Clarissa und Fiete III. Hans Müller-Jüngst

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Clarissa und Fiete III - Hans Müller-Jüngst

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war. Einige Teamkollegen hatten kleine Geschenke mitgebracht, über die sich Fiete sehr freute. Es wussten natürlich alle, dass Fiete auf die Lofoten gehen sollte, um dort ein Windkraftprojekt von E.ON zu betreuen, und es beneideten ihn nicht alle darum.

      „Die ganze Sache ist aber auf vier Monate befristet und deshalb überschaubar“, sagte Fiete. Es war ein netter Abend bei Clarissa und Fiete, und um 23.00 h gingen die Letzten. Fiete sollte doch einmal eine Karte von den Lofoten schicken, sagten sie ihm beim Abschied, er sollte die Temperatur und die Regenstunden auf der Karte vermerken, damit man sich zu Hause ein Bild von den Wetterverhältnissen machen könnte. Fiete versprach, zu schreiben, „ich werde ein Stimmungsbild schicken, das die Umstände, unter denen ich auf den Lofoten lebe, so exakt wie möglich wiedergibt.“ Fiete hatte im Anschluss eine Woche Urlaub, in der er sich über vieles klar werden wollte, besonders, was seine berufliche Zukunft anbelangte, aber auch sein Verhältnis zu Clarissa wollte er überdenken.

      Am Wochenende packte er probehalber ein paar Sachen in seinen neuen Trolley, er würde den Koffer und einen Rucksack mitnehmen, wenn er noch mehr Sachen brauchte, müsste Clarissa ihm die hoch schicken, er glaubte aber, dass er alles mitbekäme, was er brauchte. Sein Flug würde am Sonntag ab Hamburg gehen, er flöge zunächst nach Oslo, hätte dort nur einen kurzen Aufenthalt und flöge danach weiter nach Bodoe, von dort würde er mit einem E.ON-Helikopter nach Flakstad gebracht, in unmittelbarer Nähe zu diesem Ort sollte die Windkraftanlage gebaut werden. Die Stadt oder besser das Dorf lag auf Flakstadoy, einer der äußeren Inseln des Lofotenarchipels. Der Ort lag am offenen Atlantik und bot deshalb für eine Windkraftanlage einen hervorragenden Platz. Fiete wollte noch nach Süderland anrufen und dort mitteilen, was E.ON mit ihm vorhätte, dass er für vier Monate auf die Lofoten ginge. Immer wieder sah sich Fiete die Karte des Archipels an, er musste sich einfach mit der Geografie der Inseln vertraut machen, er lernte, dass die Lofoten im Wesentlichen aus dem südwestlichen Teil von Hinnoy, Skrova, Gimsoy, Vestvagoy, Flakstadoy, Moskenesoy und dem weit entfernt liegenden Vaeroy und und dem noch weiter entfernt liegenden Rost bestand. Fiete setzte sich an den PC und kaufte die Flüge von Hamburg nach Oslo und von Oslo nach Bodoe, er ließ die Rechnung an E.ON schicken.

      Sein Flug ab Hamburg ginge um 13.55 h, er flöge um 15.15 h in Oslo ab und wäre um 16.45 h in Bodoe, wenn ihn dort der Helikopter rechtzeitig aufnähme, könnte er um 17.30 h in Flakstad sein. Fiete legte sich ein paar Bücher zurecht, die er unbedingt lesen wollte, er wusste nicht, ob er überhaupt Zeit zum Lesen fände, er ging aber davon aus, was sonst sollte man denn schon in der Dunkelheit und der Eiseskälte tun? Die Urlaubswoche verging wie im Fluge, Clarissa verließ Fiete morgens zur Uni, sie hatte sich am Mittwoch einen Tag frei genommen, sie gingen gemeinsam zum Uni-Sport und machten einen langen Spaziergang, an den anderen Tagen kam sie immer um 16.00 h nach Hause. Am Samstag kochte Fiete noch einmal ein leckeres Gericht für Clarissa und sich, er bereitete überbackene Hähnchenbrust zu und fuhr mit Clarissa in die Stadt, um dort Cappuccino zu trinken, er sah ihr im Cafe lange in die Augen und Clarissa lächelte ihn an.

      „Tu doch nicht so, als sähen wir uns ein Jahr nicht mehr!“, sagte Clarissa und sie hatte damit Recht, er käme schon am nächsten Wochenende wieder nach Hause. Er flöge Freitagmittag in Bodoe weg und wäre am Abend in Hannover, es kam Fiete aber so vor, als läge eine lange Trennung zwischen ihm und Clarissa.

      Am Sonntag nahm er den Zug um 11.05 h ab Hannover, Clarissa hatte ihn zum Bahnhof gebracht und sie verabschiedeten sich auf dem Bahnsteig voneinander. Eigentlich war Fiete ganz guter Dinge und fuhr frohen Mutes ab, er wäre ja in einer Woche wieder da und küsste Clarissa, der die Tränen in den Augen standen, er winkte ihr noch aus dem Zugabteil zu, er fuhr nach Hamburg.

      In Fuhlsbüttel setzte sich Fiete noch einen Augenblick auf einen Cappuccino in die Flughafenbar, er lief anschließend zum Gate und boardete, der Flug nach Oslo ging pünktlich. Der Flug verging völlig reibungslos und er landete um 14.45 h in Oslo-Gardermoen, fünfzig Kilometer nördlich der Innenstadt, man konnte von dort mit dem einzigen Hochgeschwindigkeitszug Norwegens in neunzehn Minuten nach Oslo rasen. Pünktlich um 15.15 h hob die Maschine nach Bodoe ab, der Anschluss war sehr knapp bemessen, Fiete schaffte ihn aber und flog in eineinhalb Stunden nach Bodoe.

      Es war 16.45 h und schon leicht dämmerig, als er in Bodoe landete, obwohl es erst Mitte September war. Ab Mitte Oktober stünde Fiete eine lange Zeit der Dunkelheit bevor, aber das wusste er längst und hatte sich darauf eingestellt. Bodoe war ein relativ nichtssagender Ort, er war die Hauptstadt der Provinz Nordland und hatte 48000 Einwohner, Bodoe war damit eine mittelgroße Stadt. Der Flughafen war klein und überschaubar, er diente der norwegischen Luftwaffe als Basis, und die zivile Luftfahrt spielte nur eine Nebenrolle. Von Bodoe aus gingen Flüge auf die Lofoten nach Svolvaer, Leknes und Rost, Svolvaer, Leknes und Bodoe waren Häfen für Schiffe nach Rost, Vaeroy, Moskenes und Stamsund, die Stadt hatte damit verkehrstechnisch gesehen eine große Bedeutung, sie war auch ein wichtiger Eisenbahnstützpunkt.

      Nach Narvik, dem Eisenerzhafen Norwegens, in dem das Erz aus Kiruna in Schweden mit langen Güterzügen angeliefert wurde, musste man aber mit dem Bus fahren. Auf dem Flughafen stand der Helikopter von E.ON, er war nicht mit dem Firmenlogo gekennzeichnet, man hatte Fiete in Hannover einen Hinweis gegeben, wie er den Helikopter erkennen könnte. Er begrüßte den Piloten und gab sich zu erkennen, Fiete war der einzige Fluggast und der Helikopter hob gleich ab, es war über dem Wasser sehr windig, und sie wurden in der Maschine ordentlich durchgeschüttelt.

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