Abgeflogen. Aurel Levy

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Abgeflogen - Aurel Levy страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Abgeflogen - Aurel Levy

Скачать книгу

Hentschel, sind Sie das?«

      »Äh, ja, Entschuldigung, ich habe bloß ...«

      »Vollmer, Besatzungseinsatz. Guten Tag, wir hätten einen Flug für Sie. Haben Sie was zum Schreiben?«

      »Kleinen Augenblick, bitte.«

      Im Nu war ich in der Küche. Jetzt bitte nicht nur Köln hin und her. Mitten auf dem Tisch hatte ich Block und Stift platziert. Niemand sollte behaupten, ich hätte für meine Rettung nicht vorgesorgt.

      »Okay, schießen Sie los.« Mit dem Fuß kickte ich Marlene weg, die mir mit hoch aufgerichtetem Schwanz um die Beine strich.

      »Es geht mit der 362 nach Tokio, Abflug 1445 UTC, also gleich, und am 26. mit der 363 zurück, Landung um 1635 UTC. Und wie gesagt, es eilt. Eine Kollegin hat sich kurzfristig krankgemeldet. Briefing ist in fünfundvierzig Minuten.«

      Das war knapp. »Alles klar, kein Problem!«, rief ich. Als ob Gefahr bestünde, dass es sich die Firma noch anders überlegen konnte.

      »Danke, Herr Hentschel, und Frohe Feiertage.«

      »Ihnen auch, danke!«

      Ich blickte auf das Display. Die Verbindung war bereits unterbrochen.

      »Jaaaaa!«, schrie ich laut, während ich unter effektvollem Arschgewackel einem brasilianischen Torschützenkönig gleich ins Schlafzimmer tänzelte und parallel meinen Parka auszog. Japan! Was für ein Traum! Erst am Sechsundzwanzigsten zurück! Familie Seizinger traditionell bereits auf dem Weg nach Südtirol! Keine Weihnachten, keine Geschenke!

      Dafür Überstunden. Ich rechnete kurz nach. Tokio war einer der langen Flüge und gab hin und zurück über zwanzig Stunden Flugzeit. Damit hatte ich bestimmt zehn Überstunden. Und Spesen gabs für drei Tage. Geld, das ich nach dem Krater, den die Südostasienreise in meiner Finanzlandschaft hinterlassen hatte, gut gebrauchen konnte. Ich war völlig blank.

      Doch zuvor gabs da noch ein Problem – und das war grau.

      KAPITEL 2

      Ich habe nichts gegen Katzen. Auch nicht, wenn sie der Nachbarin gehören. Marlene durfte früher sogar auf meiner Bettdecke schlafen. Als noch Frieden herrschte. Aber seitdem ich sie erwischt habe, wie sie Fittipaldi aus seinem Terrarium angeln wollte, stehen wir beide auf Kriegsfuß. Und jetzt hatte ich es eilig. Ich legte mich bäuchlings vors Bett. Marlene saß in der hintersten Ecke und glotzte mich mit ihren Perseraugen an. Das Biest wusste genau, dass es dort in Sicherheit war. Ich beschimpfte sie, ich drohte, doch nichts half.

      Es gibt ein Mittel, das bei 95% aller Katzen außerordentliche Dienste leistet. Marlenes Pupillen weiteten sich. Ich stellte den Regler auf volle Wattzahl und schaltete den Staubsauger ein. Ein Getöse brach los, das den feistesten Säbelzahntiger aus seiner Höhle getrieben hätte. Ein Vorwerkmodell aus der guten alten Nachkriegszeit. Nix Flüstersauger. Der graue Blitz sauste auf demselben Weg davon, auf dem er gekommen war.

      Acht Minuten später stand ich vor meiner Haustür und ging die Dinge durch, die ich vergessen haben konnte. Die Uniform am Leib, Geld und Ausweis in der Tasche, Fittipaldi in seinem Leinenbeutel und eine gehörige Portion seiner geliebten Mehlwürmer in der Schachtel. Alles andere hatte ich wohlweislich im Koffer verstaut.

      Glücklicherweise stieg im Lift niemand zu. Sobald man eine Uniform anhat, verwandelt man sich automatisch in eine öffentliche Person. Selbst die eigenen Hausbewohner zögern dann nicht, saudämliche Fragen zu stellen. Ich hätte es unbehelligt bis zu meinem Auto geschafft, wäre da nicht der Briefträger gewesen. Keine Ahnung, weshalb er erst nachmittags um halb drei seine Arbeit verrichtete. Ich hoffte inständig, dass er sich auf seine Briefe konzentrieren würde.

      »Ah, der Herr Kapitän. Habe die Ehre. Wohin geht die Reise denn heute? Paris, London, New York?«

      »Tokio, Herr Postoberrat«, sagte ich so kurz angebunden wie irgend möglich, »und zwar furchtbar eilig«.

      »Das glaube ich gerne. Aber doch sicher nicht ohne dies hier!«

      Er hielt mir einen großen, weißen Umschlag vors Gesicht.

      »Ein Einschreiben, für Herrn Horst Herbert Hentschel persönlich, hiermit übergeben.«

      Ich ließ meinen Pilotenkoffer fallen, griff nach dem Kuvert und klemmte es unter meinen Kofferarm. Nicht ohne zuvor den Absender gewürdigt zu haben.

      »Ein Servus noch, bitte sehr, Herr Kapitän.« Der Postmann hielt mir den kleinen Plastikstift hin. Ich kritzelte meine Unterschrift auf das Display.

      »Danke schön, danke sehr, und grüßen Sie mir Japan.«

      »Geht klar, mach ich. Frohe Weihnachten!«

      Wenn mich mein Zeitgefühl nicht trog, dann konnte es kaum mehr als eine halbe Stunde sein bis zum Briefing.

      Mein Gepäck landete im Kofferraum, den Umschlag schleuderte ich auf den Beifahrersitz. Kurz darauf bogen Fittipaldi und ich in die Moosacher Straße.

      »Nee, oder? Das find ich jetzt echt beschissen. Wie kann denn das sein, dass jemand sich so kurz vorher krankmeldet? Das weiß ich doch vorher, wenn's mir nicht gutgeht!«

      Carola was not amused. Im Gegenteil. Sie war auf hundertachtzig oder, um bei den in diesem Fall viel passenderen anglo-amerikanischen Ausdrücken zu bleiben: Carola was pissed. Und zwar gründlich.

      Ich hingegen bemühte mich um Schadensbegrenzung.

      »Keine Ahnung, versteh ich auch nicht.«

      »Aber die müssen dir doch irgendwas gesagt haben!«

      »Dass sich eine Kollegin kurzfristig krankgemeldet hat. Ja.«

      »Und sonst nichts?«

      »Nein, ist ja auch egal. Hör mal, Carola, um das Warum ...«

      »Das kann dir doch unmöglich egal sein! Es geht um Weihnachten. Nur weil irgendeine Scheiß-Stewardess keinen Bock hat, an Weihnachten zu fliegen.«

      Ich überlegte, was ich darauf antworten sollte.

      »Wahrscheinlich hast du noch nicht mal nachgefragt, warum ausgerechnet du jetzt fliegen musst, oder?«

      »Ich bin in der Probezeit, Carola.«

      »Weißt du was? Du hast dich mal wieder nicht getraut, den Mund aufzumachen. Die hätten dich auch für ein halbes Jahr auf den Mond schicken können. Und du hättest es mit dir machen lassen. Wann immer es um was geht, dann zieht mein toller Freund den Schwanz ein.«

      »Carola, das ist doch Quatsch ...«

      »Und was ist danach? Kommst du mich wenigstens in Sterzing besuchen?«

      »Ich weiß noch gar nicht, wie es weitergeht. Ich meld mich bei dir, sobald ich ...«

      »Verstehe, ist schon klar. Also dann, schöne Weihnachten, und wir sehen uns vielleicht nächstes Jahr. Ciao.«

      Aufgelegt.

      Ich

Скачать книгу