Königreich der Pferde. Rudolf Jedele

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wird und nicht, wie lange der Weg selbst sich dahin ziehen mag. Doch in deinem ganz besonderen Fall sagen sie etwas absolut Ungewöhnliches. Deshalb bin ich auch hier.“ Der Bär legte eine kleine Pause ein, während welcher er Shandra mit seinen gelben Raubtieraugen durchdringend musterte. Dann aber fuhr er fort:

      „Dein letzter Weg könnte sogar schon begonnen haben. Doch da du bist, wer du bist, kann dieser Weg nicht zu Ende sein, ehe du nicht noch ein paar Aufgaben – kleinerer oder auch größerer Art, wer mag das schon beurteilen – erledigt hast.“

      Wieder entstand eine kleine Pause, ehe der Bär fortfuhr.

      „Du musst deine Rache an der Hexe vollziehen. Ich habe mit den Schmieden darüber gesprochen und auch mit anderen, für gewöhnlich weisen und kühl überlegenden Wesen. Die Hexe Sungaeta darf nicht mehr am Leben sein, wenn du diese Welt verlässt. Sie stellt einen Anachronismus dar und ein Ungleichgewicht auf der Erde, in dem Moment, da du nicht mehr bist. Das darf nicht sein, es würde die Welt aus den Angeln heben und alles vernichten, was in den letzten fast viertausend Jahren neu geschaffen wurde. Die Schmiede und Ihresgleichen haben nicht mehr die Möglichkeit, unmittelbar in die Ereignisse einzugreifen, seit du die Magie der Schwerter versiegelt hast. Deshalb kommt dir die Aufgabe der Vollstreckung zu. Sie haben das Urteil gefällt. Dies ist eine deiner Aufgaben.“

      „Eine lösbare Aufgabe, die nur wenig Zeit in Anspruch nehmen wird.“

      „Die Hexe wird dir etwas hinterlassen. Ein lebendes Wesen, dessen Bedeutung vielleicht sogar noch größer für die Welt ist, als es einstmals die deine war. Deine Aufgabe wird es sein, diesem Lebewesen das notwendige Rüstzeug mitzugeben, dass es den Aufgaben gewachsen sein wird, die es erwarten.“

      „Ich soll wieder einmal den Lehrer spielen? Nun gut. Von welcher Art ist dieses ominöse Lebewesen?“

      „Das wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass es sich ohne entsprechende Anleitung zu einem schrecklichen Monster entwickeln kann und wahrscheinlich auch wird. Das muss vermieden werden. Du wirst das Wesen auf den richtigen Weg bringen, ehe du dein Lebensziel erreichen kannst.“

      „Hast du noch mehr Ansprüche dieser Art an mich?“

      „Bruder, diese Forderungen stammen nicht von mir. Nicht allein von mir, jedenfalls. Erfülle sie und du wirst es nicht bereuen.“

      Der silbern glänzende Astralleib des Bären verblasste nun rasch und Shandra fühlte sich plötzlich nicht mehr wirklich wohl außerhalb seines Körpers. Rasch sah er sich um, dann glitt er hinunter und hinein in die Hülle, die sein Körper war und er war froh, die beiden Wölfe an seiner Seite, in seinem Leben zu wissen. Ganz eng an ihn geschmiegt sorgten sie für Sicherheit, Wärme und Geborgenheit und Shandra konnte sich mit genügend Zeit und Gelassenheit in seinem Körper wieder zurechtfinden.

      Es war lange her, dass sich Shandra in einer ähnlichen Situation befunden hatte und damals waren es die Urahnen der beiden Wölfe gewesen, die ihm jetzt zur Seite standen. Shandra wusste, dass es sich auch bei diesen beiden Tieren um ein Mysterium handelte, denn wie sonst war es möglich, dass sie sich schon so oft erneuert hatten? Immer dann, wenn der natürliche Lebenszyklus der Wölfe erreicht war, hatten diese sich eines Nachts gemeinsam davon gemacht. Doch stets waren wenige Tage später neue Wolfswelpen in Shandras Leben aufgetaucht und in diesen neuen Tieren waren stets die Eigenschaften und Erfahrungen all ihrer Vorgänger vorhanden gewesen. Seltsamer Weise war es Shandra nie eingefallen, sich gegen dieses Mysterium, gegen diese Magie zu wehren. Er hatte die Existenz der Wölfe stets dankbar angenommen und sie zu einem Teil seines Lebens werden lassen.

      Nun, da er zwischen den beiden starken Tieren lag und ihre Wärme in seine Glieder strömen fühlte, liebte er die beiden besonders intensiv, denn sie waren zu seiner letzten und einzigen Bindung an das Leben in dieser, seiner Welt geworden.

      Shandra schlief zwischen die beiden Wölfe geschmiegt ein. Sein Schlaf war tief und traumlos und als er früh am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich ausgeruht und entspannt und die Erinnerung an seine Begegnung mit dem Bären der Grazalema glich der Erinnerung an ein reales Ereignis.

      Er nahm die ihm gegebenen Informationen ebenso an, wie er die ihm gestellten Aufgaben akzeptierte. Er wusste nun, wohin sein Lebensweg führte und was er zu tun hatte. Das Wie würde sich wie von selbst ergeben. Dessen konnte er sich sicher sein. Shandra befand sich an der Grenze seines Seins und er freute sich darauf, diese Grenze zu überschreiten, obwohl ihm bewusst war, dass auch er diese Welt nicht verlassen würde, ohne Wunden und Narben zu hinterlassen.

      Die Wölfe verließen das Lager lange, ehe Shandra seine Packlasten auf den Rentieren festgezurrt hatte und ebenfalls zum Aufbruch bereit war. Sie waren Jäger und sie versorgten sich selbst. Dennoch, das wusste Shandra, waren sie nie soweit von ihm weg, als dass sie in einer Krisensituation nicht zu seinen Gunsten hätten eingreifen können und, dass sie dies auch tun würden. Zumindest diese beiden würden ihn vermissen und um ihn trauern, wenn er die Grenze des Seins auf dieser Welt überschritt.

      Shandra hing seinen Gedanken nach, solange er die Rentiere bepackte.

      Immer wieder erinnerte er sich an die Worte des Bären und dann wurde ihm plötzlich bewusst, dass er schon in seiner Jugend mit einem gewissen Fatalismus auf alles reagiert hatte, was an ihn heran getragen worden war. Ohne sich groß zu wehren hatte er Aufgaben übernommen und ohne groß zu fragen war er Wege gegangen, die andere ihm gewiesen hatten. Vielleicht wäre es ja doch besser gewesen, wenn er mehr Widerstand gegen seine Auftraggeber gezeigt und so manches intensiver hinterfragt hätte. Aber offenbar waren ihm diese Eigenschaften nicht mitgegeben worden. Seit unendlicher Zeit erinnerte sich Shandra wieder daran, wie und von wem er gezeugt worden war und er erinnerte sich an seine Mutter Sombra. Sie war eine geklonte und im Labor eines verrückten Wissenschaftlers hergestellte Frau gewesen. Trotzdem war sie ein Mensch mit einer überragenden Persönlichkeit und sehr starkem Willen gewesen. Aber – wie er selbst – mit einem ausgeprägten inneren Zwang, die übertragenen Aufgaben auch auszuführen. Ein Instrument letztendlich von Kräften und Mächten, die zu erfassen er auch jetzt, nach einem nahezu tausendjährigen Leben immer noch nicht in der Lage war.

      Alle Lasten waren gleichmäßig verteilt und sicher befestigt. Shandra griff die Führleine des ersten Rentiers und schnalzte kurz mit der Zunge, zum Zeichen, dass der Marsch beginnen konnte. Die Zeit des Sinnierens und Grübelns war vorüber, es war wieder an der Zeit, zu handeln.

      Je tiefer Shandra in die Urwälder der Taiga vordrang, desto unwegsamer wurde das Gelände. Am Anfang waren die Anstiege von der Tundra her nur flach gewesen, doch mittlerweile durchzogen Schluchten und Klippen die Taiga und die Anstiege zu den Pässen, die Shandra überwinden musste, waren stets um ein Stück länger, als der nachfolgende Abstieg. So stieg Shandra nach und nach immer höher, einem mächtigen Gebirge entgegen. Wuchtige, gewaltige Felsriesen, die allerdings noch weit von ihm entfernt waren. Es war mühsam, mit vier Rentieren durch diese Wälder zu wandern, doch Shandra hatte keine Idee, von welchen Teilen seiner Ausrüstung er sich trennen sollte, also plagte er sich weiter mit den vier Tieren ab.

      Er und Rollo hatten viele Jahre lang in der Tundra und an den Grenzen zur Taiga Pelztiere gejagt und ein wesentlicher Teil dieser Jagdausbeute stellte nun die Traglasten der Rentiere dar. Shandra nahm an, dass er die Felle brauchen würde, wenn er in die Nähe anderer Menschen gelangte. Dann musste er in der Lage sein, Tauschgeschäfte zu machen. Deshalb konnte er weder die Pelze von Vielfraß und Feh und erst recht nicht die schier unbezahlbar wertvollen schwarzen Zobelpelze zurücklassen. Nur mit dem Wert dieser Pelze, davon musste er ausgehen, würde ihm eine vertretbar einfache Rückkehr in die Gemeinschaften anderer Menschen gelingen. Er nahm also die Mühe mit seinen vier Rentieren hin und akzeptierte, dass er deswegen nur relativ langsam voran kam.

      Gefördert durch all die Plagereien und Mühen, schweiften Shandras Gedanken

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