Dame ohne König. Sigrid Ellenberger
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„Kinder, Susi holt euch gleich ab und geht mit euch in den Zoo.“
Und Mama pinkelt sich vor Aufregung gleich in die Hose.
Ich hoffte inständig, diese Stelle zu bekommen! Etwas bange wagte ich einen Blick in den Spiegel, ob sich meine Hektikflecken am Hals schon einfanden. In kluger Voraussicht hätte ich besser einen Rollkragenpullover angezogen, aber das käme sicherlich sehr sonderbar, angesichts der Temperaturen um die achtundzwanzig Grad. Celsius, versteht sich.
Mein Italienisch und mein Englisch waren gut, zugegeben. Aber schließlich hatte ich seit mehr als fünf Jahren nicht mehr als Übersetzerin gearbeitet. Meine Sprachkenntnisse hielt ich nur durch gelegentliche Lektüren auf dem Laufenden. Allerdings ging es in diesen Lektüren selten um Großküchengeräte. Was hieß eigentlich Gefriertruhe auf italienisch?
Ich fummelte nervös an meinen unbezähmbaren Locken herum, als Susi klingelte und die Mädchen gefolgt von einem winselnden Robert wie Furien zur Haustür rannten.
„Hallo meine Lieben, seid ihr fertig?“
Susi wuschelte Swenja durch die Locken und nahm Julia auf den Arm.
Robert nahm sabbernd vor ihr Platz und hoffte auf einen Hundekeks.
Ich drückte Susi alle zusammengesammelten Kinderutensilien in die freie Hand.
„Und vergiss nicht, Julia ihre Nachmittagsmilch zu geben … und Swenja soll nicht so viele Süßigkeiten essen, sonst bekommt sie wieder Bauchschmerzen. Und pass auf, dass die beiden nicht ins Affengehege greifen, die Kapuzineräffchen werden leicht aggressiv … und schau ...“
Susi lachte und winkte ab.
„Mensch, Constanze, so aufgeregt habe ich dich ja noch nie erlebt! Es wird schon schiefgehen. Die bei Umberto sollen froh sein, wenn sie dich kriegen.“
Ich wünschte mir etwas von Susis Optimismus.
„Grüß bitte Sandra von mir, ja?“
Sandra? Ach so, Susis Sportkollegin. Alles klar.
Und jetzt fiel es mir auch wieder ein: congelatore, das italienische Wort für Gefriertruhe.
18:00 Uhr (Schweißperlen auf der Stirn und Schweißflecken unterm Arm)
„Dann wären wir uns also einig?“
Und W I E einig wir uns waren. Ich konnte es kaum fassen: ICH hatte die Stelle. Signore Castello - „nennen Sie mich doch bitte Tonio“ - war mir auf der Stelle sympathisch. Ich schätzte ihn auf Ende vierzig, schwarzhaarig mit leicht angegrauten Koteletten, einem unsagbar netten Lächeln, bei dem sich kleine Grübchen in seinen Wangen zeigten und einem kleinen, aber unübersehbaren Bäuchlein. Vermutlich kochte Signora zu gut.
Ganz offensichtlich mochte er mich auch.
Tonio beschrieb mir meinen neuen Job: geplant waren ungefähr fünfundzwanzig Wochenarbeitsstunden für Übersetzungen und etwa zwei Stunden jeden Montag im Hause Umberto zur Besprechung im Team. Die Bezahlung war absolut zufriedenstellend. Meine Arbeiten konnte ich mir je nach Bedarf abholen und nach der Übersetzung wieder abliefern. Die Fahrtkosten würde Umberto übernehmen. Handbücher sollten mir online zugehen. Online? Das hieß, ich brauchte einen eigenen PC. Klaus hatte unser Laptop nämlich eingepackt noch bevor ich es vermissen konnte. Wohlgemerkt: er hatte nicht alle Unterhosen eingepackt, aber sein Laptop!
Als ich Tonio zum Abschied die Hand schüttelte, fühlte ich einen kleinen Anflug von Stolz. Und Glück.
Ja, nach sehr langer Zeit war ich wieder glücklich. Und das hatte nichts mit einem Mann zu tun. Na ja, nicht direkt!
18 Uhr 30 (wieder zwischen Kisten und Kästen)
Ich machte mich, zu Hause angekommen, sofort daran, den „Müllberg“ zu studieren, eine Zeitung, in der man vom Partner bis zum Trödel alles fand. Ich beschloss, mir einen eigenen PC und die dazugehörigen Übersetzungsprogramme zu kaufen, möglichst gebraucht.
Im „Müllberg“ gab es allerhand Auswahl an Computern und Zubehör. Für mich hörten sich die meisten davon an, als wären es spanische, nein, chinesische Dörfer. Ich war zwar seit ein paar Jahren nicht mehr in der Arbeitswelt zuhause, hatte aber den Eindruck, man hätte mich direkt in ein neues Jahrtausend gebeamt. Wie in „zurück in die Zukunft“.
Da bot doch jemand einen „AMD 64x2 Dual core Prozessor 4600 2x2, 2 GB Arbeitsspeicher, 1 Terra Festplatte (konnte man die verspeisen wie eine Schlachtplatte?), CD und Key (wer war das?) sind auch dabei. Wer möchte bekommt AS Rockboard dazu (macht der auch Pop-Musik?) mit ner 257 MB Geforce Grafickarte (Druckfehler?) 2x2 GB Arbeitzspeicher.
Oh Mann, da hätte Deutschunterricht auch nicht geschadet! Gab es beim „Müllberg“ keine Lektoren? Ich fragte mich, ob das nicht eine falsche Sparmaßnahme war!
Oder hier: da gab es ein Nichtrauchergerät! War es denn wichtig, dass der PC nicht an Lungenkrebs verendete?
Vielleicht sollte ich mich doch an einen Fachmarkt meines Vertrauens wenden, um mich ausführlich beraten zu lassen.
Mir graute heute schon davor, diese komplizierten Geräte auch noch bedienen zu müssen. Ich beschloss, eine Nacht über dieses Problem zu schlafen und meine Aufmerksamkeit zunächst auf die Immobilienangebote zu lenken.
Entweder war ich bis zu diesem Zeitpunkt etwas weltfremd oder aber die Welt hatte sich um mich herum in den klausbegleiteten Jahren wirklich um Jahrtausende verändert.
Im „Müllberg“ fand ich unter der Rubrik „Vermietung 4 und mehr Zimmer“ - zwei Kinderzimmer, ein Arbeitszimmer, mein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer – wir brauchten also mehr als vier Zimmer:
„Jugendstil-Beletage, 190 m², 5 Zi., Balkon, Parkettböden, Fahrräder können im Hof abgestellt werden. € 2.500,- + NK € 300,--, Prov.: € 5950,--, Kaution: 2MM.“
Nicht Jahresmiete, nein, Monatsmiete. Bei diesen Preisen konnte man sich selbstverständlich kein Auto mehr leisten und fuhr Rad.
Nein, wollte ich nicht innerhalb des nächsten halben Jahres in die Privatinsolvenz schlittern, musste ich wohl oder übel weiter suchen.
„Für den besonderen Anspruch: 7 Zi., Küche, Bad, Gäste-WC, 200 m², Terrasse, Garten, Garage, Buchenparkett. € 2.490,--“. Preise in Euro, nicht etwa in chinesischen Yen und das alles pro Monat!
Wieso blieb ich immer an solchen Anzeigen hängen, wo doch Parkett gar nicht gut für Robert war. Beziehungsweise: Robert gar nicht gut für Parkettböden.
Ich schickte einen Seufzer gen Himmel. Durfte das denn wahr sein? Meine aktuelle Hochrechnung, darin war ich schneller als ARD und ZDF, besagte, dass mein Erspartes maximal sechs Monate reichen würde. Über diese Tatsache musste ich auch erst eine Nacht schlafen. Wer, um alles in der Welt, konnte bei diesen Aussichten auch nur ein Auge zu tun?
Beim Zuschlagen der Zeitung fiel mein Blick auf die Rubrik „Vermietung Wohngemeinschaften“.
Hier: „wohnen auf dem Land, studieren/arbeiten in der Stadt.