Dame ohne König. Sigrid Ellenberger

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Dame ohne König - Sigrid Ellenberger

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      Für Klaus spielte es absolut keine Rolle, dass Julia, unser fast dreijähriger Wonneproppen, jede Nacht schlecht träumte, ständig aufwachte und mir den Schlaf raubte und Swenja trotz ihrer fünf Jahre wieder jede Nacht in meinem Bett schlief und mir ebenfalls den Schlaf raubte. Sogar Robert – ganz treuer Hütehund – verweigerte sein Körbchen und schlief vor meinem Bett, ständig in der Hoffnung, Herrchen würde wieder in eben dieses zurückkehren. Auch das raubte mir den Schlaf! Ich beruhigte also Kinder, ertrug Tritte in meine Lendengegend und kraulte den Hund während Klaus bei seiner Unkomplizierten tief und fest schlief. Wenn er nicht gerade …

      Nun, die Ringe unter meinen Augen leuchteten jedenfalls frei nach dem Motto „black is beautiful“.

      Um dennoch nicht ganz so abgewrackt auszusehen, hatte ich extra eine sündhaft teure Liposome-Komplex-F-Creme erworben, die ich selbstverständlich mit Klaus' Kreditkarte bezahlt hatte. Schließlich sah ich ja wegen ihm so mies aus!

      Durfte man der Werbung Glauben schenken, würde diese Creme meinen Teint innerhalb weniger Stunden um siebenunddreißig Prozent straffen und meiner Stirn das Botox ersparen. Bei genauerem Hinsehen jedoch, konnte jeder Idiot erkennen, dass, um mein Gesicht wieder in Schwung zu bekommen, eine mindestens zweihundert prozentige Straffung und ein Wellnesswochenende in Davos nötig gewesen wäre. Allerdings: erstens hatte ich nicht so viel Zeit und zweitens hatte noch niemand diese Creme erfunden. Und außerdem: wer konnte sich schon ein Wellness-Wochenende in Davos leisten?

      Den einzig verbliebenen Mann in unserem Haushalt, Robert, interessierte mein Teint natürlich nicht im Geringsten. Dieses Kerlchen war ja mit so wenig zufrieden!

      Hätte ich doch nur einen Mann wie meinen Hund!

      16:00 Uhr (Schmerzende Füße, pochender Kopf, Laune auf dem Nullpunkt)

      Kaum hatte ich die Haustür aufgeschlossen, klingelte auch schon das Telefon. Auf dem Display konnte ich sehen, dass ich bereits sieben Anrufe verpasst hatte: Susi, meine beste Freundin.

      „Na, wie war's?“, platzte sie ohne Begrüßung heraus.

      „Also … die Veraktung ging glatt über die Bühne. Schneiders sind echt nett aber...“

      „Quatsch. Du weißt genau, was ich meine. Was hast du empfunden, als du IHN wiedergesehen hast?“, fiel sie mir ins Wort.

      „Du meinst Klaus?“

      „Nein, den heiligen Sankt Nikolaus! Natürlich meine ich Klaus.“

      „Ich … also … ich...“ Ich stammelte wie ein Stotterer vor seiner ersten Sitzung beim Logopäden. Was sollte ich antworten? Die Wahrheit? Es tat weh. Sehr weh sogar. Ich konnte ihn kaum ansehen. Was unter anderem auch daran lag, dass Schneiders zwischen uns saßen. Mein sonst nahe der Ohnmacht liegende Blutdruck stieg auf Normalwerte während der Notar unser Haus übereignete. Ich war nahe daran, zu hyperventilieren und komplett die Nerven zu verlieren. Und ich war stinksauer auf Klaus. Am liebsten hätte ich ihm den Hals umgedreht, ihn einmal kräftig durchgeschüttelt oder gleich umgebracht.

      „Oh, Susi, dieses Scheusal! Aber er sah einfach umwerfend aus! Wie macht dieser Dreckskerl das?“

      Susi unterbrach mich.

      „Koch schon mal einen Tee, ich bin gleich bei dir.“

      Ich wusste: nach einem langen Gespräch mit Susi würde es mir viel besser gehen. Sie war immer, zu jeder Tages- und Nachtzeit für mich da.

      Wir beide unterschieden uns wie Feuer und Wasser. Vielleicht waren wir genau deshalb die besten Freundinnen. Susi war Single. Und zwar der überzeugteste Single nördlich der Alpen. Sie hatte keinen Mann länger als zwei Monate; Überhaupt, was sich in Monaten ausdrücken ließ, war bei Susi schon rekordverdächtig. Sie sah umwerfend aus: lange, schlanke Beine, lange blonde Haare, irrsinnig lange pechschwarze Wimpern. Kurz, Heidi Klum hätte Susi unter die drei Topfavoriten ihrer Modelshow gewählt. Susi hätte mit der Bilderkollektion aus der Sendung locker ihren Flur tapezieren können.

      Nun zu mir: Ich war das krasse Gegenteil von Susi: bodenständig, treu, solide, Mutter und Nur-Hausfrau. Meine Beine waren eher ein wenig kräftig geraten, meine Haare hatten wirklich gar keine klar zu definierende Farbe – irgendwo zwischen Nuss und Wal aber nicht Walnuss. Glatt und seidig waren Begriffe, die nie, niemals für meine Haare galten. Sie waren immer struppig, kraus und kein Haarschnitt dieser Welt konnte das ändern. Brauchte es auch nicht, ich trug eh immer nur einen Pferdeschwanz. Kurz: Ich war langweiliger Standard.

      Eine halbe Stunde später (Laune noch immer auf dem Nullpunkt)

      Es klingelte an der Haustür.

      „Hallo Robert, hallo Süße!“ Susi kraulte Robert die Ohren und drückte mir ein Küsschen auf die Wange.

      „So tief bin ich schon gesunken, du begrüßt zuerst den Hund.“

      „Oha, da geht es jemandem aber schlecht!“ diagnostizierte Susi richtig.

      Sie ließ sich mit einem grazilen Schwung auf die Couch fallen und schaute mich erwartungsvoll an.

      „Also“, setzte ich vorsichtig an.

      „Jetzt rück' schon raus mit der Sprache. Du findest ihn immer noch toll, stimmt's?“

      „Ja.“

      Sie schwieg.

      „Weißt du, einerseits bin ich echt sauer auf ihn. Dass er uns so hängen lässt und so. Aber...“

      „Aber?“

      „Diese Augen. Wenn er mich anschaut, werden meine Beine zu Pudding. Ich habe keine Ahnung, wieso. Eigentlich sollte ich ihn hassen, aber das tu ich nicht.“

      „Na, das kann ja heiter werden! Hast du schon Tee gekocht? Ich brauche auf diesen Schock einen richtig starken Earl Grey. Und du?“

      „Ich koche dir einen.“

      Bei einer Tasse Tee ließ es sich herrlich entspannen und reden. Ich war mir sicher, dass ich nach einem langen, ausführlichen Gespräch mit Susi die Welt wieder mit anderen Augen sehen konnte. Und hoffentlich die blauen Augen von Klaus bald vergessen würde.

      09:00 Uhr (noch ohne Frühstück und mit ungekämmten Haaren)

      Am nächsten Morgen lag ein amtlich aussehender Brief in meinem Briefkasten: Absender Dr. May, Rechtsanwalt. Mir zitterten schon die Finger beim Öffnen – irgendwie war ich wahnsinnig sensibel geworden.

      Nein!

      Ich konnte kaum glauben, was ich da las. Klaus ließ mir mitteilen – hätte er es mir selbst gesagt, wäre ich ihm ins Gesicht gesprungen – dass er nicht länger bereit war, die, ich gebe zu, nur mündlich vereinbarte Summe, weiterhin an mich zu zahlen. Außerdem bestand er darauf, dass ich ihm die Kreditkarte von unserem Gemeinschaftskonto zurückgab.

      So eine Unverschämtheit! Was fiel diesem knauserigen Typen überhaupt ein? Ich war wütend. Ich war empört. Ich kochte vor Wut.

      Und es fiel mir wie

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