Killertime. Charlie Meyer

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Killertime - Charlie Meyer

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sie misstrauische Blicke in meine Richtung.

      Dem kleinen Rumänen oder Albaner hatte offenbar allein der Anblick ihrer Uniformen den Schneid abgekauft. Wahrscheinlich hätte er längst die Beine unter die Arme genommen, wenn da nicht seine Mutter im Rettungswagen gewesen wäre. Ich hoffte für ihn, dass seine Papiere in Ordnung waren.

      Nach und nach traf Verstärkung ein, von wo auch immer. Die Spurensicherung rumpelte in einem weißen Sprinter über den Weg, Polizisten aus Hofgeismar hatten sich einen Jeep Cherokee besorgt. Befehle hallten durch den Reinhardswald.

      Ein Frischling mit nur einem Streifen auf den Schulterstücken stapfte mutig zu den Leichen hinüber und starrte sie an. Er schaffte es gerade noch, sich umzudrehen, bevor er sein Frühstück ins Laub spuckte. Einer von der Spurensicherung brüllte vor Wut die Eichhörnchen von den Bäumen, während der Frischling schlotternd von der Lichtung wankte.

      Während die Leichen höchstwahrscheinlich noch ein paar Stunden dort ausharren mussten, wurden der Junge, seine Mutter und ich zügig abtransportiert. Gott sei Dank kannte ich einen der zur Verstärkung angerückten Beamten aus meiner aktiven Zeit und überredete ihn, mein Mountainbike hinten in seine Grüne Minna zu packen und mit runter nach Hollerbeck zu nehmen. Ein Freundschaftsdienst von Bulle zu Bulle, auch wenn ich nur ein Ex war und er unwillig in seinen Bart grummelte.

      Sollte der Spurensicherer davon erfahren, der eben noch dem armen Frischling die Hölle heißgemacht hatte, traf ihn mit Sicherheit der Schlag.

      4

      Da Mörder nicht ungern an den Tatort zurückkehren, um die Aktionen der Polizei aus allernächster Nähe zu beobachten oder gleich dableiben, um diese sogar selbst rufen, hätte es mich nicht wundern dürfen, den Rest des Tages auf einer Polizeistation zu verbringen. Sie konfiszierten Handy und Ausweis und nahmen mir die Fingerabdrücke ab, während meine Daten wohl durch alle verfügbaren Datenbanken gejagt wurden.

      Währenddessen wurde ich in ein karges Verhörzimmer gebracht und vor einen laufenden Rekorder gesetzt. Sie nannten es eine Zeugenbefragung, aber den Fragen nach war es ein ausgewachsenes Verhör, obgleich mein Verhörteam lediglich aus den beiden bestand, die zuerst am Tatort aufgetaucht waren. Dem neuen Dienststellenleiter und seinem Gehilfen. Der kleine untersetzte Polizeihauptmeister, Pat, hieß Santos, der lange schlaksige Polizeianwärter mit den roten Haaren und den weit aufgerissenen Augen nicht Patachon, sondern Bremersson.

      Santos war derjenige, der mich befragte, und wenn sein Stammbaum tatsächlich spanische Wurzeln aufwies, lagen die mit Sicherheit schon ein bis drei Generationen zurück. Er sprach absolut akzentfrei, doch mit der deutlichen Warnung, dass ich auf der Liste seiner Verdächtigen ganz weit oben rangierte. Zumindest so lange, bis ich ihm das Gegenteil bewies, was unmöglich war, weil keiner von uns die genaue Tatzeit kannte.

      Als sein iPhone das erste Mal klingelte und er das Ergebnis des Abgleichs meiner Fingerabdrücke erfuhr – Achtung Ex-Bulle – schien er geneigt, die Angelegenheit etwas gelassener anzugehen. Allerdings nur vorübergehend.

      Eine halbe Stunde später dudelte sein iPhone erneut, und wer immer ihn da anrief, bewirkte, dass er sich unwillkürlich von dem Stuhl erhob, auf dem er verkehrt herum gesessen hatte. Er hörte stumm und ungläubig zu. Als das Telefonat zu Ende war, ließ er sich auf seinen Stuhl zurückfallen und starrte eine ganze Weile auf den Boden hinter der Stuhllehne, auf der er sich abstürzte. Der Polizeianwärter an der Wand sah aus, als würde er im nächsten Moment vor Neugier tot umfallen.

      Als sich Santos wieder soweit gefasst hatte, das Verhör weiterzuführen, ging er zu einem Angriff über, der mich vollkommen verblüffte und in Überlegungen stürzte, woher ich auf die Schnelle einen Anwalt bekam. So wie es aussah, würde ich lebenslänglich bekommen, mit der Option auf eine anschließende Sicherheitsverwahrung. Während mir noch von seiner ersten Angriffswelle der Schweiß auf der Stirn stand, startete er auch schon die nächste.

      Außer meiner Wenigkeit schien es auf der ganzen Welt keine weiteren Mörderkandidaten zu geben: Komm schon mein Junge, gib die Morde einfach zu, dann hast du es hinter dir und die nächsten zwanzig Jahre endlich deine Ruhe.

      Santos Deal für mein Geständnis: keine Arschficker, keine arische Brüderschaft, nur ich und meine sichere Zelle.

      Eine Vorstellung, die mir nach zweistündigem Dauerbeschuss ziemlich verlockend erschien. Wozu sich quälen lassen, wenn ein Rundum-Sorglos-Paket mit Vollverpflegung lockte? Doch dann streifte mich durch das vorhanglose kleine Fenster des Verhörraums ein flüchtiger Sonnenstrahl, ich dachte an mein Mountainbike und an mein Schiff und sagte laut und deutlich: »Nein, tut mir leid, Jungs, ihr habt den Falschen erwischt.«

      Storys wie diese beginnen in der Regel mit Es war ein schöner warmer Sommertag, als …, und dann nimmt ein Unheil seinen Lauf, das man sein Lebtag nicht mehr vergisst. In meinem Fall allerdings nahm dieses Unheil gegen siebzehn Uhr ein abruptes Ende, allerdings nur, um gegen ein neues Unheil eingetauscht zu werden.

      Ohne Vorwarnung wurde die Tür zum Verhörraum aufgerissen, worauf ein hochgewachsener Mann mit finsterer Miene hereinspazierte. Maik Willem Crispin, mein Bruder, das ehrenwerte Mitglied des Bundestages und Staatssekretär im Innenministerium. Seit unserem letzten Kontakt vor zwei Jahren mochte er um den Bauch herum ein paar Biere zugelegt haben, sah ansonsten aber aus wie immer. Groß, breit, mit schütteren Haaren. Der schwarze Anzug kombiniert mit einem diagonal gestreiften Schlips in Deutschlandfarben: schwarz, rot, gold. Sein Markenzeichen und eins der beliebtesten Kameramotive im Fernsehen.

      Der Schlips war lächerlich, hatte Maik Willems Wiedererkennungswert jedoch rapide gesteigert.

      »Gehen wir«, war alles, was er sagte, während er dem Polizeihauptmeister einen Ausweis unter die Nase hielt. Da mich Santos mit einem Protest ziehen ließ, der so halbherzig war, dass er niemanden hinters Licht führen konnte, ging ich davon aus, dass er im Vorfeld über diese Befreiungsaktion informiert worden war. Schätzungsweise bei seinem zweiten Handygespräch, warum auch immer. Jedenfalls war er ein lausiger Schauspieler, noch schlechter als ich selbst.

      Polizeianwärter Bremersson hingegen schien nicht eingeweiht. Ihm quollen vor gerechter Empörung beinahe die Augen aus dem Kopf. Einen Moment lang sah es so aus, als wolle er sich tatsächlich auf meinen Bruder stürzen, um ihm die Beute wieder zu entreißen.

      5

      Normalerweise ziehe ich es vor, meinen Schicksalswagen selbst zu lenken, und der Letzte, dem ich die Zügel in die Hand gegen würde, wäre Maik Willem, doch in diesem Fall wollte ich nur eins: raus hier. Ich saß seit über acht Stunden auf diesem verdammten Polizeirevier fest, und man hatte mir nicht einmal gestattet, meinem Boss Max zu sagen, dass er sich für die Charterfahrt am Abend höchstwahrscheinlich einen anderen Schiffsführer würde suchen müssen. Möglicherweise hatte ich nun keinen Job mehr, was ich Max nicht einmal würde verdenken können. Noch im Flur des Reviers rief ich ihn kurz an, ließ widerspruchslos seinen Frust über mich ergehen, und versprach, so schnell wie möglich zum Anleger zu fahren.

      Maik Willem hörte mir mit skeptischer Miene zu.

      »Oder willst du mich nur in ein Hochsicherheitsgefängnis überführen?«, frotzelte ich, als ich das Handy wegsteckte und mich ihm zuwandte.

      »Sehr witzig. Kommst du nun mit oder willst du hier Asyl beantragen? Wir müssen reden, und zwar gleich.«

      Bei Licht besehen, hat Maik Willem viel von einem Psychopathen. Erfolgsorientiert, skrupellos, narzisstisch. Seine Schwester Lily und er sind meine Halbgeschwister

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