Dame ohne König. Sigrid Ellenberger
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„Angeschlossen wird er wie gehabt, Sie kriegen das schon hin. Das Programm finden Sie unter „Dateien“, aber Sie kennen sich ja sicher aus.“
Und weg war der Mensch aus dem Zentrallager!
Woher sollte eine seit sechs Jahren als Kindermädchen und Haushälterin praktizierende Hausfrau wissen, wie man einen Computer anschließt und bedient?
Ich nahm mir insgeheim vor, meine alte Schreibmaschine auszupacken und auf die alte, konventionelle Weise meinen Text zu übersetzen. Schließlich ging das ja früher auch!
Ich lud alles – und das war nicht wenig – in meinen rostigen Renault und fuhr zurück nach Hause.
Meine Mutter hatte in der Zwischenzeit meine Wohnzimmercouch, den Schrank, den Wohnzimmertisch und mein komplettes Schlafzimmer verkauft.
„Hier war ja einiges los“, stellte ich zufrieden fest.
Meine Mutter rollte die Augen, warf theatralisch die Hände in die Luft und drückte mir das eingenommene Geld in die Hand.
„Es war SCHRECKLICH!“
Sie sackte, einer Ohnmacht nahe, auf ein einsam auf dem Boden liegendes Kissen. Swenja und Julia stürzten auf sie uns spielten Indianer. Das war zu viel für Mutti.
„Kind, du hast doch nichts dagegen, wenn ich jetzt nach Hause fahre?“
Und schon war sie aus der Tür.
Gerade war sie mit ihrem Biedergolf um die Ecke gebogen, augenscheinlich höchst erleichtert, dass sie diesem Irrenhaus entfliehen konnte, zupfte Swenja mich am Ärmel.
„Mama, dürfen wir bei Oma schlafen?“
„Julia auch Oma schlafen.“
Konnte den beiden das nicht fünf Minuten früher einfallen?
Ich wartete also exakt zwölf Minuten bevor ich wieder zum Telefonhörer griff und erneut die Nummer meiner Mutter wählte. Komisch, obwohl sie normalerweise genau zwölf Minuten bis nach Hause unterwegs war, ging keiner ans Telefon. Hatte sie sich etwa kurzerhand entschlossen, noch einen kurzen Zwischenstopp beim Friseur oder einer ihrer Bridge-Damen einzulegen?
Meine Mutter benötigte viel Zeit für sich selbst. Wenn ich sie zum Babysitten brauchte, musste ich ihr mindestens drei Wochen vorher Bescheid geben, da sie ständig auf Achse und ausgebucht war. Kurzfristig war ein Vokabular, das nicht in den Wortschatz meiner Mutter passte.
Ich klingelte erneut bei ihr an.
„Perle.“
Die Betonung legte sie, als wäre sie frisch aus Frankreich importiert, auf das letzte e. Perleeeee.
Ich reichte den Hörer an Julia weiter. Wenn Swenja oder ihr Lieblingsschatz Julia sie baten, bei ihr übernachten zu dürfen, standen die Chancen eindeutig besser als bei mir.
„Hallo Omi. Bei dir schlafen? Swenni auch.“
Ich hörte, dass ich nichts hörte.
Keine Reaktion am anderen Ende der Leitung. Lag sie etwa bewusstlos neben dem Hörer?
Julia streckte mir, wiederum wortlos, den Hörer hin.
„Ich bin zwar viel zu alt, um ständig auf deine Kinder aufzupassen aber von mir aus können die beiden heute hier übernachten. Ausnahmsweise! Dass mir das mal nicht zur Gewohnheit wird.“
„Es war Swenjas Idee, Mutti, nicht meine.“
Ich musste das einfach klarstellen.
„O.k., o.k.. Bringst du sie vorbei oder soll ich sie etwa abholen?“
„Nein, ich bringe die beiden heute Abend vorbei. Ich muss sowieso noch etwas erledigen. Ich hatte nämlich einen Unfall und muss noch den Bericht anfertigen.“
„Du hattest einen WAS? Aber das ist mal wieder typisch meine Tochter: nie erzählst du mir was!“
„Es ist ja nichts passiert, nur eine kleine Beule in der Stoßstange. Außerdem warst du sofort verschwunden. Egal. Ich hole die beiden nach dem Aufwachen wieder ab.“
„Nach meinem oder nach deinem Aufwachen?“
Das stellte für Mutti einen himmelweiten Unterschied dar.
„Nach meinem natürlich.“
„Das habe ich befürchtet. Beeil dich.“
„Ja, Mutti.“
„Bis nachher, Kind.“
Ich hasste es, wenn sie mich Kind nannte. Nachdem ich den Hörer ziemlich unsanft auf die Basisstation geworfen hatte, wandte ich mich den Kindern zu.
„Packt mal eure Sachen , ich bringe euch nachher zu Oma. Und vergesst die Zahnbürsten nicht.“
Da der Typ, der die Badezimmerschränkchen kaufen wollte nicht kam und es auch sonst recht ruhig blieb – das Telefon schwieg – konnte ich unvorhergesehenerweise schon am Nachmittag mit der Übersetzung beginnen. Den PC hatte ich zwar angeschaut, aber die vielen Kabel hatten mich eher verwirrt, so dass ich beschlossen hatte, für diese – wirklich nur für diese erste – Übersetzung noch meine Schreibmaschine zu benutzen. Danach würde ich – versprochen! - das Gerät mit den mindestens hundert Kabeln aus seiner Kiste befreien und anschließen.
Für heute Abend brauchte ich noch nicht einmal Susi zum Babysitten, da ich die Mädchen praktischerweise zu Mutti bringen konnte. Bei dem Gedanken daran fiel mir wieder siedend heiß ein, dass ich nicht die allergeringste Ahnung hatte, wie mein Unfallgegner und Traummann eigentlich hieß. Wie blöd war das denn?
Ich musste mich also um einundzwanzig Uhr auf den Weg ins „Hotel Marie“ machen, um Mister Unbekannt zu treffen. Was, wenn er dann immer noch nicht da war? Er musste mich für einen vollendeten Trottel halten. Erst schrammte sie den neuen Audi, fragte nicht nach dem Namen und nicht nach der Uhrzeit. Dabei lernte man das schon im Kindergarten!
18:00 Uhr (nur das Lexikon hört mein Seufzen)
Ich packte, direkt nachdem ich die Mädchen bei Mutti abgeladen hatte, meine alten, immer noch brauchbaren Italienisch-Lexika aus und machte mich am Esszimmertisch sofort an die Arbeit. Zum Glück war der Tisch und die Stühle noch da, sonst hätte ich mich auf den Boden legen müssen.
Bei dem Text handelte es sich um eine Gebrauchsanleitung einer Groß-Kühl-
und Gefrierkombination. Umberto verkaufte, das hatte ich bei meinem ersten Gespräch dort erfahren, Großkücheneinrichtungen, die in Italien hergestellt wurden. Meine Aufgabe war es, für die technischen Details und die Bedienungsanleitungen eine brauchbare und verständliche Übersetzung zu liefern.
Der Text war, wie vermutet, relativ leicht zu lesen. Dazu brauchte ich wahrlich keine Übersetzungshilfe.
Ich kam, da meine beiden Lieblings-Störfaktoren bei ihrer Oma weilten, überraschend schnell voran. Am frühen Abend