Dame ohne König. Sigrid Ellenberger
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„Das ist die Wasserleitung“, setzte Inge bedeutungsschwanger nach. „EINE bedeutet, dass es hier nur kaltes Wasser geben wird.Verdammt, das ist das Bad, nicht das Gästeklo.“
Aua, das klang nicht gut. Ein Badezimmer mit Kaltwasseranschluss. Wir waren doch nicht in Afrika!
„Das muss alles noch mal neu gemacht werden. Na warte, denen mache ich Feuer unter ihren lahmen Hintern!“
Inge fluchte wie ein australischer Buschbauer.
Sogar ich als Laie erkannte, dass unser Einzugstermin nur durch ein Wunder eingehalten werden konnte. In diesem Moment wünschte ich mir Bibi Blocksberg herbei. Hex-hex.
„Ich habe die Firma gebeten, ein Zimmer ganz fertig zu stellen, damit ihr wenigstens provisorisch hier einziehen könnt. Ich hoffe, das klappt.“
Ich wollte zwar nicht provisorisch hier einziehen, sondern richtig, aber besser als die Alternative mit zwei Kindern und einem Riesenhund unter der Brücke zu schlafen, war diese Aussicht allemal. Und Mutti oder Susi könnten uns schon aus Platzgründen nicht aufnehmen.
„Die Heizung schaffen sie in zwei Wochen, den Estrich auch. Vorausgesetzt, diese Vollidioten von Handwerkern bauen nicht noch mehr Mist.“
„Na prima, ich kauf uns schon mal ein Zelt für den Garten.“ Dort konnte es nur gemütlicher werden, als in diesem halbfertigen Loch.
Hätte ich zu diesen Zeitpunkt auch nur geahnt, welche Probleme noch auf mich warteten, hätte ich auf der Stelle den neuen „Müllberg“ gekauft und uns eine andere Wohnung gesucht. Aber wer konnte schon Katastrophen vorhersagen?
24 Stunden später
Am Nachmittag lieferte ich bei einem höchst erstaunten Tonio die Übersetzungsarbeit ab.
„Na, das ging ja schnell. Vielen Dank.“ Er nahm die Dokumente entgegen und schaute verwundert drauf.
„Was ist das für eine Schrift? Die kenne ich gar nicht. Sind Sie mit dem PC zurechtgekommen?“
„Ich ...äh … ich habe mich kurzerhand entschlossen, meine Arbeit noch nach richtig alter Manier zu machen“, redete ich mich aus dieser äußerst peinlichen Situation heraus. Sollte ich etwa zugeben, dass bei mir zu Hause noch nicht einmal der Stecker dieses Wunderteils eingesteckt war? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wozu die mindestens tausend Kabel an den diversen Bauteilen dienten, welches Teil mit welchem verbunden werden musste und welcher Stecker am Ende an das Stromnetz anzuschließen war, ohne dass mir die Fetzen um die Ohren flogen. Aber ich hatte mir fest vorgenommen, es bald herauszufinden. Sobald ich etwas mehr Zeit hatte. Also schätzungsweise in hundert Jahren!
Vorher brauchte ich nur die Kleinigkeit von einer neuen Wohnung mit warmem Wasser, Tapeten an den Wänden, einen Boden mit Belag, neue Möbel und einen Raum, den ich zum Büro erklären konnte. Sonst nichts.
„Also noch mal vielen Dank“, holte Tonio mich aus meinen Tagträumen zurück.
„Kein Problem. Es war gar nicht so schwer. Ich bin noch ziemlich gut in Form.“
Er schaute mich eingehend an.
„An Ihnen scheint mir alles gut in Form“, lächelte er.
Das haute mich dann doch einigermaßen um. War das etwa sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? Quatsch, sagte ich mir, Tonio wollte vermutlich nur nett sein. Und eigentlich verursachte seine Äußerung zu meinen Formen mir ein eher angenehmes Gefühl. Er hatte ja recht. In dem ganzen Trubel um die Trennung von Klaus und dem Hausverkauf hatte ich kaum Zeit zum Essen gefunden und locker fünf Kilo abgenommen. Ich betrachtete meine Formen nun in ganz neuem Licht. Ja, die waren durchaus wieder vorzeigbar.
Dass eine so einfache Bemerkung meinem Selbstbewusstsein einen derartigen Schub verpassen konnte!
„Ich danke Ihnen, Tonio... äh – für diesen Auftrag, meine ich...“
Schon schoss mir wieder die Röte ins Gesicht.
„Bis dann“, lächelte Tonio.
„Bis dann“, lächelte ich zurück.
Nach einer Autofahrt in meiner Rostlaube wieder zu Hause…
„Ich finde, der Job tut dir richtig gut.“
Susi passte netterweise auf die Mädchen auf. Sie saß mitten im Chaos, was sie nicht im Geringsten zu stören schien und spielte Memory.
„Sag, mal, was ist das denn für ein Typ, dieser Tonio?“
„Also, er ist sehr … charmant, nett, gutaussehend.“
Sie riss interessiert die Augen auf.
„Und viel zu alt“, fügte ich vorsichtshalber hinzu.
„Bist du interessiert?“
Susi ließ in diesen Dingen nie locker, bevor sie meine geheimsten Gedanken erfahren hatte. War ich denn interessiert? Keine Ahnung. War ich an irgendeinem Mann interessiert? Ich wusste es nicht. Einerseits ging mir die Trennung von Klaus noch sehr nahe, andererseits aber konnte ich durchaus einen netten Abend mit einem anderen Mann genießen. Klaus-Dieter Fröhlich war ja das beste Beispiel. Aber Tonio? Nein, danke.
„Nein, nicht so - du weißt schon wie. Zumindest nicht an Tonio.“
„Ach, gibt’s denn einen anderen?“
Ich schickte die Kinder zum Spielen in den Garten und erzählte ihr die ganze Geschichte von meinem Unfall und dem Abend danach. Susi staunte nicht schlecht. SO kannte sie ihre Freundin wahrlich nicht. Na, dann wurde es aber Zeit!
Wir beschlossen, italienische Pasta zu kochen und ich lud Susi zum Abendessen ein.
„Sag mal, hast du überhaupt noch einen Topf ausgepackt?“ Sie schaute sich suchend um.
Nein. Hatte ich nicht. Also begannen wir, die Kisten nach einem Topf und einer Auflaufform zu durchstöbern. Ich fragte mich, wozu ich alles schon eingepackt hatte, was in meiner Küche war. Schenkte ich Inges Aussagen Glauben, zogen wir frühestens zu Weihnachten ein. Prima Aussichten im Mai.
Susi und ich machten uns ans Werk, Canneloni al forno zu zaubern, Swenja und Julia schauten sich im Wohnzimmer die Sesamstraße an. Während Ernie und Bert sich gegenseitig Gute-Nacht-Geschichten erzählten und dabei immer wacher wurden, erzählte ich Susi von den Dingen, die mich beschäftigten. In drei Wochen war Julias dritter Geburtstag und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo sie diesen feiern würde. Vielleicht gingen wir, entgegen meiner Überzeugung, zu Mäc Di. Die Mädchen wären definitiv begeistert. Und dann erzählte ich Susi von den Problemen am Bau. Anschließend ging es mir wesentlich besser. Die Probleme waren zwar nicht beseitigt, aber wenigstens geteilt. Also auch nur halb so schlimm. Wenn es unbedingt sein musste, zogen wir eben in einen Rohbau ein. Ich ahnte noch nicht, wie nah das der Realität kam..
7 Uhr und 10 Minuten