      Als ihr Mann auch am Abend und am nächsten Tag nicht erschien, wusste sie, dass ihm etwas zugestoßen sein musste und geriet in Panik. Sie schnappte erfolglos nach vorbeifliegenden Insekten und vorüberkrabbelnden Käfern, und stand vor der schrecklichen Entscheidung, entweder selber zu verhungern oder das Gelege zu verlassen, was zum sicheren Tod ihrer Jungen führen würde. Unentschlossen und tief verzweifelt jammerte und klagte sie laut vor sich hin, als Bombur des Weges kam. Sie brauchte nicht lange erklären bis er verstand, in welcher Notlage sie sich befand. Bombur überlegte ein Weilchen, dann sagte er: „Du wirst verstehen, dass wir dir nicht Kaninchen, Tauben, Igel oder was du sonst so frisst, besorgen können. Aber wir könnten folgendes machen …“

      So kam es, dass noch am gleichen Tag das ungewöhnlichste und sicher bislang einzigartigste Ausbrüten von Uhu-Jungen begann, indem mehrere Schichten warmer Wolldecken über Bubas Eier ausgebreitet wurden und jeweils vier Männer aus Bomburs Familie Wache hielten, während das Uhu-Weibchen auf Jagd gehen konnte. Es dauerte über einen Monat, bis alle vier Jungen gesund und munter geschlüpft waren - mit einer ausgeprägten Anhänglichkeit an Gnome vom ersten Augenblick ihres Erdenlebens an ausgestattet, was nicht verwunderlich war unter diesen Umständen. Es dauerte weitere zwei Monate, bis die gesamte Familie zu den Gnomen übersiedeln konnte und die kleinen, rund-äugigen Uhu-Kinder keine Decken mehr benötigten, weil sie nach und nach ihre zauseligen Baby-Flusen gegen warme Federn auswechselten. Hier waren sie in Sicherheit und tobten mit den Gnomen-Kindern nach Herzenslust herum. Ihre Mutter fütterte sie noch drei Monate lang, dann konnten sie für sich selber sorgen. Buba war über alle Maßen froh über diese glückliche Wendung ihres Schicksals und wollte unbedingt ihre Dankbarkeit gegenüber den Gnomen beweisen. Daher bot sie ihnen an, sie für den Rest ihres Lebens mit Mäusen und Ratten zu beliefern, was die Gnome dankend ablehnten. Sie gab indes keine Ruhe, irgendwas müsse es doch geben, womit sie ihnen eine Freude bereiten könne, meinte sie drängend. Und wieder war es Bombur, dem ein genialer Einfall kam. Er lief um Buba herum, schaute kritisch und prüfend von allen Seiten und kratzte sich hinterm Ohr.

      „Was ist?“ fragte sie stirnrunzelnd.

      „Vielleicht gibt es tatsächlich etwas, was du für uns tun kannst,“ druckste er herum, weil er nicht sicher war, wie seine Idee aufgenommen würde.

      „Dann sag schon,“ ermunterte ihn Buba, die durch sein Zögern neugierig geworden war.

      „Könntest du uns irgendwohin fliegen,“ sprudelte Bombur nun ohne Umschweife hervor.

      „Irgendwohin fliegen,“ fragte Buba ungläubig.

      „Also ich meine nicht ‚irgendwohin‘, sondern zur Ansiedlung am Waldrand.“

      „Das ist weit! Was wollt ihr denn da … und wer ist wir … etwa ihr alle?“

      „Gütiger Himmel, nein, nur Nidi, Durin und ich. Es ist so, wir würden gern herausfinden, wie es mit den Menschen steht. Aber der Weg dorthin ist zu weit und zu schwierig für uns … deshalb dachte ich … eventuell … wenn du nichts dagegen hast … ich weiß auch gar nicht, ob das geht, aber man könnte es vielleicht versuchen …“

      „Und warum wollt ihr wissen, wie es mit den Menschen steht?“

      „Na ja,“ wiegelte Bombur ab, „es wäre doch gut für uns alle, wenn wir über ihre Pläne Bescheid wüssten hinsichtlich unseres Waldes … es könnte ja sein, dass sie ihn ganz abholzen wollen. Haben wir alles schon erlebt … hoch oben im Norden, wo wir herkommen.“

      Bombur übertrieb hier etwas, aber der Zweck heiligt die Mittel, dachte er.

      Buba überlegte - es war was dran, was der Gnom da sagte. Den Menschen war nicht zu

      trauen. Wer wusste schon, was in ihren dicken Köpfen vorging. Die Gnome verstanden ihre Sprache - wenn das nicht eine einmalige Gelegenheit war, ihnen direkt hineinzusehen.

      „Ich kann aber nur einen von euch auf den Rücken nehmen,“ gab sie zu bedenken, „reicht das nicht?“

      „Besser wär’s, wenn alle drei Oberhäupter diese Reise gemeinsam unternehmen würden, drei Augenpaare sehen mehr als eines, und sechs Ohren hören mehr als zwei.“

      „Ich verstehe … mh … dann warten wir eben noch ein Jahr bis meine Jungen stark genug für ein solches Unternehmen sind … jeder von euch Weisen Männern bekommt dann sein persönliches Flugzeug.“

      „Flugzeug? Ich kenne Werkzeug, Flickzeug und Verbandszeug … aber Flugzeug … Donnerwetter, ein guter Name! Den hab ich noch nie gehört! Nächstes Jahr geht in Ordnung … wir müssen sowieso noch eine Menge Vorbereitungen treffen, das braucht Zeit.“

      „Wie lange wollt ihr denn dableiben?“

      „Das weiß ich selber noch nicht, aber ich schätze, mindestens vier Wochen. Wie lange brauchst du für den Flug?“

      „Mit einer solchen Last auf dem Rücken … da werden wir lange Verschnaufpausen einlegen müssen. Grob geschätzt: Drei bis vier Nächte. Und ihr wollt vier Wochen im Dorf herumlaufen um zu erkunden, ob sie den Wald abholzen? Nie im Leben! Also was habt ihr sonst vor?“

      Buba sah ihn forschend an und Bombur senkte die Augen.

      „Nun ja,“ gab er zögernd zu, „es gibt tatsächlich noch einen anderen Grund. Wir möchten herausfinden, ob man mit ihnen Handel treiben kann.“

      „Handel! Womit denn?“

      „Mit Eisen, Gold und Edelsteinen …

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