Dame ohne König. Sigrid Ellenberger

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Dame ohne König - Sigrid Ellenberger

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Grundkenntnissen ausrechnen, wann mein Erspartes aufgebraucht war und ich im wahrsten Sinne bei den fünfzehn Prozent von Armut betroffenen Deutschen mitgezählt würde. Soviel zur Statistik.

      Ich rief, wie immer, wenn es mir mies ging, Susi an. Ihr Wortschatz an Schimpfwörtern übertraf meinen um Welten. Kurz: sie war ebenso empört wie ich.

      „Dieser knauserige Dreckskerl! Lässt dich sitzen und weigert sich dann auch noch zu zahlen. Wahrscheinlich bekommt er sogar noch Recht! Hast du eigentlich einen Anwalt? Sonst bist du hoffnungslos verloren!“

      Ja, das klang richtig aufbauend.

      „Constanze, denk' positiv!“, mischte sich Klein-Ego, mein kleiner, vorlauter Schweinehund, der es sich in meinem Kopf gemütlich gemacht hatte, ein.

      Positiv? Bitte, was soll daran positiv sein, wenn dir dein Ex-Traummann zum Albtraum wird, den Geldhahn abdreht, du gezwungen wirst, aus deinem Traumhaus auszuziehen und du nur von seinen blauen Augen träumst? Scheiße!

      „Oh, tun wir uns heute aber wieder leid!“ faselte er mir schon wieder in meine Gedanken rein.

      „Halts Maul, kleiner Mistkerl!“

      „Wie bitte?“ Susi war immer noch am anderen Ende der Leitung.

      Oh, ich hatte laut gesprochen. So weit war es schon. Waren das schon erste Anzeichen für Alzheimer? Oh mein Gott.

      „Ich meine, ich könnte mir einen Job suchen“, sagte ich zu Susi. „Ich muss ja sowieso in spätestens vier Wochen hier ausziehen, vielleicht mache ich dann einfach einen ganzen Schritt und verändere mich. Neuer Job, neue Wohnung, neue Gegend.“ Hatte ich wirklich „einfach“ gesagt?

      Ich hörte Susi grinsen.

      „Was ist?“ fragte ich „meinst du, ich könnte das schaffen?“

      „Verdammt, Constanze, hat der Kerl dir eigentlich deine ganze Selbstachtung gestohlen? Sieh dich an: du hast schon viel mehr geschafft: dein Studium, deine Kinder und diesen – das Wort betonte sie ganz besonders – Mann. Dich kann wirklich nichts mehr umhauen, glaub mir.“

      Susi schaffte es, mein Selbstbewusstsein auf das Niveau einer Hundehütte zu heben.

      „Nun, dann packen wir es mal an!“ Ich fühlte mich so tapfer, wie das kleine Schneiderlein.

      Zum Nachdenken und Grübeln blieb zum Glück nur wenig Zeit. Ich gewöhnte mir an, jeden Montag die Stellenanzeigen zu studieren, jeden Mittwoch und jeden Freitag die Immobilienangebote mit Textmarker zu versehen und dazwischen mit den Zeitungen aus der Vorwoche das ganze Geschirr einzupacken. Swenja konnte ich in der Ganztagsgruppe des Kindergartens anmelden – es gab tatsächlich eine ganze Gruppe mit Kindern, deren Eltern getrennt waren. Julia durfte jeden zweiten Tag meine Mutter besuchen. Hoch leben Omas, die im gleichen Ort wohnten.

      Mir blieb nur die Hoffnung – die stirbt ja bekanntlich zuletzt – dass sehr bald wieder ein geregeltes Familienleben stattfinden würde. Ganz sicher war ich mir nur in einem Punkt: unser Leben würde definitiv ohne Klaus weitergehen. Auf diese Einsicht war ich sehr stolz! Seine Kinder interessierten ihn nicht mehr, ich interessierte ihn nicht mehr und die Reste unseres gemeinsamen Lebens verpackte ich gerade in Altpapier.

      Zehn vor acht (Mund am Tee verbrüht, da mich das Telefon erschreckt hatte)

      „Constanze, halt dich fest!“

      Es war wieder einmal Susi. Sie war einfach immer und zu den unmöglichsten Zeiten präsent. Und schon so wach!

      „Umberto sucht eine selbständig arbeitende Übersetzerin bei freier Zeiteinteilung. Na ja, zumindest ein bisschen frei! Das bist DU!“

      Ja. Und tausend andere.

      „Susi, ich habe seit Jahren nicht mehr in meinem Beruf gearbeitet. Ich weiß gar nicht, ob ich da die allergeringste Chance hätte.“

      Umberto war meines Wissens ein großer italienischer Konzern, der Großgeräte in Großküchen einbaute. Wahrscheinlich suchten sie auch eine „große“ Übersetzerin. Also: nicht mich.

      „Quatsch. Ich habe schon mit Sandra gesprochen, du kennst doch Sandra aus meinem Zumba-Kurs? Egal. Sie ist dort Assistentin des Personalchefs. Der restlichen Welt ist noch gar nicht bekannt, dass dieser Job frei ist.“

      Das war wieder einmal typisch Susi: ich wunderte mich, dass sie noch nicht meinen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte.

      „Hier ist die Telefonnummer: 8744300. Sandra wartet auf deinen Anruf. Du kannst dir direkt einen Vorstellungstermin vereinbaren. Und mach' schnell, denen brennt es unter den Nägeln. Ihre einzige Übersetzerin ist nämlich letzte Woche Hals über Kopf nach Italien abgereist, weil sie einen italienischen Starkoch kennengelernt hat. Irgendein reicher Macker mit wenig Zeit und viel Geld. Das müsste uns mal passieren, was?“

      Es war unglaublich, wie schnell und ohne Luft zu holen Susi reden konnte. So schnell konnte ich nicht mal denken.

      Nachdem Susis Worte meine Gehirnwindungen erreicht hatten und die Synapsen sich zur Teamarbeit zusammengefunden hatten, wurde ich ganz zappelig. Das war ja fast zu schön, um wahr zu sein. Selbständig arbeiten war überhaupt die Lösung meines Problems. Mutter sein und bei freier Zeiteinteilung gleichzeitig einen Job erfüllen war die optimale Kombination für mich. Sollten die bei Umberto mich wirklich einstellen, musste ich nicht einmal in eine andere Region umziehen. Swenja musste nicht den Kindergarten wechseln, Julia konnte weiterhin ihre Freunde aus der Krabbelgruppe besuchen und vor allen Dingen blieb mir Susi auf eine kurze Tasse Tee erhalten.

      In meinen Gedanken malte ich mir schon unsere Zukunft aus.

      „Na, was sagst du?“, riss Susi mich wieder in die Gegenwart zurück.

      „Nun, versuchen kann ich es ja einmal. Mehr als eine Absage werde ich schon nicht kassieren, oder?“

      Ich hörte Susi am anderen Ende der Leitung jubilieren.

      „Constanze, so gefällst du mir. Hurra, ich habe meine alte Freundin zurück!“

      16:00 Uhr (Lippe dick angeschwollen)

      Meine Güte, war ich aufgeregt! Zwischen herumstehenden Kisten, ungebügelter Wäsche und Memory spielenden Kindern suchte ich verzweifelt nach meinen Schminksachen und meinem Lieblingsparfüm. Irgendwie hatte ich diesen Accessoires in letzter Zeit keinerlei Bedeutung mehr beigemessen. Ich hatte fast schon vergessen, wie gut ich mich frisch geschminkt fühlte. Wieso hatte ich mich eigentlich in all den Jahren für Klaus geschminkt und nicht für mich selbst? Ich war gerade dabei, eine völlig unbekannte, aber spannende Seite an mir zu entdecken. Würde ich die durch die Trennung gewonnenen Erkenntnisse in einem Buch zusammenfassen, würde ich vermutlich auf irgendeiner Bestsellerliste landen. Constanze Holm – die Retterin der Single-mit-Kindern-Frauen. Ich strotzte vor Stolz!

      „Schau mal, Julia, Mama macht sich hübsch“, flötete Swenja.

      Mama macht sich nicht hübsch, sie ist es. Mal abgesehen von der dicken Lippe. Manchmal musste es nur ein bisschen betont werden.

      Meine beiden Mädchen schauten begeistert zu, wie ich meine Nägel lackierte, Make-up auftrug und meine Augen

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