Bei Thor und Odin. Claus Beese
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Mit dieser spitzen Bemerkung entschwand sie in den Schatten der Persenning, wo sie sich demonstrativ mit Sonnenmilch einzucremen begann.
»Sehr weise, Torti«, lobte ich sie mit ernster Miene. »Obwohl ein wenig runzelige Haut allemal besser ist, als mit einem abgeknabberten Zeh rumlaufen zu müssen!«
Jetzt hatte sie gemerkt, dass ich sie auf den Arm genommen hatte und holte tief Luft um zu einer Gegenattacke zu starten. Doch bevor sie etwas sagen konnte, gellte ein lauter und durchdringender Alarmton durch das Schiff und ich sauste von meinem Sonnendeck aus durch die Luke nach unten auf den Sitz des Skippers. Meine Augen irrten über die Kontrollanzeigen und blieben auf dem Thermometer der Kühlwasseranzeige hängen. Hundert Grad zeigte die Nadel und das war entschieden zu viel. Ich schob den Gashebel ganz zurück in die Leerlaufstellung und peilte einen kleinen Grabenauslauf am Ufer an. Mit wenig Restfahrt bohrte sich DODI ins Schilf und in den Schlick und lag dann still.
Ich sprang vom Sitz und riss die Bodenluke auf, unter der sich das Sieb des äußeren Kühlwasserkreislaufes befand. In dem klaren Behälter war alles in Ordnung, nichts war verstopft, alles schien in Ordnung. Nun griff ich eine Pütz und schwang mich über die Achterreling hinunter auf die schmale Badeplattform. Ich hielt den Eimer unter das Auspuffrohr, aus dem zusammen mit dem Abgas auch das Kühlwasser wieder herausbefördert wurde. Ich spähte in den Behälter und fand erschreckendes: Kleine schwarze Gummiteile im Kühlwasser zeugen meistens davon, dass sich gerade das Pumpenritzel, in Skipperkreisen auch meist sorgenvoll „Impeller“ genannt, in der Kühlwasserpumpe verabschiedet hatte.
»Motor aus!«, kommandierte ich und mein weiblicher Maschinist drückte den Aus-Knopf.
»Und jetzt?«, wollte meine Bestfrau wissen. »Was machen wir jetzt?«
»Ganz einfach, wir rufen den ADAC«, hatte unser Leichtmatrose eine tolle Lösung parat, auf die ich aus verständlichen Gründen nicht näher einging. Ich hatte das Ersatzteil dabei, das wusste ich. Was ich nicht wusste, war, wo die verflixte Pumpe saß. Der riesige Motorblock, der den Maschinenraum mehr als ausfüllte, und so groß war, dass die Werft schon den Fußboden hatte aufdoppeln müssen, ließ keine wirklich erhellenden Einblicke in die geheimnisvollen Tiefen des Schiffsleibes zu.
»Bug- und Heckanker raus auf die Wiese! Mir wird nichts anderes übrig bleiben, als das Boot auseinander zu nehmen«, erklärte ich und kratzt mich am Kopf.
Meine Begeisterung war auf dem Höhepunkt angelangt, jedenfalls vermutete ich das. Hätte ich zu dem Zeitpunkt gewusst, in welch Schwindel erregenden Höhen dieser Punkt sich tatsächlich befand, hätte ich das Gummiboot aufgeblasen und mich fluchtartig abgesetzt. Da ich es aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ahnte, fing ich an, die Plicht zu demontieren.
Als erstes störte die Persenning. Also weg damit. Nun hatte die Sonne freie Bahn, was sie auch sofort auszunutzen begann. Erbarmungslos brannte sie auf den armen Motorschrauber und Skipper hernieder, der damit anfing, alle Fußbodenteile auf das Achterdeck zu stapeln, während die weiblichen Crewmitglieder die Anker ausbrachten und damit ein Abtreiben des Bootes verhinderten. Vor dem Motor war noch ein Schott, das auch weg musste. Die beiden Ersatzteilfächer rechts und links von der Maschine, die über den Tanks saßen, waren ebenfalls im Weg. Sie landeten auch achtern. Angelkram, Ölsaugtücher, Ersatzteile, irgendwie war das halbe Schiff im Weg. Ich benötigte fast eine Stunde, um mich bis in die Tiefen vorzuarbeiten, in denen ich die Wasserpumpe vermutete. Ich folgte der Kühlwasserleitung und wirklich, das da vorne, wo ich nicht mehr hinlangen konnte, das musste sie sein. Hurra, gefunden! Aber wie sollte ich da heran kommen? Es war kaum genug Platz, eine Hand bis da unten vorzuschieben, aber in der Enge auch noch zu arbeiten, erschien unmöglich.
»Und wenn du die Trennwand zwischen Motor und Tank herausnimmst?«, half meine Bootsbauerin mir auf die Sprünge und ich begann, auch noch die letzten Teile der Motorraumverkleidung mitsamt allen Spriegeln und Spanten zu demontieren. Aber, oh Wunder, jetzt hatte ich wirklich Platz und kam so gerade eben an die winzig kleinen Schrauben heran, die den Deckel auf der Pumpe hielten. Mein Rücken war gar, der Schweiß rann mir in die Augen. Meine Begeisterung erklomm jenen bisher noch nicht gekannten Bereich, der in weiter Ferne neue, ungeahnte Höhepunkte verhieß.
Der winzige Schraubendreher glitt ab und bohrte sich in meine andere Hand. Wer da immer behauptet hatte, Indianer kennen keinen Schmerz, hat sich geirrt. Sie schreien nur nicht so laut! Etwas irritiert schaute ich meinem Blut nach, das nun anfing, die Bilge zu füllen. Egal, Zähne zusammen beißen und weiter machen. Schraube Nummer acht musste raus, ob sie wollte oder nicht. Längst hatte ich den „Point of no Return” überschritten, jetzt nur nicht aufgeben. Pling, pling, platsch! Das war Schraube Nummer acht, die sich gerade verabschiedet hatte, um tief unten im Schiff in ein Meer aus meinem Blut zu tauchen. Wenn ich nur..., wenigsten etwas mehr Platz..., Pffffrrrrtsch! Oh, da war die Altölpumpe im Weg gewesen und noch fast kochendheißes Öl ergoss sich über meinen Arm. Es würde unten im Schiff einen netten Kontrast zum Rot meines Blutes bilden. Aber jetzt: Schraube neun und zehn, da waren sie. Raus mit ihnen. Schraube elf ging ebenfalls auf Tauchstation, bevor ich sie auffangen konnte. Nur noch eine einzige, aber an die kam ich nicht heran. Vielleicht, wenn ich mich mit dem Fuß im Spülbecken der Pantry abstützte? Unaufhaltsam rutschte ich, von der Öldusche gut geschmiert, langsam aber sicher immer tiefer unter den Motorblock.
Da, jetzt hatte sie verspielt, gleich hatte ich sie....
»Guten Tag! Ich bin der hiesige Fischerei-Aufseher. Darf ich mal ihren Fischereischein sehen?«
„Plitsch“ machte Schraube Nummer zwölf und verschwand im Blut-Ölgemisch, welches knietief in der Bilge stehen musste. Fassungslos über das „Plitsch“ und noch fassungsloser über das davor Gehörte tauchte ich ölverschmiert aus den Tiefen meines Schiffes auf, was dem pflichtbewussten Aufseher, der am Ufer stand, ein leicht erstauntes »Oh!« entlockte.
»Seien sie mal ehrlich: Sehe ich aus, als würde ich angeln?«, fauchte ich ihn vor Wut bebend an. Was hatten die hier nur für einen Aushilfs-Bademeister als Oberaufseher eingestellt?
»Ach wissen sie, darauf kommt es gar nicht an«, klärte der Mann in flottem Anglergrün mich auf und hielt mir noch immer seinen Ausweis vor die Nase. »Da auf dem Schiff liegt eine komplette Angelausrüstung, und sie könnten jederzeit mit dem Angeln beginnen!«
Ich schluckte. Konnte das noch normal sein? Wo hatten sie den denn bloß freigelassen?
»Was haben sie da vorne eigentlich für Löcher im Kopf? Sind das Augen? Dann müssten sie doch eigentlich sehen können, dass ich einen Maschinenschaden habe, den ich gerade repariere. Sehen sie mich irgendwie eine Rute schwingen? Ist irgendetwas von dem Gerät fertig montiert?«
»Nun, ich verstehe ihren Ärger! Aber das kommt eben davon, dass Sie nicht korrekt unterrichtet sind. Sie hätten einmal einen Blick auf die Bestimmungen unserer Gewässerordnung werfen sollen, bevor sie hier angeln.«
»Kerl! Ich angle nicht! Ich repariere! Und da ich auch nicht vorhabe hier zu angeln, interessiert mich Ihre Gewässerordnung einen feuchten Kehricht!«, schrie ich, denn meine Beherrschung war am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angelangt.
»Jaaa! Das sagen sie jetzt! Aber wenn sie mit der Reparatur fertig sind, wollen sie sicher ein wenig entspannen. Und was entspannt mehr als Angeln? Na?«
»Ein Mord?«
Meine