Dame ohne König. Sigrid Ellenberger
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„O.K., das wär's dann wohl.“
Ich schob ihm das Blatt zur Unterschrift hin.
„Ich trage nur zu Hause noch die Schadensnummer ein, dann schicke ich das Blatt an die Versicherung. Ich rufe Sie dann an, wenn ich Bescheid bekomme.“
Damit beendete ich, wenn auch ungern, das Gespräch. Leider gab es nichts mehr zu besprechen, was den Unfall betraf.
„Aber bleiben Sie doch noch einen Moment. Wir haben uns ja kaum unterhalten.“
Ein Mann, der sich unterhalten wollte? War dies ein Fantasyfilm oder was?
„Gerne“, lächelte ich zuckersüß und merkte, dass ich schon wieder rot anlief.
Der Typ musste ja denken, ich sei schon im Klimakterium. Peinlich!
„Sie sind nicht von hier?“ begann ich unverfänglich den nicht-geschäftlichen Teil.
„Nein, ich bin freier Handelsvertreter für Spielsachen. In der Hauptsache besuche ich Kindergärten, Tagesstätten und Grundschulen. Vom Bauklötzchen bis zum Klettergerüst für den Spielplatz vertrete ich alles. Pädagogisch wertvoll – Sie verstehen? Ich bin die ganze Woche unterwegs und komme nur am Wochenende nach Hause. Das ist aber o.k.“
Sah ich etwa aus, als wollte ich das alles wissen? JA!
„Und Sie?“ wandte er sich an mich.
„Ich habe gerade einen Job als Übersetzerin angenommen. Freie Zeiteinteilung. Sehr praktisch. Bis vor zwei Stunden habe ich noch an einer Übersetzung für eine Kühl-Gefrier-Kombination gearbeitet. Sehr interessant!“ Mein Gesichtsausdruck sprach für sich.
Und mein Privatleben ging ihn nun wirklich nichts an. Zumindest noch nicht. Ich musste ja nicht gleich mit der berühmten Tür ins Haus fallen: ich lebe in Scheidung, weil mein Mann auch die ganze Woche unterwegs war und ich dusselige Kuh nicht gemerkt habe, dass er schon seit Monaten fremdgeht. Ach ja, und zwei Kinder habe ich auch noch. Ist ja ganz praktisch, wenn Sie Spielzeug liefern. Sie könnten ja direkt einen schönen Kletterturm in unseren Garten bauen. Und bevor ich es vergesse: ich suche einen Mann nur noch für gewisse Stunden – außer er hat einen Schwanz und wedelt, wenn ich nach Hause komme.
23:00 Uhr (trotz fortgeschrittener Uhrzeit noch ohne Gähnattacken)
Der Abend mit Klaus-Dieter wurde noch ziemlich lustig. Ich legte, zumindest versuchte ich es, meine Voreingenommenheit dem männlichen Geschlecht gegenüber, ab und genoss den Abend in vollen Zügen. Just for fun. Nicht mehr und nicht weniger. Ja, eigentlich ließ es sich so ganz gut leben. Meine Mutter mit ihren hohen Moralvorstellungen wäre entsetzt gewesen und so ein kleines bisschen hörte ich auch Klein-Ego in seiner Ecke murren. Aber nur ein kleines bisschen.
Herr Fröhlich, den ich in Gedanken schon Klaus-Dieter nannte, erzählte äußerst witzige Geschichten, die er mit Kindergartenkindern erlebt hatte.
„Die Kleinen sind echt einfallsreich! Wo doch immer behauptet wird, den Kindern gehe die Fantasie verloren. Nicht mit unseren Spielgeräten!“
Dabei erhob er den Zeigefinger als verkünde er gerade das neue Evangelium.
Ich mutmaßte, dass er keine Kinder zu Hause hatte. Schließlich wüsste er dann, dass das alles völlig alltäglich war. Insgeheim fragte ich mich, ob er auch irgendwelche Histörchen mit den Kindergartenerzieherinnen erlebte. Davon jedenfalls erzählte er kein Wort!
Als wir zu dem Punkt gelangten, an dem ich von mir erzählen sollte, gähnte ich theatralisch, worauf wir den Abend als beendet erklärten. Ich fuhr mit meiner alten Rostlaube nach Hause und rollte mich in meinen Schlafsack. Das Bett vermisste ich jetzt schon.
Nach nur 6 Stunden Schlaf
Da ich meiner Mutter versprochen hatte, die Mädchen nicht allzu spät abzuholen, schälte ich mich um sechs Uhr dreißig aus meinem warmen, kuscheligen Schlafsack und riskierte einen Blick in den Spiegel.
Meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. Ich sah aus, als hätte ich die ganze Nacht durchgezecht. Keine Liposomecreme dieser Welt konnte mich heute noch retten. Also probierte ich den ältesten Trick der Welt: ich wusch mein Gesicht mit eiskaltem Wasser. Nach fünf Minuten Eislochtauchen sah ich wieder wie neu aus. Ich schüttete schnell eine Tasse Beuteltee in mich hinein, dann fuhr ich los, um die Mädchen abzuholen. Meine Mutter war, obwohl es noch ganz früh am Morgen war, schon sichtlich gestresst.
„Die Beiden sind ganz schön anstrengend!“, stöhnte sie.
Wieso klang das nach Vorwurf? Erzählte sie etwa mir, wie anstrengend Kinder waren? Das wusste ich nur allzu gut. Trotzdem überwogen die Glücksmomente mit ihnen. Zumindest bei mir.
15:00 Uhr (an Mittagsschlaf war sowieso nicht zu denken)
Am Nachmittag wollten die Kinder unbedingt wieder zu Inge fahren.
„Schön, schauen wir uns die Fortschritte in unserer neuen Wohnung an.“ Sagte ich etwa Fortschritte? Nach nur drei Tagen?
Inge lief ziemlich hektisch im Hof herum.
„Diese Idioten“, schimpfte sie. „Die haben doch glatt das Fenster im Wohnzimmer zugemauert! Wie kann man ein Fenster vergessen? Ich glaube, ich bin im Märchen! Das ist wie bei den Schildbürgern!“
Ich konnte es kaum glauben. Kein Fenster im Wohnzimmer? Nun, Kerzenlicht war ja schon romantisch. Aber eben nicht auf Dauer!
„Jetzt müssen sie das Fenster nachträglich raus stemmen. Das kostet mindestens einen halben Tag. Wir sind doch eh schon nicht mehr im Zeitrahmen.“ Inge tobte immer noch.
„Du meinst, mit unserem Einzugstermin könnte es knapp werden?“
Ich wagte gar nicht, diesen Gedanken zu Ende zu denken.
„Knapp ist gar kein Ausdruck! Diese Typen sind in den letzten beiden Tagen überhaupt nicht hier erschienen. Wahrscheinlich haben die noch eine andere Baustelle, bei der sie im Verzugsfall eine höhere Konventionalstrafe zu zahlen haben. Die glauben wohl, ein Haus baut sich von alleine!“
Inge schimpfte die ganze Zeit lautstark weiter.
„Wo, um Himmels Willen, sollen wir dann wohnen?“
Meine Stimme versagte fast, angesichts der unübersehbaren Tatsachen.
„Die Möbel kannst du schon irgendwo unterstellen. Notfalls im Stall. Und ihr ...“
Offensichtlich fiel Inge momentan auch nichts ein. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich mir meine sündhaft teure Einbauküche zwischen den Minischweinchen und den Widder-Kaninchen vorstellte.
„Und schau dir das an“, setzte Inge ihre Schimpftirade fort und deutete auf die Wand. „Wie viele Leitungen siehst du?“
„Eine“, zählte ich, nicht die leiseste