Abgeflogen. Aurel Levy

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Abgeflogen - Aurel Levy

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angenehmer war es, mit Nina zusammen am Wagen zu stehen. Man merkte sofort, dass ihr der Job Spaß machte. Sie hatte nicht dieses professionelle Stewardessen-Lächeln drauf, das sich von jetzt auf gleich an- oder ausschalten lässt. Nina war auf eine ungezwungene Art freundlich. Unbekümmert. Ein Scherz hier, ein lockeres Sprüchlein da. Ihre gute Laune wirkte ansteckend. Selbst ich, der ich mich nicht als Schnell-Kontakt-König bezeichnen würde, fühlte mich beschwingt. Fast heiter. Schneller als wir gedacht hatten, war unser Vorrat an heißen Essen zur Neige gegangen.

      Weil Attila nicht selbst mit neuen Essenseinschüben nachkam, zwängte ich mich zwischen den Passagiersitzen und meinem Wagen hindurch und ging zurück in die Bordküche. Dort setzte Miriam gerade an:

      »Sag mal, spinnst du total!? Hier deine Nazisprüche abzulassen und auch noch so laut, dass sie das ganze Flugzeug hört.« Miriam hatte sich vor Attila aufgebaut. Sie war zwar wesentlich schmächtiger als er, verströmte aber in diesem Augenblick deutlich mehr Energie.

      »Ich weiß nicht, was du hast. Wo ist das Problem? Ich bin Türke, ich darf so was sagen. Außerdem haben den Spruch deine Großeltern erfunden, nicht meine.« Attila lehnte betont gelassen an der Wand. Die muskulösen Arme hatte er vor der Brust verschränkt.

      »Wie bitte?« Miriam schnappte nach Luft.

      »Oder hast du irgendwo schon mal gelesen, dass jemand der Türkei den Mord an sechs Millionen Juden in die Schuhe schieben will?« Attila nutzte den Augenblick, um nachzusetzen. »Na ja, ich wäre auch nicht besonders stolz darauf, wenn mein Opa so viel Dreck am Stecken hätte, aber so ist es nun mal.«

      Miriam hatte genug. Ohne etwas zu sagen, drehte sie sich um und rauschte davon.

      »Ein bisschen empfindlich, die Alte.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Dann braucht sie über diese Dinge auch nicht zu diskutieren, wenn sie die Wahrheit nicht verträgt.« Attila griff nach meinem leeren Essenseinschub und ging zum Ofen.

      Ich seufzte. Das konnte ja heiter werden.

      KAPITEL 5

      Attila und ich hatten beim Losen die zweite Pause gewonnen. Folglich hielten wir zusammen die erste Wache. Inzwischen war es ruhig geworden an Bord. Inge hatte das Kabinenlicht auf ein Minimum heruntergedimmt. Die meisten Passagiere versuchten, zu schlafen oder die Zeit mit einem Film totzuschlagen.

      »Sag mal, Attila, macht's dir was aus, wenn ich nach vorn gehe und dort was esse?«

      »Nee, mach«, antwortete er, ohne von seiner Mens Health aufzusehen.

      »Ich erledige auf dem Rückweg den Toilettencheck, okay?«

      »Mach einfach.«

      Ich schnappte mir eine der Stablampen und machte mich auf den Weg nach vorn. Ich freute mich tierisch auf was zu beißen. Mein Magen hatte mich schon mehrere Male angeknurrt, weil ich ihn vernachlässigte.

      Die First-Class-Galley befindet sich unmittelbar hinter dem Cockpit. Jeder Premiumgast kann aus einer ansehnlichen Palette an Speisen auswählen. Für gewöhnlich bleibt so viel Essen übrig, um die gesamte Besatzung glücklich zu machen.

      Ich entschied mich für verschiedene Vorspeisen und nahm Helgas Angebot an, mir einen Gänsebraten warmzumachen.

      An der Cockpittür gab ich den Code ein und hielt den Kopf in die Kamera. Wenig später ertönte das Klacken des Entriegelungsmechanismus.

      »Hallo, Jungs«, sagte ich und schloss die Tür hinter mir.

      »Servus«, kam es von links. Kai war unser Senior First Officer. Er saß während des Reiseflugs auf dem Sitz des Kapitäns, wenn der schlief. Alarich, der Copilot, hingegen reagierte nicht, er war wild beschäftigt. Ich wartete, bis sich Kai mir zuwandte und fragte: »Wollt ihr was trinken?«

      »Nein, danke.«

      Der Copilot sprach in sein Mikrofon und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Als Hereinkommender war es meist Glücksache, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen.

      Kai bemerkte meine Unsicherheit. »Kein Problem, Alarich hat das voll im Griff.« Er grinste zu seinem Mitstreiter herüber, der das Mikrofon mittlerweile zur Seite gelegt hatte. Ich war mir nicht sicher, ob ich einen zynischen Unterton herausgehört hatte.

      »Ist es okay, wenn ich bei euch esse?«

      »Logisch, wir freuen uns immer über Besuch«, antwortete Kai.

      Ich klappte den Sitz herunter und saß mittig hinter Kai und Alarich, das gesamte Cockpit im Blick. Ich liebte diesen Platz. Vor allem nachts. Die gedämpfte Beleuchtung der Instrumente war für mich romantischer als jeder Weihnachtsbaum.

      Ich wollte gerade meiner Begeisterung freien Lauf lassen, da ertönte das Summen der Cockpitklingel. Helga kam rein und brachte mein Tablett. Neben einer opulenten Vorspeisenplatte stand ein Teller mit Gänsebraten, Blaukraut und Klößen. Helga versicherte mir, sie habe mit dem P1 telefoniert, ich solle in Ruhe essen. Er wolle sich sowieso einen Augenblick mit Attila allein unterhalten.

      »Tausend Dank, Helga, du bist ein Schatz!«

      Ich machte mich über die Gans her. Die Vorspeisen konnten warten.

      Kai blickte aus dem Fenster. »Leider erkennt man heute nichts. Ganz Russland liegt unter einer einzigen Wolkendecke. Manchmal sieht man ganz schön, wie sie das Gas der Ölfelder abfackeln. Aber heute ist es da draußen zappenduster.«

      »Das wäre hier sowieso nicht zu sehen«, eiferte Alarich. »Die großen Felder liegen viel weiter südlich, in Richtung Kaspischem Meer und Kaukasus.«

      Ich weiß ja nicht, warum man sofort spürt, ob man einen Menschen sympathisch findet oder nicht. Meist reicht der Bruchteil einer Sekunde, um eine Schublade zu öffnen. Schon sitzt der Neuankömmling drin und erst viel später entscheidet sich, ob er vielleicht wieder rausdarf. Im Falle der Cockpit war bereits mit dem Schließen der Tür zum Briefingraum die Messe gelesen. Kapitän Bernd Lammers war ein freundlicher, hanseatischer Brummbär. Ein Mensch, den nichts aus der Ruhe bringen konnte. Kai war ein Sonnyboy. Groß, mit braunem, welligem Haar und einem offenen, gewinnenden Gesicht. Würde man den Begriff Surflehrer googeln, würde man früher oder später auf ihn stoßen. Allein die Tatsache, dass er sich nur mit Vornamen vorgestellt hatte, machte ihn sympathisch. Nur der Copilot war ein seltsamer Kerl. Davon abgesehen, dass ihm irgendjemand einen Stock ganz tief in den Arsch geschoben haben musste, trug er jedem sein »Alarich von Vogel, Guten Tag« mit der Verkrampftheit eines blasierten Kronprinzen an.

      Kai war viel zu gelassen, um auf Alarichs Belehrung einzugehen. Er hatte die Füße auf die Kante des Armaturenbretts gestellt und sah hinaus.

      »Darf ich mal was Doofes fragen?«, begann ich, während ich ein Stück Gans in der Soße hin- und herschob.

      »Nein«, sagte Alarich.

      »Na, klar, schieß los!«, überging Kai seinen Kollegen.

      »Wenn das Wetter am Boden richtig schlecht und neblig ist, wie könnt ihr dann eigentlich landen? Habt ihr dafür extrastarke Landescheinwerfer?«

      Kai schmunzelte. »Nee, Scheinwerfer bringen nichts. Denk ans Autofahren bei starkem Nebel. Zuviel Licht blendet dich nur. Die Sache ist ganz einfach.« Er riss ein Stück Papier

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