Rache für Dina. Cristina Fabry

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Rache für Dina - Cristina Fabry

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trug graue Bundfaltenhosen aus Wollstoff mit Bügelfalte und dazu eine cremefarbene Chiffonbluse mit überdimensionaler Schleife, die ihre gewaltige Oberweite unvorteilhaft überbetonte. Ihr ausladendes Becken stand in einem absurden Missverhältnis zu ihren schmalen Füßen, die in altmodischen Lackpumps steckten. Sonst war sie eher grobknochig und hoch gewachsen. Das vermutlich gefärbte, nussbraune Haar war in einer voluminösen, schulterlangen Betonfrisur erstarrt. Ihr perlrosa Lippenstift, der perfekt zum Nagellack passte, war verschmiert und auch das Augen-Make-up hatte hässliche Ringe gebildet. Tränenrinnsale hatten sich durch die pudrige Tagescreme ihren Weg gebahnt. „Wenn sie sich jetzt selbst sehen könnte, würde sie vor ihrem eigenen Spiegelbild erschrecken.“, dachte Keller.

      „Frau Attig, ich weiß, das ist alles sehr schlimm für Sie, aber in einem Mordfall müssen wir so schnell wie möglich ermitteln, nur so haben wir eine Chance, die Umstände aufzuklären. Wann haben Sie Herrn Volkmann zum letzten Mal lebend gesehen?“

      „Etwa eine Viertelstunde bevor ich ihn gefunden habe.“

      „Wann genau war das?“

      „Ich weiß nicht. Aber nur wenige Minuten, nachdem ich ihn gefunden habe, hat doch Herr Werner die Polizei gerufen.“

      „Also etwa zwanzig Minuten vor dem eingegangenen Anruf. Das grenzt die Tatzeit enorm ein. Frau Attig, haben Sie mitbekommen, dass in dieser Zeit zwischen Ihrer letzten Begegnung mit Herrn Volkmann und dem Moment, wo Sie ihn tot aufgefunden haben, jemand bei ihrem Chef im Zimmer war?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Ich war damit beschäftigt, ein Protokoll zu schreiben, das mir Herr Pfarrer Volkmann auf das Diktiergerät gesprochen hatte. Ich habe nichts gehört.“

      Keller wandte sich an die Pfarrerin: „Waren Sie zur Tatzeit hier im Haus?“

      Die Pfarrerin schüttelte den Kopf. „Nein, als ich herkam, war Frau Attig schon ganz außer sich, und unser Verwaltungsleiter hat mich gebeten, mich ihrer anzunehmen. Aber auch, wenn ich hier gewesen wäre: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man mitbekommt, wer hier ein- und ausgeht. Das ist hier kein besonders gesichertes Gebäude. Wir sind ja normalerweise kein Ziel für Überfälle oder Anschläge.“

      „Aber die Leute, die an der Pforte sitzen...“

      „Die sind viel zu beschäftigt.“, unterbrach die Pfarrerin ihn. „Sie sitzen zwar an der Pforte, müssen von da aus aber ganz normale Verwaltungsaufgaben erledigen. Jeden Tag ist ein anderes Team dran. Das ist der Fluch der Rationalisierung.“

      „Kannten Sie Herrn Volkmann gut?“, fragte er die Pfarrerin.

      „Wie man seinen Chef eben so kennt. Das heißt, er war vorher Pfarrer in Hartum, da sind wir uns gelegentlich bei der Pfarrkonferenz begegnet. Aber ich hatte kaum Kontakt zu ihm; ich bin Pfarrerin in Neesen und Lerbeck, ganz andere Richtung“, sie räusperte sich, „auch theologisch.“

      „Sagen Sie mir auch Ihren Namen?“, bat Keller sie.

      „Margarethe Vormbrock.“

      Keller bedankte sich. „Das war's fürs Erste. Ich werde aber sicher noch mehrfach auf Sie zukommen. Das heißt, warten Sie, hat eine von Ihnen zufällig einen Verdacht oder eine Idee, um welches Motiv es sich handeln könnte?“

      „Unsinn!“, stieß Frau Attig hervor. „Er war ein herzensguter Mensch, ein ganz wunderbarer Vorgesetzter und er hat so hart gearbeitet.“

      „Also einen konkreten Verdacht habe ich auch nicht.“, setzte Frau Vormbrock hinzu. „Aber Motive gab es wohl eine Menge. In einem Kirchenkreis geht es ja auch immer um Verteilung von Geld, Durchsetzung neuer Ideen, Wahrung von Privilegien. Na ja, und ein Chef stößt selten nur auf Gegenliebe. Manche Kollegen sind nicht besonders gut auf ihn zu sprechen und auch die Nicht-Theologen unter den kirchlichen Mitarbeitern hatten schon die eine oder andere heftige Auseinandersetzung mit ihm.“

      „Könnten Sie da etwas konkreter werden?“, fragte Keller interessiert.

      „Ach, da gibt es in jeder Gemeinde irgendwelche Ärgernisse. Bei uns war es beispielsweise der Küster, der mit ihm auf Kriegsfuß stand. Nicht, dass er persönlich mit ihm aneinander geraten wäre, aber er schimpfte oft auf die Kirchenkreis-Leitung, weil von dort neue Richtlinien heraus gegeben worden waren, Zeitbudgetierung für Küsteraufgaben. Unser Küster hat neben den Gemeindehäusern und Kirchen in Neesen und Lerbeck auch noch einen Teil der Pflege der Außenanlagen in Meißen dazu bekommen. Da, wo Küster ausscheiden, wird nicht wieder besetzt und die Arbeit statt dessen auf die verteilt, die noch im Amt sind. Gehalt und Gesamt-Zeitkontingent bleiben aber unverändert. Das verursacht natürlich Stress und macht die Leute unzufrieden.“

      „Aber glauben Sie, dass jemand wegen so etwas töten würde?“, fragte Keller ungläubig.

      „Kennen Sie die Abgründe der menschlichen Seele?“, gab Frau Vormbrock zu bedenken. „Allerdings halte ich unseren Küster für in höchstem Maße unverdächtig. Der hätte gar nicht die Zeit gehabt, heute hier her zu kommen. Und es fehlt ihm wohl auch die blutige Ader für so ein obszönes Verbrechen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

      „Ich denke schon.“, antwortete Keller. „Tja, dann auf Wiedersehen und wie gesagt, Sie hören noch von mir.“

      3. Neesen, Porta Westfalica

      Eine Mischung aus Schweiß und Regentropfen floss an Jens Carstensens Körper herab, als er die Haustür aufschloss. Bei diesem Wetter machte nicht einmal das Joggen Spaß. Schneeregen im April. Da hätte er auch gleich in Flensburg wohnen bleiben können. Aber Porta Westfalica war ja auch nicht gerade die Toskana. Nicht einmal mit dem milden Klima des Rheintals konnte der berühmte Weserbogen mithalten. Im Gegenteil: hinter dem Wiehengebirge begann die norddeutsche Tiefebene und die war im Prinzip der Wurmfortsatz Ostfrieslands. Wenn man im malerischen Bergkirchen den Kamm aus Richtung Bad Oeynhausen kommend überschritten hatte und sich in Serpentinen am Nordhang herab schlängelte, war man nicht sicher, ob es sich bei dem, was da vor einem lag um Festland oder von der Ebbe frei gelegte Salzwiesen handelte.

      Der Anrufbeantworter blinkte. Jens Carstensen unterdrückte den Impuls, sich wie ein Hund zu schütteln, streifte statt dessen die Schlamm-verkrusteten Laufschuhe ab und eilte ins Bad, um die nassen Kleidungsstücke los zu werden und Schweiß, Schmutz und Verspannung unter einer heißen Dusche fortzuspülen. Als er sich abgetrocknet und frische Kleidung angezogen hatte, fühlte er sich bedeutend wohler und war bereit, der Ursache für das penetrante Blinken seines Anrufbeantworters auf den Grund zu gehen. Es war Margrets Stimme: „Hallo Jens, hier ist Margret. Du musst mich unbedingt sofort zurückrufen, auf dem Mobiltelefon. Es ist dringend.“

      Was war denn da schon wieder passiert? Es war doch gar nicht Margrets Art, nicht zu sagen, worum es ging. Er drückte die passende Kurzwahltaste und nach zwei Klingelzeichen nahm die Pfarrerin ab. „Jens? Bist du das?“

      „Ja klar. Was ist denn so eilig, dass du es so spannend machst?“

      „Am besten, du setzt dich erst mal hin.“

      „Oh Gott! Ist einer gestorben?“

      „Allerdings.“

      Jetzt setzte Jens sich augenblicklich auf den bequemen Sessel, der neben dem Telefon stand. Er erwartete das Schlimmste, was sich dadurch bemerkbar machte, dass ein Großteil seines Blutes in seine Beine sackte, seine Arme sich ganz kraftlos anfühlten und ein leichter Schwindel sich seiner bemächtigte.

      „Also

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