KLOSTER DER FINSTERNIS. Ralf Feldvoß
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Ein leises Geräusch, wie von einem kleinen Stein, der irgendwo herunterfiel und auf das Pflaster prallte, ließ sie ihre Augen wieder öffnen. War da doch etwas anderes gewesen, als sich bewegende Blätter der Bäume? Erneut drehte sie sich zu der hinter ihr hoch aufragenden Kirche um. Diesmal verharrte sie eine Weile länger und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen.
Nichts.
Meine Güte, was ist denn heute mit mir los? Francine verspürte eine gewisse Nervosität und wünschte sich, um ehrlich zu sein, Etienne hierher. Sie konnte sich nicht erklären woher diese Nervosität kam. Mit einem kräftigen Kopfschütteln versuchte sie dieses Gefühl loszuwerden, wandte den Blick wieder der Stadt zu und weg von der Basilika hinter ihr.
Plötzlich war es wieder da, das Gefühl von Kälte. Als wenn ein kühler Herbstwind wehen würde. Er schien sie einzufangen. Es wirkte, als käme er aus allen Richtungen gleichzeitig.
Gerade, als sie sich ein weiteres Mal umdrehen wollte spürte sie etwas kaltes an ihrer Kehle. Sie schaute nach unten. Da schwebte ein Messer! Es steckte in einer Art Nebel, einem Qualm. Schwarz, wie die Nacht und doch hob es sich ab und war gut zu erkennen. Darunter verbarg sich undeutlich eine menschliche und behandschuhte Hand, die den Griff des Messers fest umklammert hielt.
Francine wollte sich gerade in dem Moment befreien, als die Glocken verschiedener Kirchen Mitternacht verkündeten. Doch zu ihrer Befreiung kam sie nicht mehr, denn mit dem ersten Glockenschlag bewegte sich das Messer in der vom nebligen Qualm eingehüllten Hand und schnitt ihr die Kehle durch.
Das ganze dauerte keine zwei Sekunden. Francine war sofort tot, der Kopf fiel ihr auf die Brust, das Blut spritzte in hohem Bogen aus der Wunde. Die Gestalt, die zu der Hand gehörte, ebenfalls komplett von diesem Nebel eingehüllt, hob Francine auf, wickelte ein Tuch um den Hals, damit nicht zu viel Blut auf die Straße floss und trug sie die Stufen der Basilika hoch. Francine wurde vor dem großen Eingangsportal zur Sacré-Coeur abgelegt mit dem Kopf zur Kirche gerichtet, die Beine in Richtung Paris.
Die Gestalt schlitzte mit dem Messer, es handelte sich hierbei um ein Tranchiermesser, ihren Oberkörper auf. Angefangen an der tiefen Wunde der Kehle, bis hinunter zu ihrer Vagina. Die Hautlappen wurden aufgeklappt, so dass ihre Gedärme und das Gerippe sichtbar wurden. Die Brüste von Francine wackelten wie nicht ausreichend gefüllte Luftballons und klatschten auf den Betonboden. Das Gedärm breitete sich in dem nun größer gewordenen Körpervolumen aus, rutschte durcheinander.
Als Letztes wurde ihre Gebärmutter entfernt, sauber mit dem Messer heraus geschnitten und danach zwischen ihre gespreizten Beine drapiert.
Dann verschwand der nebelartige Qualm, löste sich von dem Körper, den er umschlungen hatte. Der Mensch wirkte wie in Trance, wankte davon, die Augen starr geradeaus gerichtet und das Messer immer noch in der Hand haltend.
Die Blutspur von der Treppe bis zum Portal der Kirche blieb unbeachtet.
Der Qualm hingegen schwebte weiter nach oben, immer weiter bis er beinahe die Spitze der Kuppel erreicht hatte und verschwand schließlich im geöffneten Mund einer der vielen Wasserspeier.
2
London
Sonntag, 19. September
James Alexander Barker erwachte aus einem tiefen Schlaf in seiner Wohnung in der Lombard Lane, gelegen im Herzen Londons, unweit der Fleet Street. Dort wo sein Vorfahr Sweeney Todd im 18. Jahrhundert seinen berühmt berüchtigten Barber Shop hatte.
Seine Familie barg aber ein noch weiteres grausiges Geheimnis, als das des mordenden Barbiers aus der Fleet Street, dessen Opfer von einer gewissen Mrs. Lovett stets als Fleischpasteten in ihrem Laden im Erdgeschoss desselben Hauses angeboten wurden. Zumal man von Sweeney Todd nicht einmal gesicherte Erkenntnisse über seine tatsächliche Existenz hatte.
Sweeney Todd, so es ihn denn wirklich gegeben hat, und somit auch James selbst, waren Nachfahren von Sawney Beane, einem Schotten aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Beane lebte im nördlichen England, dicht an der Grenze zu Schottland mit seiner fast fünfzig Personen umfassenden Familie in einer Höhle.
Sämtliche Durchreisenden, die in der Höhle Schutz vor der Nacht suchten, wurden Opfer der Familie Beane und zu deren Mahlzeiten verspeist. Die geschätzte Anzahl der Opfer geht in die Hunderte.
Doch James war anders und froh darüber, dass er kein Menschenfleisch essender Massenmörder geworden war, sondern einen bodenständigen Beruf ausübte und keinerlei gewalttätige Anwandlungen hatte. Es gab Wissenschaftler, die hinter so einem gewaltigen Exzess der Gewalt eine genetische Veranlagung vermuteten, doch bei James traf es zumindest nicht zu.
Er war IT-Spezialist, hatte sich auf das Bankwesen konzentriert, entwickelte immer wieder neue Rechenprogramme und verkaufte diese an die Banken. Seine Ausbildung zum Bankkaufmann hatte ihn auf diesen Weg gebracht.
So kam es, dass er freiberuflich für fast alle europäischen Großbanken tätig und somit ständig in Europa unterwegs war. Viel Zeit für eine Frau, oder gar Kinder blieb da allerdings nicht übrig. Er war Single und hatte sich irgendwie mit der Situation arrangiert.
Auch seine Freizeit kam oft zu kurz. Doch wenn er welche hatte, verbrachte James diese mit Reisen in jedwedes Gebirge. Er liebte die Berge. Als Londoner kannte man es nicht und so hatte er eine Leidenschaft dafür entwickelt nachdem seine Eltern mit ihm, als er zehn Jahre alt war nach Österreich in den Urlaub gefahren waren.
Ihm machten Strapazen eigentlich nichts aus, er versuchte seine Gewohnheit jeden Morgen wenigstens eine halbe Stunde Joggen zu gehen regelmäßig beizubehalten, doch an diesem Sonntagmorgen kam er sich vor, als hätte er den Mount Everest in Rekordzeit dreimal hintereinander erklommen.
Sein Kopf pochte, genau in der Art, wie es war, wenn er zu wenig Sauerstoff bekam in Verbindung mit zu hoher körperlicher Anstrengung. Sein Kopf schien zerplatzen zu wollen, so sehr hämmerte es.
Er wollte gestern auf eine Geburtstagsfeier gehen, von einem seiner besten Freunde. James konnte sich noch vage daran erinnern, dass er zu Fuß von zu Hause aus bis zur St. Paul´s Kathedrale spaziert war, was kein weiter Weg war. Dort wollte er sich mit weiteren Bekannten treffen, um dann gemeinsam zur Feier zu gehen. Da er aber recht früh ankam, dachte er sich, er könne sich ja mal wieder die Kathedrale von innen ansehen.
Und da hörten seine Erinnerungen an den vorigen Abend auch schon wieder fast auf.
Er wusste so eben noch, dass er oben aus der Kuppel auf den Aussichtsbalkon trat und ihm dort ein seltsamer, schwarzer Qualm entgegen blies, den er für irgendein Produkt von verbranntem Material hielt, der aus einem Kamin entstieg. Danach nichts mehr. Er wusste nicht einmal, wie und wann er nach Hause gekommen war.
Langsam und quälend schälte er sich aus dem Bett und musste feststellen, dass er noch die selben Klamotten trug, die er bereits gestern Abend angehabt hatte. Er schwitzte in seiner Jeans, das blau weiß karierte Hemd war völlig zerknittert und klebte ihm am Leib.
James schlurfte in die Küche, stolperte dabei beinahe über seine Schuhe, die quer vor seinem Bett lagen. Er fluchte, kickte sie in die Ecke und ging weiter. Mit einem starken Kaffee und mindestens zwei Kopfschmerztabletten dazu würde er seinen Kopf schon wieder klar bekommen. Hat jedenfalls bisher immer geklappt.
James setzte Wasser auf, stellte den uralten, von seiner Oma vererbten Wasserkessel auf die Gaskochplatte. Eine Kaffeemaschine besaß er nicht, der