Königreich der Pferde. Rudolf Jedele

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Königreich der Pferde - Rudolf Jedele

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bestreiten und auch diesen Waffen hatten seine Gegner nichts außer ihrem Mut und dem Antrieb durch die Hexe entgegen zu setzen.

      Erst wenn seine Feinde durch diese beiden Angriffsstrategien soweit dezimiert waren, dass sie ihm nicht mehr hundert zu eins, sondern vielleicht nur noch zwanzig oder dreißig zu eins gegenüberstanden, sollten sie erleben, wozu ein Schwertkämpfer in der Lage ist, der die Zweischwertertechnik beherrscht und von einem Schwertmeister aus Ama no Mori ausgebildet worden war.

      Die Voraussetzungen für einen Erfolg seiner Strategien waren also gar nicht so schlecht. Allerdings sprachen ein paar Argumente deutlich gegen Shandra.

      Zum einen war dies die drückende Überlegenheit seiner Gegner. Diese würde nur dann keine entscheidende Rolle spielen, wenn es ihm gelang, durch seine erste Attacke, durch den Fernkampf mit den Bogen so viel Angst und Schrecken unter den Sungaiten zu verbreiten, dass sie in ihren Gegenangriffen zögerten.

      Darüber hinaus mochte der Hexe selbst eine gewichtige Rolle in der Schlacht zukommen, obwohl sie sich ganz gewiss nicht eigenhändig in den Kampf einmischen würde. Sungaeta würde sich darauf begrenzen, ihren Kindern mentale Unterstützung zukommen zu lassen und ihre mentalen Kräfte waren enorm. Shandra würde sich also sowohl mit realen Waffen als auch mit mentalen Kräften in die Auseinandersetzung begeben müssen.

      Das größte Problem aber stellte der direkte mentale Angriff der Hexe auf Shandra dar. Gegen diesen Angriff galt es sich zu wappnen, viel mehr als gegen die Bedrohungen von allen anderen Waffen.

      Erst ganz allmählich begann sich die Farbe des Himmels zu verändern. Aus dem tiefen Schwarz der Nacht wurde ganz langsam ein immer helleres Grau. Es waren dies die Stunden des Tages, an welchen Menschen immer einen besonders tiefen Schlaf haben. Shandra hatte seine Vorbereitungen abgeschlossen, der Kampf konnte beginnen. Er hatte diesen Gedanken noch kaum zu Ende gedacht, als sich am östlichen Horizont ein erster blass roter Schimmer zeigte und im selben Moment bewegte sich am ersten Zelt des linken, des südlichen Flügels die Klappe, wurde zur Seite geschoben und ein Mann trat langsam und mit noch verschlafenem Gesichtsausdruck ins Freie heraus.

      Ein noch junger Mann, kaum zwanzig Sommer mochte er erlebt haben, also im Grunde noch viel zu jung um zu sterben. Doch wann ist man nicht mehr zu jung zum Sterben? Dieser Mann war es eindeutig, doch ebenso eindeutig war er auch schon ein Krieger und durchaus bereit, anderen Menschen den Tod zu bringen. Er sah sich ein paar Atemzüge lang auf dem Plateau um, dann aber entdeckte er die drei Halbkreise aus Pfeilen und sofort begannen seine Kriegerinstinkte zu arbeiten, er verstand was dort draußen vorbereitet war und er stieß einen gellenden Alarmschrei aus.

      Shandra hingegen hatte bereits einen der schwarzen Pfeile auf der Sehne seines Bogens liegen und war bereit, diesen auf die Reise zu schicken und so den Alarm zu unterbinden. Dennoch wartete er ein paar Augenblicke ab und gab dem jungen Krieger so die Möglichkeit, seine Brüder und Freunde zu alarmieren, ehe er den Bogen spannte, kurz zielte und dann den ersten Pfeil hinaus schickte. Das Dröhnen des schweren Hornbogens und ein dumpfes, klatschendes Geräusch beendeten den Alarmschrei des Sungaiten abrupt. Der Pfeil drang in die ungeschützte Kehle des jungen Mannes ein, durchbohrte den Hals, durchtrennte die Wirbelsäule und trat am Nacken wieder aus. Der Mann war bereits tot, noch ehe sein Schrei in ein ekelhaft klingendes Gurgeln überging, lange ehe sein Körper die Kontrolle über die Muskeln verlor und er in sich zusammenbrach.

      Die Schlacht war eröffnet und ab diesem Augenblick fand Shandra keine Zeit mehr, einzelne Eindrücke auf sich wirken zu lassen oder über Menschen nachzudenken, die vielleicht zu jung zum Sterben sein mochten. Er war allein und ihm gegenüber standen weit mehr als hundert Sungaiten. Zwar hatte er den ersten Zug getan, die Schlacht eröffnet und diesen ersten Zug ausgesprochen klug gesetzt, doch eine hundertfache Übermacht konnte – musste – ihn eigentlich schon aufgrund des Zahlenverhältnisses erdrücken und besiegen. Wer gegen eine solche Übermacht zu kämpfen hat, verfügt nur über ein einziges Mittel. Er muss schnell sein. Ungeheuer schnell und genau das war es, was Shandra auszeichnete. Er war schnell. Vielleicht schneller als jemals zuvor in seinem Leben.

      Die Sungaiten kamen aus ihren Zelten gestürmt und rannten in ihr Verderben. Zumeist gar nicht oder wenn, dann nur mangelhaft bewaffnet, tauchten sie an den Eingängen ihrer Zelte auf und begegneten oft schon im selben Augenblick ihrem Tod.

      Innerhalb kürzester Zeit wurde Shandra zu einem in rasender Geschwindigkeit hin und her huschenden Schatten, der immer nur wenige Augenblicke lang an einer Stelle verharrte. Gerade lange genug, um aus der momentanen Position heraus weitere todbringenden Pfeile zu versenden. Das dumpfe Dröhnen des schweren Bogens, das Zischen der Pfeile und das seltsame Klatschen, das jedes Mal zu hören war, wenn eine stählerne Pfeilspitze auf weiches, menschliches Fleisch traf, vermischte sich mit dem Stöhnen der Getroffenen, den Schreien der Sterbenden zu einer Kakophonie des Grauens. Shandras brutal geführter Angriff, die Geräusche und Bilder vermischten sich zu Bildern des Entsetzens. Bilder, die sich unauslöschlich in den Geist eines Menschen eingraben mochten, wenn er denn noch lange genug lebte, um solches zu ermöglichen.

      Shandra hatte längst jedes Gefühl für Zeit und ihre Abläufe verloren. Er registrierte in etwa die Anzahl seiner tödlichen Treffer, doch er hatte nicht die leiseste Ahnung, welche Zeit zwischen zwei Todesschüssen verstrichen sein mochte. Aber er erkannte dennoch, dass er schnell und effizient tötete, denn vor jedem der vierzehn Zelte lagen schon mehrere Tote, ehe sich die Klappe des roten Zeltes zum ersten Mal öffnete und ein Mädchengesicht zwischen den Zeltbahnen auftauchte und heraus starrte, offenbar um festzustellen, was der Grund für das Geschrei und das allgegenwärtige Stöhnen sein mochte.

      Es war das Gesicht eines noch sehr jungen Mädchens, dessen große Augen ein paar Atemzüge lang weit aufgerissen auf das Geschehen vor den Zelten starrten, ehe sie sich rasch wieder ins Zelt zurückzog. Wiederum nur kurze Zeit später wurden die Zeltbahnen am Eingang des roten Zeltes weit aufgerissen und nun erschien der Mensch unter dem Türbogen, den Shandra zugleich hasste und fürchtete wie nichts anderes auf dieser Welt.

      Es waren unendlich lange Jahre vergangen, seit er Sungaeta zum letzten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden hatte und selbst jetzt, da er jeden Nerv, jede Faser seines Seins brauchte um seine Feinde erfolgreich zu bekämpfen, zuckte er bei ihrem Anblick zusammen und wurde für einen winzigen Augenblick vom Kampf abgelenkt.

      Sofort musste er dafür büßen, denn Sungaetas Krieger waren wirklich hervorragend geschult. Zwei junge Krieger hatten seine Unachtsamkeit bemerkt und sofort darauf reagiert. Sie bewegten sich mit der Geschmeidigkeit von blutrünstigen Wieseln. Plötzlich waren die beiden nahe genug heran, Shandra befand sich innerhalb der Reichweite ihrer Bogen und schon hatten zwei Pfeile ein Ziel gefunden. Der eine Pfeil traf Shandras linken Oberschenkel und drang ein paar Finger tief in die Muskulatur dort ein, die Spitze des anderen Pfeils zerfetzte Shandras ledernes Jagdhemd und zog eine tiefe Schramme über die Rippen seiner linken Seite.

      Nie zuvor war Shandra in einem Kampf verwundet worden! Selbst Prellungen und Blutergüsse waren ihm auch in härtesten Schlachten auf Grund seiner überlegenen Kampfkunst und seiner enormen Schnelligkeit erspart geblieben. Shandra biss die Zähne zusammen, nachdem ihm noch rasch ein gemurmelter Fluch entschlüpft war. Er beantwortete die beiden Pfeilschüsse ohne das kleinste Zögern und seine Pfeile saßen weitaus besser im Ziel.

      Doch er war durch die beiden Treffer in seiner Beweglichkeit mehr als nur ein wenig eingeschränkt und musste sich deshalb besonders in Acht nehmen, wollte er diese Schlacht überleben. Vor allem der Pfeil, der in seinem Bein steckte, behinderte ihn ziemlich. Zum Glück besaßen die Sungaiten keine Metallspitzen an ihren Pfeilen und die Beinspitzen, die sie verwendeten, waren einfach glatt geschnitzt und ohne Widerhaken. Shandra zog sich für ein paar Momente hinter die Erderhebung zurück, die ihn, als er sich nieder kauerte, vollständig den Blicken seiner Feinde entzog. Er hockte sich auf die rechte Ferse und streckte das linke Bein lang aus, entspannte seine Muskulatur, dann griff er zu und zog den

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